DUH: Autoindustrie planten Diesel-Abgasskandal aus „Profitgier“
Die Geschichte des Diesel-Abgasskandals muss nach den Enthüllungen von Unterlagen des Automobilzulieferers Bosch neu geschrieben werden. Die vorgestellten internen Dokumente zeigen nach Ansicht der DUH ein „Dieselgate-Betrugskartell“ aus Audi, BMW, Daimler Chrysler, VW und Bosch. Diese zeigen die aktive Rolle der Dieselkonzerne bei der Beauftragung der Manipulationssoftware – trotz nachgewiesener Kenntnis über die rechtlichen Probleme. „Nicht einzelne VW-Ingenieure, sondern die Profitgier der vier größten Automobilunternehmen Deutschlands führte zur Entwicklung von insgesamt 44 unterschiedlichen Varianten der Betrugssoftware“, sagte DUH-Geschäftsführer Jürgen Resch. „Damit ist der letzte Beweis erbracht, dass Dieselgate nicht durch einzelne VW-Ingenieure ohne Kenntnis des Vorstandes zustande kam. In Wirklichkeit handelt es sich um eine Auftragsarbeit von Bosch für die vier größten Automobilunternehmen in Deutschland“, betonte Resch weiter.
Argumentation der Autohersteller vor Gericht bricht zusammen
Der internationale Verkehrsexperte Dr. Axel Friedrich sieht erhebliche Auswirkungen der Enthüllungen auf die gerichtliche Aufarbeitung des Abgasskandals: „Nach meiner Einschätzung lässt sich die Feststellung von Gerichten eines Verbotsirrtums der Pkw Hersteller nicht mehr halten. Das eröffnet für Pkw-Besitzer neue Möglichkeiten des Schadenersatzes. Es ist ein Skandal, dass diese Daten so lange zurückgehalten wurden.“ Die Hersteller haben sich beim Einbau der Abschalteinrichtungen nicht darüber geirrt, dass der Einsatz illegal sei, wie sie es gebetsmühlenartig in den Prozessen vorbringen. Sie haben beispielsweise das Thermofenster bestellt und verwendet, obwohl ihnen bekannt war, dass der Einsatz unzulässig ist. Damit liegt eine bewusste Täuschung der Kunden vor. Hier die wichtigsten Erkenntnisse aus den Bosch-Protokollen:
- Die vorliegenden Protokolle weisen bis ins Jahr 2006 zurück.
- Alle Beteiligten des Kartells waren über die rechtlichen Probleme informiert.
- Auch AdBlue-Motoren sind im Abgasskandal involviert. Unterlagen von November 2009 verweisen mit Hinweis auf ein Protokoll vom 14. September 2006 unter Teilnahme von Bosch, Audi, VW, Daimler Chrysler und BMW auf den Wunsch der Bosch-Kunden nach einer Funktion, die in bestimmten Betriebsbereichen geringere Umsätze der Harnstoffdosierung erreicht.
- Auch das sogenannte Thermofenster ist von langer Hand geplant und umgesetzt worden: Weiter wird in den Protokollen als Beispiel explizit die temperaturabhängige Umschaltung vom Prüfmodus in den realen Straßenmodus genannt – mit anderen Worten genau jene Funktion, die der Europäische Gerichtshof zuletzt in seiner Entscheidung vom 8. November 2022 zu einem Verfahren der DUH gegen das Kraftfahrt-Bundesamt als illegal bewertet. Dabei weist Bosch in den Verhandlungen mit seinen Kunden bereits zu diesem Zeitpunkt wiederholt darauf hin, dass Applikationen dieser Art nicht mit den rechtlichen Vorgaben in Einklang stehen.
- Auch die als sauber geltenden AdBlue-Motoren sind mit Abschalteinrichtungen ausgerüstet worden. Das Bosch-Protokoll vermerkt mehrfach, dass die „Produktparameter (…) Auswirkungen auf (…) die Einhaltung behördlicher Vorschriften haben können“. In einem Diagramm zum „Funktionsprinzip Dosierung“ wird deutlich dargestellt, dass neben der normalen „Vorsteuerung“ der Harnstoffdosierung eine „Alternative“ Vorsteuerung programmiert und die „Umschaltung“ beispielsweise nach der Lufttemperatur erfolgt.
- Der Skandal nahm bereits im Jahr 2006 seinen Lauf: Unmissverständlich weist das Dokument auf eine „Folie aus einem Arbeitskreis Audi, VW, BMW, DC und Bosch vom 14.9.2006 hin, in der vermerkt ist, dass die „Auswirkungen auf die Einhaltung behördlicher Vorschriften (…) haben kann“. Sie schließt mit der klaren Aufforderung an die vier Dieselkonzerne: „Applikationsverantwortung sowie Rechtfertigung der Funktion selbst liegt beim Kunden“. Um jeden Zweifel zu zerstreuen, was damit gemeint ist, folgt eine Folie „Beispiel: Reaktion US-Behörden“, in der einer Umschaltfunktion bei Benzinemissionen zwischen Labor und Fahrbetrieb eines vorsätzlichen Betrugs von Toyota im Jahr 2002 in den USA zu einer Millionenstrafe und einer verfügten Nachrüstung aller betroffener 150.000 Fahrzeuge beschrieben wird.
- Klar ist auch, dass nicht nur VW, Audi, Porsche, Daimler Chrysler, Opel und BMW-Abschalteinrichtungen bestellt haben. Auch Toyota und Fiat tauchen in den Dokumenten auf.
- Die DUH betonte auf der Pressekonferenz, dass nicht nur Bosch Abschalteinrichtungen geliefert habe, sondern auch Zulieferer wie Conti und Delphi.
Für die Kanzlei Dr. Stoll & Sauer muss die juristische Aufarbeitung des Abgasskandals durch die Bosch-Enthüllungen eine neue Richtung einschlagen. Der Dieselskandal ist noch nicht zu Ende. Die Chancen der Verbraucher auf Schadensersatz könnten durch die Enthüllungen enorm gestiegen sein. Es könnte sein, dass die beteiligten Automobilhersteller vorsätzlich gehandelt haben. Und gerade das vorsätzliche sittenwidrige Handeln ist für den Bundesgerichtshof bei Verurteilungen von VW wichtig gewesen. Jetzt machen die Bosch-Enthüllungen klar, dass wohl die ganze Branche den Einbau von Abschalteinrichtungen von langer Hand geplant hatte. Daher rät die Kanzlei vom Abgasskandal betroffenen Verbrauchern, sich anwaltlich beraten zu lassen. Geschädigte müssen durch die Folgen und Auswirkungen des Abgasskandals mit enormen Geldeinbußen kämpfen: Ihnen drohen Fahrverbote, Stilllegungen und Wertverluste, sofern sie die Ansprüche nicht rechtzeitig vor Gericht geltend machen. Verbraucher sollten eine Individualklage erheben. Die Chancen stehen nach aktueller Rechtsprechung sehr gut. Im kostenfreien Online-Check lässt sich der richtige Weg aus dem Dieselskandal herausfinden. Wir prüfen Ihren konkreten Fall und geben Ihnen eine Ersteinschätzung, bevor wir uns auf ein gemeinsames Vorgehen gegen den Autobauer einigen.