Mit Simone Veil erhält eine Persönlichkeit die Auszeichnung, die mit als erste sich für die Anerkennung der Opfer des nationalsozialistischen Völkermordes an Sinti und Roma einsetzte.
Noch vor ihrem offiziellen Antrittsbesuch in Deutschland, nahm Simone Veil als Präsidentin des Europäischen Parlaments an der Gedenkkundgebung der Sinti und Roma im ehemaligen Konzentrationslager Bergen-Belsen im Jahr 1979 teil. Mit dieser ersten europäischen Gedenkkundgebung und ihrer eindrucksvollen Rede wurde das öffentliche Bewusstsein für das Verfolgungsschicksal und das Leiden der Minderheit in der Zeit des Nationalsozialismus geschaffen. Dies legte den Grundstein für die Bürgerrechtsarbeit der Sinti und Roma sowie für die spätere Anerkennung des Völkermordes an den 500 000 Sinti und Roma im nationalsozialistisch besetzen Europa durch Helmut Schmidt und Helmut Kohl, so die Begründung der Jury.
Der Vorsitzende der Jury Romani Rose hob besonders hervor, dass für Simone Veil der nationalsozialistische Völkermord an den Sinti und Roma selbstverständlich ebenso wie der Völkermord an den Juden allein aus rassistischen Gründen erfolgte. Indem sie diese Analogie und ihre Solidarität mit den Opfern unter den Sinti und Roma bis heute immer wieder betont, leiste sie einen wichtigen Beitrag zur gesellschaftlichen Bewusstseinsbildung und Erinnerung. Ohne die durch ihren Einsatz und ihre Funktion erzielte, große öffentliche Wirkung hätte sich der Verlauf der weiteren politischen Arbeit für die Sinti und Roma kaum derart erfolgreich gestalten können.
Der Stifter des Preises Manfred Lautenschläger würdigte die Rede Veils in Bergen- Belsen ebenfalls als "politisch wegweisend für die weitere Entwicklung der Arbeit für die Minderheit".
Der im Jahr 2008 erstmalig verliehene Europäische Bürgerrechtspreis der Sinti und Roma leistet einen Beitrag zur Wahrung und Durchsetzung der Bürgerrechte und der Chancengleichheit für die Angehörigen der Sinti- und Roma-Minderheiten in ihren jeweiligen Heimatländern in Europa. Der Preis ist ein Signal an politisch verantwortliche Stellen, Medien und gesellschaftliche Gruppen in Europa, gegen überkommene Klischees, Vorurteilsstrukturen und gegen jede Form von Ausgrenzung vorzugehen. Der letzte Preisträger der im Zweijahresturnus vergebenen Auszeichnung war Herr Prof. W³adys³aw Bartoszewski, ehemaliger Außenminister Polens.
Die feierliche Verleihung des mit 15.000 Euro dotierten internationalen Preises findet im September im Auswärtigen Amt in Berlin statt.