Von der Politik ist im Fiat-Abgasskandal kaum Hilfe zu erwarten
Bereits der Diesel-Abgasskandal der Volkswagen AG hat gezeigt, dass die Verbraucher kaum Hilfe von Seiten der Politik erwarten können. In den vergangenen fünf Jahren seit Aufdeckung des Skandals sieht es danach aus, dass Politik und Behörden damit beschäftigt sind, VW bei ihren Machenschaften den Rücken freizuhalten. Ähnlich verhält es sich auch im Abgasskandal von Fiat Chrysler Automobiles (FCA). Hier gibt es sogar eine offene Allianz zwischen Politik und Wirtschaft, wie aus Schriftwechseln und Unterlagen hervorgeht. Dabei haben die CSU-Politiker Alexander Dobrindt und Andreas Scheuer dafür gesorgt, dass sich der Abgasskandal auf die Reise- und Wohnmobilbranche ausgeweitet hat.
Wie schon im VW-Skandal müssen sich die Verbraucher auch im Fiat-Fall selbst um ihr Recht kümmern. Als der erste Diesel-Abgasskandal von VW im Herbst 2015 von den USA nach Europa herüberschwappte, sahen Politik und selbst Verbraucherschützer kaum Chancen, den Autobauer für seine Tricksereien haftbar zu machen. Die Kanzlei Dr. Stoll & Sauer war die erste Sozietät, die bereits am 6. Oktober 2015 die erste Klage im Diesel-Abgasskandal gegen VW einreichte, und damit den Weg zur Musterfeststellungsklage und zum ersten Urteil vor dem Bundesgerichtshof ebnete. Doch damit ist die juristische Aufarbeitung des Abgasskandals noch lange nicht zu Ende – wie der Fall Fiat zeigt. Der einzige Weg für Verbraucher, ist der Klageweg. Deshalb hat am 3. August 2020 Dr. Stoll & Sauer die erste Klage im Abgasskandal gegen Fiat Chrysler Automobiles (FCA) am Landgericht Freiburg eingereicht. Dr. Stoll & Sauer rät betroffenen Verbrauchern daher zu einer anwaltlichen Beratung und empfiehlt dafür den kanzleieigenen kostenlosen Online-Check.
Europäische Union bekleckert sich bei Fiat nicht mit Ruhm
Auch bei der Europäischen Union muss der Verbraucher den Eindruck gewinnen, dass sein Recht in Brüssel nicht gut aufgehoben ist. So richtig in die Gänge kommt die Behörde nicht. Druck auf Italien und Fiat sieht anders aus, wie die Aktivitäten der EU im Abgasskandal von Fiat deutlich zeigen:
- Nach einer Beschwerde von deutscher Seite eröffnete die EU-Kommission am 17. Mai 2017 ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Italien. Den Behörden wird vorgeworfen, bei den Genehmigungen für Diesel-Modelle von Fiat Chrysler die europäischen Regeln missachtet und nicht ausreichend kontrolliert zu haben. Insbesondere der Fiat 500X und der Fiat Doblo sollen über eine Software verfügen, mit deren Hilfe die Abgaswerte manipuliert werden können. Sowohl FCA wie auch das italienische Verkehrsministerium weisen die Vorwürfe zurück. In Deutschland war der Skandal bereits im Frühjahr 2016 durch Untersuchungen der Deutschen Umwelthilfe aufgeflogen und durch das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) bestätigt worden. Daraufhin intervenierte Deutschland in Brüssel und schwärzte Italien an. In den USA erwischten Behörden Fiat im Frühjahr 2017. Zwei Jahre später zahlte FCA in den USA rund 670 Millionen Euro Strafe und verglich sich mit Sammelklägern.
- Doch was ist aus dem Vertragsverletzungsverfahren mit der Nummer 20172044 gegen Italien geworden, das am 17. Mai 2017 groß angekündigt worden war? In der Pressemitteilung von damals heißt es: „Die Europäische Kommission hat heute beschlossen, ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Italien einzuleiten, weil das Land seine Verpflichtungen im Rahmen der EU-Typgenehmigungsvorschriften für Kraftfahrzeuge im Fall von Fiat Chrysler Automobiles nicht eingehalten hat.“
- Besonders interessant liest sich der Aspekt, warum es zum Verfahren überhaupt gekommen ist. Ursache war wohl ein Mediationsverfahren in einem Streit zwischen Deutschland und Italien: „Der aktuelle Fall geht auf Informationen zurück, von denen die Kommission Kenntnis erlangte, als das deutsche Verkehrsministerium im September 2016 mit einem Ersuchen an sie herantrat. Es handelte sich darum, zwischen den deutschen und italienischen Behörden in einem Streit über Stickoxidemissionen, der Fahrzeuge eines von Italien genehmigten Typs betraf, zu vermitteln. Im Zuge des Mediationsverfahrens befasste sich die Kommission eingehend mit den von der deutschen Typgenehmigungsbehörde (Kraftfahrt-Bundesamt) vorgelegten Ergebnissen der Emissionsprüfungen und den von Italien übermittelten ausführlichen technischen Informationen über die von FCA bei dem betreffenden Fahrzeugtyp eingesetzten Emissionsminderungsstrategien.“ Letztlich bedeutet das, dass auch die Kommission zum Ergebnis gekommen war, dass FCA es mit der Wahrheit nicht genau genommen hat.
- Ebenso spannend sind die Äußerungen der Kommission darüber, was alles in Motoren definitiv verboten ist und dass die Richtlinien eng ausgelegt werden müssen. Das ist vor allem für Fälle der neueren Motorengenerationen von VW und Daimler von Interesse: „Nach dem EU-Typgenehmigungsrecht sind Einrichtungen wie Software, Schaltuhren oder Thermofenster, die außerhalb des Prüfzyklus zu höheren Stickstoffemissionen führen, verboten, es sei denn, sie lassen sich mit dem notwendigen Schutz des Motors vor Beschädigung oder Unfall oder mit dem sicheren Betrieb des Fahrzeugs rechtfertigen. Die Kommission hat wiederholt darauf hingewiesen, dass die Ausnahme vom Verbot gerade darin besteht, dass jede Ausnahme eng ausgelegt werden muss.“
- Was sich bisher so eindeutig liest, wird im nächsten Absatz völlig verwässert. Das Verfahren ist eine Aufforderung, in den Dialog zu treten – mehr auch nicht: „Die Kommission fordert Italien nunmehr förmlich dazu auf, auf ihre Bedenken zu reagieren, wonach der Hersteller die technische Notwendigkeit – und damit die Rechtmäßigkeit – der verwendeten Abschalteinrichtung nicht ausreichend begründet hat, und klarzustellen, ob Italien gegen seine Verpflichtung verstoßen hat, hinsichtlich des betreffenden FCA-Typs Abhilfemaßnahmen zu ergreifen und Sanktionen gegen den Fahrzeughersteller zu verhängen.“
- Seit dieser Zeit ist über das Verfahren, nichts mehr in Erfahrung zu bringen. Ganz offensichtlich hat Italien entweder nicht reagiert oder sich nur unzureichend geäußert. Denn ein Jahr später verkündete am 17. Mai 2018 der für Umwelt zuständige EU-Kommissar Karmenu Vella, dass die Kommission unter anderem Italien am Europäischen Gerichtshof in Luxemburg verklagen will. In der Pressemitteilung heißt es konkret: „Die Kommission hat beschlossen, beim Gerichtshof der Europäischen Union Klage gegen Frankreich, Deutschlandund das Vereinigte Königreich einzureichen, weil die Grenzwerte für Stickstoffdioxid (NO2) nicht eingehalten werden. Auch haben diese Mitgliedstaaten keine geeigneten Maßnahmen ergriffen, um die Zeiträume, in denen die Grenzwerte überschritten werden, so kurz wie möglich zu halten. Ungarn, Italien und Rumänien werden wegen anhaltend hoher Feinstaubwerte (PM10) vor dem Gerichtshof angeklagt. Die in den EU-Rechtsvorschriften über die Luftqualität (Richtlinie 2008/50/EG) festgelegten Grenzwerte gelten seit 2010 bzw. 2005.“
- EU-Kommissar Vella formulierte es so: „Die Entscheidung, Mitgliedstaaten vor dem Gerichtshof der Europäischen Union zu verklagen, wurde im Namen der Europäerinnen und Europäer getroffen. Wir haben immer gesagt, dass diese Kommission eine schützende Kommission ist, und unsere Entscheidung folgt diesem Anspruch. Die heute vor dem Gerichtshof angeklagten Mitgliedstaaten haben in den zurückliegenden zehn Jahren genügend ‚letzte Chancen‘ erhalten, um die Situation zu verbessern. Ich bin überzeugt, dass die heutige Entscheidung sehr viel schneller zu Verbesserungen für die Bürgerinnen und Bürger führen wird. Doch rechtliche Schritte allein werden das Problem nicht lösen. Deshalb legen wir dar, durch welche praktische Hilfe die Kommission die Anstrengungen der nationalen Behörden für eine sauberere Luft in europäischen Städten und Gemeinden unterstützen kann.“
Leider ist seit der Absichtserklärung, EU-Mitgliedsstaaten wie Deutschland und Italien vor dem EuGH zu verklagen, weil die vereinbarten Grenzwerte für die Luftqualität nicht eingehalten werden, nichts mehr von dem Verfahren gegen Italien und der Klage zu hören und zu lesen gewesen. Deshalb hat die Kanzlei Dr. Stoll & Sauer folgenden Fragenkatalog an die Kommission geschickt:
- Wie ist der Stand im Verfahren gegen Italien?
- Hat sich die italienische Regierung bereits geäußert? Falls ja, wie?
- Falls das Verfahren nicht abgeschlossen ist, warum dauert das so lange?
- Gibt es Aktivitäten der Kommission, um gegen das Unternehmen FCA im Abgasskandal vorzugehen? Schließlich verkauft FCA Motoren mit unzulässigen Abschalteinrichtungen, wie das Kraftfahrt-Bundesamt festgestellt hat.
- Gibt es von Seiten der Kommission Bemühungen, die Vorschriften zur Typengenehmigung zu konkretisieren und festzuschreiben, wann eine Abschalteinrichtung zum Schutz des Motors notwendig ist und wann nicht? Und warum ist das so?
Was Dr. Stoll & Sauer im Abgasskandal von Fiat unternimmt
- Am 3. August 2020 reicht Dr. Stoll & Sauer die erste Klage im Abgasskandal gegen Fiat Chrysler Automobiles (FCA) am Landgericht Freiburg ein.
- Anzeige wegen Betrugs gegen die Robert Bosch GmbH am 8. Oktober 2020 bei der Staatsanwaltschaft Stuttgart. Bosch hatte die Abschalteinrichtungen für die Fiat-Motoren geliefert und den Autobauer beim Kraftfahrt-Bundesamt angeschwärzt. Aus Sicht der Kanzlei liegt hier eine Tatbeteiligung an einem Betrug vor.
- Aus Unterlagen des Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA) und Schriftwechseln geht hervor, dass die Behörde bereits 2016 wusste, dass im Fiat-Motor Ducato eine unzulässige Abschalteinrichtung das Abgaskontrollsystem manipulierte. Trotzdem hat die Behörde Wohnmobile mit diesem Motor die Typengenehmigung womöglich auf Anordnung des Bundesverkehrsministeriums erteilt.Die Kanzlei Dr. Stoll & Sauer fordert vom Präsidenten des KBA Richard Damm mit Schreiben vom 7. Oktober 2020 Auskunft und Akteneinsicht über den Vorgang und übersandte ihm einen Fragenkatalog.
- Im Skandal involviert ist auch der aktuelle Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer und sein Vorgänger im Amt Alexander Dobrindt (beide CSU). Sie haben dafür gesorgt, dass Wohn- und Reisemobile eine Typengenehmigung erhalten, obwohl die Motoren mit illegaler Motorensteuerung ausgerüstet waren. Gegen beide sowie die Bundesrepublik Deutschland wird die Kanzlei im Namen von Mandanten Klage auf Schadensersatz erheben, falls sich die beiden Politiker nicht bereit erklären, für den entstandenen Schaden aufzukommen.
- Gründung der Facebook-Gruppe „Fiat-Skandal Interessengemeinschaft“. Hier können sich betroffene Verbraucher Hilfe und Informationen abholen. Zudem kooperiert die Kanzlei mit der Gruppe „Abgasskandal Wohnmobile mit Fiat Ducato Motor der Baujahre 2014-2019“.
- Was ist aus dem Vertragsverletzungsverfahren mit der Nummer 20172044 gegen Italien geworden? Fiat Chrysler hat sich nicht an die Richtlinien zur Typengenehmigung gehalten und die italienische Zulassungsbehörde hat offensichtlich nichts dagegen unternommen. Die Kanzlei will deshalb in einem Schreiben vom 15. Oktober 2020 von der Kommission wissen, wie der Stand der Dinge bei dem Verfahren ist.
Bei der Kanzlei Dr. Stoll & Sauer Rechtsanwaltsgesellschaft mbH handelt es sich um eine der führenden Kanzleien im Abgasskandal. Die Kanzlei ist unter anderem auf Bank- und Kapitalmarktrecht spezialisiert. Die Kanzlei führt mehr als 2000 Verfahren gegen verschiedene Autobanken wegen des Widerrufs von Autokrediten. Im Widerrufsrecht bezüglich Darlehensverträge wurden mehr als 5000 Verbraucher beraten und vertreten. Daneben führt die Kanzlei mehr als 15.000 Gerichtsverfahren im Abgasskandal bundesweit und konnte bereits hunderte positive Urteile erstreiten.
In dem renommierten JUVE Handbuch 2017/2018, 2018/2019 und 2019/2020 wird die Kanzlei in der Rubrik Konfliktlösung - Dispute Resolution, gesellschaftsrechtliche Streitigkeiten besonders empfohlen für den Bereich Kapitalanlageprozesse (Anleger). Die Gesellschafter Dr. Ralf Stoll und Ralph Sauer führten in der RUSS Litigation Rechtsanwaltsgesellschaft mbH für den Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) außerdem die Musterfeststellungsklage gegen die Volkswagen AG, handelten einen 830-Millionen-Vergleich aus und schrieben mit Abschluss des Verfahrens am 30. April 2020 Rechtsgeschichte. Im JUVE Handbuch 2019/2020 wird die Kanzlei für ihre Kompetenz beim Management von Massenverfahren als marktprägend erwähnt.