Auf dem Hintergrund, dass es insgesamt 64.400 Beschäftigte mehr als vor einem Jahr gibt (insgesamt 4.509.100), stellt man fest, dass sich die positive Entwicklung des Arbeitsmarkts nicht im Abbau der Arbeitslosigkeit niederschlägt. Diese Zahl geht zudem zurück, im Juli wurden noch mehr als 100.000 Stellen mehr als im Vorjahr gezählt. Hinzu kommt, dass die Zahlen der Unterbeschäftigten, derer, die krank oder in Maßnahmen, aber eigentlich auch arbeitslos sind, mit 314.171 deutlich höher ausfallen und steigen. Das Statistische Landesamt weist darauf hin (www.statistik-bw.de/Presse/Pressemitteilungen/2016351), dass die Zunahme der Beschäftigtenzahl auch darauf zurückzuführen ist, dass die durchschnittliche Arbeitszeit pro Beschäftigtem gesunken ist. Es arbeiten also mehr Menschen in Teilzeitarbeitsverhältnissen.
Der Bericht der Arbeitsagentur weist aus, dass zwar im Januar 49.320 Personen ihre Arbeitslosigkeit beendeten, das sind aber mehr als 10.000 weniger als im Vormonat und nur 14.702 Personen konnten aus der Arbeitslosigkeit in eine Erwerbstätigkeit übergehen, 1.816 weniger als im Vormonat. Nur 15 Prozent derjenigen, die aus dem SGB II heraus ihre Arbeitslosigkeit beendeten, konnten eine Erwerbstätigkeit beginnen. Von den SGB-III-Empfängern, die aus der Arbeitslosigkeit abgingen, waren das immerhin 42,5 Prozent.
Der Bestand an offenen Stellen beträgt 88.515, 2.972 weniger als im Vormonat. Und damit kommen auf jede gemeldete offene Stelle immer noch rechnerisch ungefähr 2,6 Arbeitslose.
Die Zahl der Beschäftigung schaffenden Maßnahmen ist gegenüber dem Vormonat um 768 und gegenüber dem Vorjahresmonat um 65 auf jetzt 3.705 Plätze gesunken. Diese Zahl ist gegenüber einer Gesamtzahl von 65.284 Langzeitarbeitslosen mehr als ungenügend und die Ausrichtung der Arbeitsmarktmaßnahmen auf Qualifizierung anstelle von öffentlich geförderter Beschäftigung ist angesichts der Struktur der Arbeitslosigkeit eine falsche Schwerpunktsetzung.
Die Zahl der Menschen, die von Hartz-IV-Leistungen leben – die Arbeitslosen im Rechtskreis SGB II und ihre Angehörigen – ist im Jahresverlauf 2016 deutlich um 28.388 auf 454.007 Menschen gestiegen. Allein die Zahl der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten beträgt 325.472 und damit 18.963 mehr als vor einem Jahr. Diese Entwicklung ist deutlich negativer als die der reinen Arbeitslosenzahlen. Scheinbar gelingt es den Menschen selbst bei Aufnahme einer Arbeit nicht, sich aus der Hilfebedürftigkeit zu befreien. Dieser Trend nimmt zu.
Die Verfestigung der Langzeitarbeitslosigkeit zeigt sich unverändert an der durchschnittlichen Dauer der Arbeitslosigkeit für Langzeitarbeitslose, die im SGB-II-Bereich jetzt bei 582 Tagen liegt, sechs Tage mehr als im Vormonat und 13 Tage mehr gegenüber dem Vorjahresmonat. Demgegenüber beträgt die Dauer der Arbeitslosigkeit im SGB III, der Kurzzeitarbeitslosen, nur durchschnittlich 154 Tage und ist gegenüber dem Vorjahresmonat um 10 Tage gesunken.
Die positive wirtschaftliche Entwicklung sollte jetzt verstärkt genutzt werden, um diesen Menschen durch eine qualifizierte öffentlich geförderte Beschäftigung die Teilhabe an Arbeit zu ermöglichen und eine Brücke in den ersten Arbeitsmarkt zu schaffen. Stattdessen wird inzwischen für die Verwaltung der Arbeitslosigkeit mehr als doppelt so viel ausgegeben, wie für Unterstützungs- und Eingliederungsmaßnahmen. Dabei werden nach einem Bericht des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (KB 4/2016) nur noch 14 Prozent aller Stellenbesetzungen über die Agenturen für Arbeit abgewickelt. Was die Agenturen und Jobcenter als ihr Kerngeschäft reklamieren, findet weitestgehend ohne sie statt.
Fachwissenschaftler weisen darauf hin, dass das Leitbild des Forderns und der aktivierenden Arbeitsmarktpolitik gegen das einer befähigenden Arbeitsmarktpolitik getauscht werden muss, die nicht an den Defiziten und Vermittlungshemmnissen, sondern an der Lebenssituation und den Fähigkeiten der Menschen ansetzt, die auf Teilhabe an Arbeit und an der Gesellschaft ausgerichtet ist. Es zeigt sich immer deutlicher, dass Langzeitarbeitslose und ihre Familien ohne öffentlich geförderte Beschäftigung keine Chance mehr zur Teilhabe und zur Integration in Arbeit bekommen. Die Verbände und Träger der Hilfen für arbeitslose Menschen fordern dies seit Langem und haben mit dem Passiv-Aktiv-Transfers ein realistisches Finanzierungskonzept vorgelegt, während die Bundesregierung trotz positiver wirtschaftlicher Rahmenbedingungen die Möglichkeit zu Handeln verpasst.
Weitere Hinweise unter:
http://www.initiative-pro-arbeit.de/
http://www.o-ton-arbeitsmarkt.de/