Gerichte fordern ungeschwärzte Dokumente von Daimler an
An deutschen Gerichten werden für die Daimler AG im Diesel-Abgasskandal die Zeiten rauer. Temperaturabhängig gesteuerte Abschalteinrichtungen wie das von Daimler in den Mercedes-Modellen verwendete Thermofenster sind vor dem EuGH am 30. April 2020 in Schlussanträgen als unzulässig bezeichnet worden. Mit dem Urteil in diesem ersten europäischen VW-Verfahren wird noch in diesem Jahr gerechnet. Auch der BGH hat mit seinem Beschluss vom 28. Januar 2020 (Az. VIII ZR 57/19) den Druck auf Daimler erhöht. Der BGH bemängelte, dass das Oberlandesgericht Celle (Az. 7 U 263/18) kein Gutachten eingeholt hat, um zu klären, ob die Daimler AG das Abgaskontrollsystem im Motor OM 651 mit einer Abschalteinrichtung manipuliert hat oder nicht. Schadensersatzansprüche im Abgasskandal gegen Mercedes können von einem Gericht nicht einfach als Behauptungen „ins Blaue hinein“ abgewiesen werden. Es reicht, wenn der klagende Verbraucher seine Argumente schlüssig vorträgt und nicht bis ins kleinste Detail ausführt. Schließlich könne er nicht detailliert wissen, wie ein Motor funktioniere. Der Autobauer äußert sich bisher vor Gericht in der Regel höchst vage zu den gegen ihn gemachten Vorwürfen und verweist in der Regel auf Betriebsgeheimnisse, die er vor Gericht nicht preisgeben möchte.
Mit dem BGH-Beschluss ist jetzt mit der Geheimniskrämerei wohl Schluss. Das Oberlandesgericht Nürnberg (Az. 5 U 144/20) verfügte am 28. Mai 2020, dass Daimler „binnen 3 Wochen nach Zustellung dieser Verfügung die das streitgegenständliche Kraftfahrzeug betreffende Rückrufanordnung des Kraftfahrt-Bundesamtes vorzulegen“ hat. „Die Vorlage hat vollständig und grundsätzlich ohne Schwärzungen zu erfolgen; nicht geschwärzt werden dürfen jedenfalls die Ausführungen des Kraftfahrt-Bundesamtes zur Erläuterung der von ihm beanstandeten Funktionen.“ Falls Daimler nicht bereit ist, die Anordnung in ungeschwärzter Form vorzulegen, wird der Autobauer dazu aufgefordert, „stattdessen mit eigenen Worten darzulegen, welche konkreten Funktionen das Kraftfahrt-Bundesamt mit welcher Begründung beanstandet hat“. Der Tenor des Bescheides sei allerdings in jedem Fall vorzulegen. Dem Auto-Konzern sei es darüber hinaus freigestellt, zugleich zu erläutern, weshalb er die Auffassung des Kraftfahrt-Bundesamtes nicht teile.
Auch das Oberlandesgericht Stuttgart will dem Diesel-Abgasskandal bei Daimler wohl näher auf den Grund gehen und sich nicht nur mit vagen Behauptungen abspeisen lassen. In einer Verfügung vom 25. Mai 2020 wird Daimler aufgefordert, den für das streitgegenständliche Fahrzeug entsprechenden Typengenehmigungsantrag nebst Prüfbericht und Beschreibungsbogen dem Gericht vorzulegen (Az. 16a U 94/19). Die Kammer legt Wert darauf, dass die Passagen zur Abgasreinigung ungeschwärzt eingereicht werden und für das Gericht prüfbar sind.
Im Diesel-Abgasskandal der Daimler AG hält Trendwende an
Diese juristischen Entwicklungen zeigen für die Kanzlei Dr. Stoll & Sauer aus Lahr, dass die Daimler AG vor Gericht in die Defensive gerät und die Chancen der Verbraucher zu gewinnen, derzeit enorm ansteigen. Die Diesel-Fahrzeuge sind durch die mögliche Manipulation am Abgaskontrollsystem des Motors in ihrem Wert gemindert. Die Kanzlei rät den betroffenen Verbrauchern dazu, sich anwaltlich beraten zu lassen. Im kostenfreien Online-Check der Kanzlei lässt sich der richtige Weg aus dem Diesel-Abgasskandal von Daimler herausfinden. Die Fälle werden individuell geprüft, ehe man sich auf ein gemeinsames Vorgehen gegen den Autobauer einigt.
Die Kanzlei hat bereits mehrere positive Urteile gegen die Daimler AG in erster Instanz erstritten:
- Landgericht Stuttgart – 14. Mai 2020 – 19 O 108/19
- Landgericht Stuttgart – 14. Mai 2020 – Az. 19 O 109/18
- Landgericht Stuttgart – 08. Mai 2020 – 14 O 74/20
- Landgericht Freiburg – 13. März 2020 – Az. 8 O 71/19
- Landgericht Oldenburg – 13. Februar 2020 – Az. 16 0 2884/18
- Landgericht Stuttgart – 16. Januar 2020 – Az. 27 O 40/19
- Landgericht Stuttgart – 24. Oktober 2019 – Az. 20 O 73/19
Der Verbraucher kann drei Möglichkeiten für sich in Anspruch nehmen, um seine Rechte durchzusetzen. Die drei Wege haben sich bei Verfahren gegen VW bewährt. Und es spricht aus Sicht der Kanzlei Dr. Stoll & Sauer nichts dagegen, warum es sich im Abgasskandal von Daimler anders verhalten sollte. Denn letztlich wird im Ergebnis die Umwelt verpestet. Nur die dafür angewandte Technik ist eine andere.
- Rücktritt: Der Autoinhaber kann vom Kaufvertrag zurücktreten, weil das gelieferte Auto im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) einen Sachmangel aufwies. Der Bundesgerichtshof hat in seinem Hinweisbeschluss (Az. VIII ZR 225/17) vom 8. Januar 2019 festgehalten, dass Fahrzeuge mit einer Manipulationssoftware mangelhaft sind. Zahlreiche Gerichte haben auch daraufhin entschieden, dass das Fahrzeug ohne eine Fristsetzung zur Nachbesserung zurückgegeben werden kann. Der Kaufvertrag wird dann rückabgewickelt. Der Käufer muss letztlich das Auto mit dem manipulierten Motor zurückgeben, kann aber im Gegenzug den bereits bezahlten Kaufpreis zurückverlangen.
- Schadensersatz: Der Verbraucher kann sein Fahrzeug auch behalten und die Daimler AG auf Schadensersatz verklagen. Dieser Anspruch folgt aus der vorsätzlichen und sittenwidrigen Schädigung des Verbrauchers durch den Konzern nach 826 BGB. Der Autobauer muss dann den Minderwert ersetzen, der durch die Manipulation entstanden ist. Gerichte haben in Verfahren gegen die VW AG hier Beträge bis zu 25 Prozent des Kaufpreises ausgeurteilt.
- Neulieferung: Eine dritte Option hat die Kanzlei Dr. Stoll & Sauer vor dem Oberlandesgericht Karlsruhe erstritten: Wer sich einen Neuwagen gekauft hat, kann auch die Neulieferung eines neuen Fahrzeuges ohne Manipulationssoftware verlangen - natürlich gegen die Rückgabe des manipulierten Fahrzeugs. Für die gefahrenen Kilometer des alten Fahrzeugs muss der Verbraucher keine Nutzungsentschädigung bezahlen.
Nachdem der Bundesgerichtshof in seinem Hinweisbeschluss, den Weg für die Nachlieferung geebnet hat, erstritt die Kanzlei Dr. Stoll & Sauer Rechtsanwaltsgesellschaft mbH am 24. Mai 2019 drei Urteile vor dem Oberlandesgericht Karlsruhe, durch die die Kläger Neuwagen erhalten und die alten Fahrzeuge über Jahre kostenlos gefahren sind. Mittlerweile ist das Urteil rechtskräftig (Az. 13 U 144-17), weil das Autohaus die mögliche Revision vor dem BGH nicht wahrgenommen hat – mehr dazu hier.