„Die Angebote der Vesperkirchen sind mehr als nur Ausgabestellen für Essen, das sich jeder leisten kann. Sie sind Oasen der Mitmenschlichkeit, in denen jeder und jede ausruhen und sich angenommen und willkommen fühlen kann. Zugleich entwickeln sich Vesperkirchen zu Knotenpunkten des gesellschaftlichen Engagements für die Ärmsten unserer Gesellschaft und nehmen damit eine integrierende Funktion weit über die Kirchenmauern hinaus an. Und im Bestfall werden Gäste wiederum zu Helfern – motiviert aus der hoch-engagierten Arbeit der Ehrenamtlichen und in der Gewissheit, dass jeder Mensch etwas zu geben hat – ein Lächeln, ein gutes Wort, eine hilfreiche Hand“, so Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl.
Die Vorstandsvorsitzende des Diakonischen Werks Württemberg, Oberkirchenrätin Dr. Annette Noller sagt: „Vesperkirchen sind eine ganz besondere Form des Kircheseins. In Vesperkirchen treffen sich Menschen mit ganz verschiedenen Lebenserfahrungen. Sie kommen aus ganz unterschiedlichen Lebenssituationen. Menschen, die sich sonst nicht begegnen würden, essen gemeinsam, reden miteinander in großer Vielfalt und Lebendigkeit. Vesperkirchen sind ein Ort der Begegnung und gegenseitiger Inspiration. Vesperkirchen zeigen uns auch, dass es in unserer reichen Gesellschaft viele Menschen gibt, die sonst kaum eine warme Mahlzeit essen, dass es Menschen gibt, die einsam sind, die sich freuen, unkompliziert gemeinsam mit anderen an einem Tisch zu sitzen und zu essen. Ich danke allen Helferinnen und Helfern und freue mich über die gute Gemeinschaft bei den Mittagstischen und die geistlichen und kulturellen Angebote“.
Vielerorts sind die Vesperkirchen in ökumenischer Gemeinschaft von evangelischen und katholischen Gemeinden, Diakonie und Caritas organisiert und ruhen zum großen Teil auf den Schultern ehrenamtlicher Mitarbeitender. Nicht wenige Helferinnen und Helfer nehmen sich dafür sogar Urlaub. Die Mitarbeit in der Vesperkirche ist dabei keine Einbahnstraße. Diakon Johannes Söhner von der Evangelischen Erwachsenenbildung Herrenberg sagt: „Wir haben uns vorher fast alle nicht gekannt und auf einmal sind wir eine Gemeinschaft geworden, in der sich jeder auf den anderen verlassen kann, das ist für mich ein gutes Zeichen, das zeigt, dass etwas funktioniert“. Es habe sogar Menschen gegeben, die der Kirche kritisch gegenüberstanden, die aber zurückkehren wollten, wenn eine Vesperkirche veranstaltet werde. Weil das für sie sei, was Kirche ausmache, erzählt er.
Vesperkirchen sind grundsätzlich zeitlich befristet und finden in der Regel in der kalten Jahreszeit statt. Dabei werden meist Kirchenräume als Ess- und Aufenthaltsräumen genutzt, aber auch Gemeindehäuser kommen zum Einsatz. Neben den Mahlzeiten haben die Gemeinden auch in dieser Saison weitere praktische Hilfen angeboten wie etwa Energiespar- und Koch-Tipps, Kleiderbasare, Näh- und Flickservice, Kinderbetreuung, Friseurbesuche und Fußpflege, medizinische Hilfen, Seelsorge und psychosoziale Unterstützung bis hin zu Rechtsberatung. Hinzu kommen spezielle Gottesdienste und Andachten, Konzerte und Vorträge. So werden Vesperkirchen zu Orten, an denen sich Menschen aller Altersgruppen und Schichten treffen.
Die Finanzierung beruht zum Großteil auf Spenden, Sachspenden und Sponsorengeldern des örtlichen Handels oder Handwerks, der Gastronomie, von Stiftungen, privaten Spender, Unternehmen und Wohltätigkeitsorganisationen.