Wer kann bei der großen Diesel-Klage mitmachen?
Die Musterfeststellungsklage umfasst nur bestimmte Mercedes-Modelle der GLC- und GLK-Reihe. In ihnen verbaute Daimler den Motortyp OM 651. Außerdem liegen amtliche Rückrufe des Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA) für die Fahrzeuge vor. Übrigens kann sich an der Klage auch beteiligen, wer sein Auto bereits verkauft oder verschrottet hat. Insgesamt sollen rund 50.000 Fahrzeuge involviert sein. Konkret geht es um folgende Modelle:
GLC 220 d 4Matic
GLC 250 d 4Matic
GLK 200 CDI
GLK 220 CDI
GLK 220 CDI 4Matic
GLK 220 BlueTec
GLK 250 BlueTec.
Für wen macht die Musterfeststellungsklage Sinn?
Die Teilnahme an der Musterfeststellungsklage ist für Verbraucher interessant, die über keine Rechtsschutzversicherung verfügen und deswegen aufgrund bestehender Prozessrisiken keine eigene Klage anstreben wollen. Auf die teilnehmenden Verbraucher kommen keine Kosten zu – diese übernimmt der Verbraucherverband. Auch die Anmeldung zum Klageregister ist kostenfrei. Wird in der Klage ein verbraucherfreundliches Urteil gesprochen, so ist es für andere Gerichte bindend. Die anschließenden Einzelklagen können sich darauf berufen. Nach dem Abschluss des Verfahrens besteht im Diesel-Abgasskandal von Daimler Rechtssicherheit für die betroffenen GLC- und GLK-Modelle.
Verbraucher, die über eine Rechtsschutzversicherung verfügen, sollten jedoch folgendes Bedenken: Der Rechtsschutz übernimmt die Kosten des Verfahrens, sofern diese zum Zeitpunkt des Fahrzeugkaufs bereits bestand. Außer einer möglichen Selbstbeteiligung gibt es keine Kosten für den Verbraucher, egal wie das Verfahren ausgeht. Das Verfahren der Musterfeststellungsklage nimmt mehr Zeit in Anspruch als eine Einzelklage, die zügig vor Gericht eingereicht werden kann. Mit positivem Ausgang des Verfahrens muss die Daimler AG direkt eine Schadensersatzzahlung leisten. Eine weitere Klage wie bei der Musterfeststellungsklage ist nicht erforderlich. Die Chancen bei der Einzelklage auf eine höhere Entschädigung sind deutlich höher. Das hat bereits die Musterfeststellungsklage gegen VW gezeigt. Da waren Einzelklagen zum Teil wesentlich lukrativer als der ausgehandelte Vergleich mit dem Wolfsburger Konzern. Die Kanzlei Dr. Stoll & Sauer geht davon aus, dass Mercedes auch in anderen Modellen die Abgasreinigung auf unzulässige Art und Weise manipuliert. Auch hier sind Einzelklagen möglich und erfolgsversprechend.
Was wird vor Gericht genau verhandelt?
Das verhandelnde Oberlandesgericht Stuttgart soll erstens klären, ob Daimler überhaupt sittenwidrig und vorsätzlich gehandelt hat und zweitens, in welchen Autos welche Abschalteinrichtungen verbaut worden sind. Dabei geht es nicht um das in den Medien stark thematisiert Thermofenster, das die Abgasreinigung über die Außentemperatur regelt. Daimler soll zahlreiche andere Manipulationen am Motor vorgenommen haben. Da geht es um die Einspritzung von AdBlue-Harnstofflösung, um die Abgasrückführung und die Temperaturregelung für das Kühlwasser. Letztlich sollen die Motoren auf dem Prüfstand die Abgasgrenzwerte einhalten. Im normalen Straßenverkehr soll die Umwelt verpestet und die Gesundheit der Bürger gefährdet werden.
Wie lief die erste Musterfeststellungsklage gegen VW ab?
2018 reichte der vzbv gegen Volkswagen die erste MFK im Abgasskandal ein. Die Inhaber von Dr. Stoll & Sauer handelten im Frühjahr 2020 in einer Spezialgesellschaft einen Vergleich für 260.000 Verbraucher mit aus. Das Volumen betrug 830 Millionen Euro. VW zahlte den teilnehmenden Verbrauchern je nach Alter und Typ des Fahrzeugs zwischen 1350 und 6250 Euro. Im Mai 2020 entschied der Bundesgerichtshof (BGH), dass VW seine Kunden sittenwidrig und vorsätzlich geschädigt hat. Der Schaden, so das Gericht, sei mit dem Kauf des Diesels entstanden. Hätten die VW-Kunden gewusst, dass die Fahrzeuge die Abgasreinigung manipulieren, hätten sie den Diesel nie gekauft.
Chancen der Verbraucher gegen Daimler sind enorm gestiegen
Immer mehr Gerichte in Deutschland erkennen an, das Daimler die Fahrzeuge manipuliert und die Verbraucher sittenwidrig und vorsätzlich geschädigt hat. Die Oberlandesgerichte Naumburg, Köln, Nürnberg und Frankfurt haben sich bereits auf die Seite der Verbraucher gestellt. Auch am Oberlandesgericht München findet derzeit ebenfalls ein Umdenken statt. Der 28. Senat rügte in seiner Verfügung vom 21. Oktober 2021 die erste Instanz massiv. „Das Landgericht hat wesentlichen Vortrag des Klägers insbesondere zur AdBlue-Dosierungsstrategie sowie zur Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung vollständig übergangen.“ Der Senat beabsichtige daher, den Rechtsstreit an das Landgericht zurückzuverweisen. In der ersten Instanz war die Klage abgewiesen worden.
Und auch in den obersten Instanzen sieht es für Mercedes nicht gut aus: Am Europäischen Gerichtshof (EuGH) ist das sogenannte Thermofenster, das auch in Daimler-Motoren verbaut wird, in einem Schlussplädoyer des Generalanwalts als unzulässig bezeichnet worden. Der Gerichtshof folgt in der Regel der Argumentation des Generalanwalts. Und selbst der Bundesgerichtshof (BGH) hat zwei Verfahren an die zweite Instanz zurückverwiesen, weil die Möglichkeit besteht, dass Verbrauchern Ansprüche zustehen. Und in diesen Verfahren geht es nicht ausschließlich um das sogenannte Thermofenster, das die Abgasreinigung temperaturabhängig steuert, sondern beispielsweise um die Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung, die von manchen Gerichten als illegale Prüfstandserkennung gewertet wird.
Außerdem kommt ein aktuelles Gutachten zu dem Ergebnis, dass Daimler in der Motorsteuerungssoftware eines E350-Diesels insgesamt acht mutmaßlich unzulässige Abschalteinrichtungen verbaut hat. Wie BR Recherche und Spiegel berichteten, hat dafür der Software-Entwickler Felix Domke die Steuerungssoftware ausgelesen, die von einem Diesel-Motor Typ OM642 angetrieben wird. Domke brachte schon 2015 ans Tageslicht, wie VW beim Dieselmotor EA189 die Abgasreinigung manipuliert hat. Nach Ansicht von Abgasexperte Kai Borgeest von der Technischen Hochschule Aschaffenburg könnte das Gutachten in laufenden Gerichtsverfahren eine große Rolle spielen: "Bisher wurde Daimler beim OM642 kaum zu Schadenersatz verurteilt. Dies könnte sich nun ändern."
Die Kanzlei Dr. Stoll & Sauer sieht für vom Abgasskandal betroffene Verbraucher durch die neuesten Entwicklungen beste Chancen auf Schadensersatz und rät Daimler-Kunden dazu, sich anwaltlich beraten zu lassen. Geschädigte müssen durch die Folgen und Auswirkungen des Abgasskandals mit enormen Geldeinbußen kämpfen: Ihnen drohen Fahrverbote, Stilllegungen und Wertverluste, sofern sie die Ansprüche nicht rechtzeitig vor Gericht geltend machen. Verbraucher sollten eine Individualklage erheben. Die Chancen stehen nach aktueller Rechtsprechung sehr gut. Im kostenfreien Online-Check lässt sich der richtige Weg aus dem Dieselskandal herausfinden. Wir prüfen Ihren konkreten Fall und geben Ihnen eine Ersteinschätzung, bevor wir uns auf ein gemeinsames Vorgehen gegen den Autobauer einigen.