Deutsche Umwelthilfe klagt gegen KBA – und bekommt Recht
Knapp siebeneinhalb Jahre nach Bekanntwerden des Diesel-Abgasskandals ist der Deutschen Umwelthilfe (DUH) am Verwaltungsgericht Schleswig ein Sieg gegen das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) und dem übergeordneten Bundesverkehrsministerium gelungen. Das Verwaltungsgericht Schleswig gab einer DUH-Klage gegen die Behörde statt und hob den sogenannten Freigabebescheid für ein VW-Golf-Modell mit dem Motor EA 189 auf. Das Gericht ließ jedoch die Revision gegen das Urteil zu.
Das KBA hatte VW mit der Genehmigung im Zuge der Aufarbeitung des Diesel-Abgasskandals 2016 erlaubt, dass die entsprechenden Diesel-Fahrzeuge nach einem Software-Update wieder auf die Straßen durften. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hatte gegen den KBA-Bescheid geklagt. Nach jahrelangem Streit um das Klagerecht der DUH hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH) im Sommer 2022) der Umwelthilfe ein Klagerecht gegen das KBA eingeräumt – und jetzt in erster Instanz Recht gegeben. Das Gericht hat das KBA außerdem dazu verurteilt, gegen Volkswagen wegen der Entfernung der Abschalteinrichtungen tätig zu werden. Die Behörde kann nun nicht mehr die Hände in den Schoß legen, sondern ist gezwungen zu handeln.
Urteil gegen KBA mit weitreichender Bedeutung im Abgasskandal
Aus Sicht der Kanzlei Dr. Stoll & Sauer hat das Urteil des Verwaltungsgerichts Schleswig im Abgasskandal grundlegende Bedeutung, weil auch in vergleichbaren Verfahren nun entsprechende Urteile zu erwarten sind. Aktuell hat die DUH nach eigenen Angaben 118 weitere Verfahren gegen Freigabebescheide für Dieselmotoren diverser Hersteller laufen. Mittelbar sind bis zu 10 Millionen Autos in Deutschland betroffen. Das Urteil reiht sich in die jüngste verbraucherfreundliche Entwicklung im Abgasskandal ein. Höhepunkt dabei wird der 21. März 2023 sein. Der EuGH will an diesem Tag in einem Mercedes-Verfahren Grundsätzliches zum Abgasskandal klären. Im Sommer 2022 hat der Generalanwalt am EuGH in seinen Schlussanträgen dem Gericht zu einer verbraucherfreundlichen Entscheidung geraten (Az. C-100/21). Folgende Punkte sind dabei besonders spannend.
- Der BGH sieht zwingend für eine Verurteilung den Nachweis der sittenwidrigen und vorsätzlichen Schädigung nach BGB §826 vor. Dem EuGH-Generalanwalt genügt hingegen zur Verurteilung der Hersteller der Nachweis der Fahrlässigkeit. Und die liegt aus Sicht der Kanzlei Dr. Stoll & Sauer natürlich vor. Schließlich lassen sich die EU-Vorschriften nicht anders interpretieren, als das Abschalteinrichtungen illegal sind. Gerade Mercedes und VW (EA288) reden sich vor Gericht immer damit heraus, dass die Abschalteinrichtungen zum Schutz des Motors installiert worden sind und sie von der engen Auslegung der EU-Vorschriften nichts gewusst haben. Der EuGH hat in verschiedenen Urteilen in der Vergangenheit klar gemacht, dass Abschalteinrichtungen grundsätzlich illegal sind. Das Motorschutzargument fruchtet erst, wenn Gefahr für Fahrzeug und Insassen besteht. Salopp gesagt, muss der Motor kurz davor sein, in die Luft zu fliegen, ehe eine Abschalteinrichtung legal ist.
- Der BGH legt die Anrechnung der Nutzungsentschädigung für die gefahrenen Kilometer sehr herstellerfreundlich aus. Da kann es schon passieren, dass dem klagenden Verbraucher als Vielfahrer vom Schadensersatz nichts mehr übrigbleibt. Diese Handhabung gefällt dem EuGH-Generalanwalt nicht. Er will eine klare Verurteilung der Hersteller, so dass sie es auch am Geldbeutel zu spüren bekommen. Hier steht die Nutzungsentschädigung auf dem Prüfstand.
Die Kanzlei Dr. Stoll & Sauer rät vor diesem Hintergrund Dieselfahrern grundsätzlich zur kostenlose Erstberatung im Online-Check. Geschädigte müssen durch die Folgen und Auswirkungen des Abgasskandals mit enormen Geldeinbußen kämpfen: Ihnen drohen Fahrverbote, Stilllegungen und Wertverluste, sofern sie die Ansprüche nicht rechtzeitig vor Gericht geltend machen. Verbraucher sollten eine Individualklage erheben. Die Chancen auf Schadensersatz sind durch die Entwicklungen der vergangenen Monate enorm gestiegen. Die Kanzlei gehört zu den führenden im Abgasskandal.