Zwar ist die Zahl der Todesfälle während Schwangerschaft und Geburt insgesamt gegenüber 576.000 im Jahr 1990 leicht gesunken. Doch Verbesserungen fanden fast ausschließlich in Schwellenländern statt. In den Ländern mit der höchsten Müttersterblichkeit hat es in den vergangenen 15 Jahren praktisch keinen Fortschritt gegeben. So lag dort die Sterblichkeit bei Müttern im Jahr 2005 bei 450 Todesfällen pro 100.000 Geburten - gegenüber neun in den Industrieländern und 51 in den Staaten Osteuropas und der ehemaligen Sowjetunion.
In der so genannten Millenniumserklärung hatten sich die Regierungen 2000 weltweit das Ziel gesetzt, die Müttersterblichkeit gegenüber 1990 um zwei Drittel zu reduzieren. Dieses Ziel wird nach Einschätzung der Organisationen bei dem gegenwärtigen Tempo des Fortschritts nicht erreicht werden.
"Die ärmsten Frauen tragen das höchste Risiko, ihr Leben zu verlieren, wenn sie ein Kind erwarten. Sie könnten gerettet werden, wenn sie Zugang zu einfacher medizinischer Hilfe während der Schwangerschaft und der Geburt bekommen. Mädchen und Frauen müssen vor zu frühen und ungewollten Schwangerschaften bewahrt werden," sagte Heide Simonis, Vorsitzende von UNICEF Deutschland.
Keine Hilfe für arme Mütter
In keinem anderen Bereich der Gesundheitsversorgung ist der Gegensatz zwischen arm und reich so groß wie bei der medizinischen Versorgung von werdenden Müttern. So entfallen mehr als die Hälfte aller Todesfälle von Frauen auf die Länder im südlichen Afrika (270.000) - gefolgt von Südasien (188.000). Die Wahrscheinlichkeit, dass ein heute 15 Jahre altes Mädchen an Komplikationen bei Schwangerschaft und Geburt ihr Leben verliert, liegt im südlichen Afrika bei 1 zu 26. In den Industrieländern liegt es bei 1 zu 7.300.
Bei rund 15 Prozent aller Schwangerschaften kommt es zu lebensgefährlichen Komplikationen. Da die meisten Geburten in den Entwicklungsländern zu Hause und ohne Hebammen erfolgen, hängt das Überleben der Frauen davon ab, ob ihre Angehörigen Komplikationen rechtzeitig erkennen. Oft sind aber auch keine Geburtsstationen in der Nähe und es fehlt an Transportmöglichkeiten. Viele Familien können sich auch nicht leisten, einen Arzt zu bezahlen.
Die Frauen sterben an Blutungen, Bluthochdruck, Infektionen und Verengungen des Geburtskanals sowie durch chronische Mangelernährung und Eisenmangel. Schätzungsweise 70.000 Mädchen und Frauen sterben nach Untersuchungen des Wissenschaftsmagazins The Lancet jedes Jahr an den Folgen von unsachgemäßen Abtreibungen; Millionen tragen lebenslange Beschwerden oder gesundheitliche Schäden davon.
Folgen für Kinder und Familie
Wenn eine Mutter stirbt, hat dies weit reichende Folgen für ihre Angehörigen. Untersuchungen zeigen, dass Kleinkinder, deren Mütter gestorben sind, selbst ein zehnmal so hohes Risiko tragen zu überleben wie ihre Altersgenossen. Oft müssen ältere Töchter die Schule verlassen, um für die Familie zu sorgen. Viele Familien verarmen nach dem Tod der Mutter.
Müttergesundheit - auch eine Frage des Status von Frauen
Der Kampf gegen die Müttersterblichkeit muss auf mehreren Ebenen vorangetrieben werden:
- Frauen insbesondere in den ländlichen Gebieten der Entwicklungsländer brauchen besseren Zugang zu einer Gesundheitsversorgung und zu Familienplanung.
- In den Entwicklungsländern müssen dringend mehr Hebammen, Krankenschwestern und Ärzte für Geburtshilfe ausgebildet und insbesondere in ländlichen Gebieten eingesetzt werden.
- Mädchen und Frauen brauchen Wissen und Selbstbewusstsein, um in Fragen von Partnerschaft, Sexualität und Familienplanung mit zu bestimmen.
Die dramatisch hohe Müttersterblichkeit ist nicht nur eine Frage von Armut. Die unzureichenden Fortschritte in diesem Bereich hängen auch mit der traditionellen Diskriminierung und Gewalt gegenüber Mädchen und Frauen zusammen. Ein Sprichwort aus Südasien beschreibt bis heute Ausgaben für Mädchen als Fehlinvestitionen, "als wenn man die Pflanze im Garten von jemandem anderen gießt".
Weltkonferenz zur Müttergesundheit vom 18.-20.10. in London
Vom 18. bis 20. Oktober findet in London die Weltkonferenz zur Müttergesundheit statt. 2.000 Experten, Politiker und Gesundheitsfachleute suchen dort nach Wegen, um die Gesundheit von Müttern und Neugeborenen weltweit zu verbessern. Organisiert wird die Konferenz von einem Zusammenschluss verschiedener UN- und Nichtregierungsorganisationen, der Weltbank sowie den Regierungen von England, den Niederlanden, Norwegen und Schweden. Informationen: www.womendeliver.org