Sechzehn Roma, die die deutsche Gewaltherrschaft in der Ukraine während des Zweiten Weltkrieges überlebten, berichten von ihrem wechselvollen Lebensweg im Krieg, der Nachkriegszeit und über ihren Alltag heute. Die Fotografin Birgit Meixner porträtierte im Mai 2012 Roma in der Ukraine, die an Projekten der Stiftung EVZ teilhaben. Meixners Porträts sind Momentaufnahmen aus dem Leben einer auch heute noch bedrängten ethnischen Minderheit. Der Vorstandsvorsitzende der Stiftung EVZ, Dr. Martin Salm, und Romani Rose werden in das Thema einführen.
Die Aufnahmen der Fotografin Birgit Meixner entstanden im Mai 2012 und geben zugleich einen Einblick in die gegenwärtige Lebenssituation der Roma in der Ukraine. Sichtbar werden so menschliche Lebenswege, die die Brüche und Verwerfungen des Zwanzigsten Jahrhunderts unmittelbar widerspiegeln.
Die Ausstellung greift gleich zwei zentrale Themen der Arbeit unseres Hauses auf. Zunächst ist dies die historische Aufarbeitung des nationalsozialistischen Völkermords an unserer Minderheit. Die systematische Vernichtung der Roma im besetzten Ost- und Südosteuropa gehört bis heute zu den blinden Flecken der historischen Forschung und der historischen Erinnerung. Mit dem Gutachten des Osteuropa-Historikers Martin Holler, das unser Zentrum mit Unterstützung des Auswärtigen Amtes vor einigen Jahren veröffentlicht hat, konnte unser Zentrum hier einen wichtigen Forschungsakzent setzen. Dank akribischer Archivrecherchen in Russland und der Ukraine konnte Martin Holler zahlreiche neue Quellen erschließen, die die Systematik und die Unmenschlichkeit der gegen Roma gerichteten Vernichtungspolitik belegen. Dies gilt ganz besonders für die deutsch besetzte Ukraine. So meldete eines der deutschen Mordkommandos, die so genannte Einsatzgruppe D, im Januar 1942 von der Halbinsel Krim, die "Juden- und Zigeunerfrage" sei "bereinigt". Nur wenige Angehörige der Minderheit entgingen dem Völkermord.
Auch unter kommunistischer Herrschaft, namentlich unter Stalin, waren die ukrainischen Roma vielfach Repressionen ausgesetzt, wenngleich der NS-Genozid als ein historisch beispielloses Verbrechen einzustufen ist.
Die Ausstellung "Bedrängte Existenz" knüpft aber noch an einen anderen thematischen Schwerpunkt an. In den letzten Jahren hat sich das Haus verstärkt mit der Darstellung der Sinti und Roma im Medium Fotografie auseinandergesetzt und Werke unterschiedlichster Fotografen vorgestellt. Mit den hier präsentierten Aufnahmen der Fotografin Birgit Meixner setzten wir diese Reihe fort.
Die Fotografien bezeugen eindringlich, wie die historische Zäsur des Holocaust in vielschichtiger Weise in unsere Gegenwart hineinwirkt. Ein Verbrechen dieses Ausmaßes, vom dem praktisch jede Sinti- oder Roma-Familie im nationalsozialistisch besetzen Europa betroffen war, bleibt nicht folgenlos für die Kinder und Kindeskinder der Opfer: Es ist ein Trauma, das über Generationen hinweg fortwirkt.