Erster Iveco-Rückruf zum Abgasskandal und seine Folgen
Der Rückruf vom 5. Februar 2021 mit der KBA-Nummer 010493 versetzt Wohnmobil-Inhaber unter Schock. „Durch eine ungeeignete Software können Störungen auftreten, durch die sich die Verringerung von Stickoxiden gegebenenfalls verschlechtert“, heißt es verklausuliert im KBA-Deutsch. Und übersetzt: Die Fahrzeuge stoßen erhöhte Mengen gesundheitsschädlicher Stickoxide aus. Letztlich erhärtet der Rückruf aus Sicht der Verbraucherkanzlei Dr. Stoll & Sauer den Verdacht der Abgasmanipulation gegen Iveco. „Der Datensatz der Motorsteuerung soll aktualisiert werden“, heißt es weiter im Rückruf. Letztlich muss ein Software-Update aufgespielt werden. Und auch hier liegt es auf der Hand, dass bei dem Software-Update eine illegale Abschalteinrichtung entfernt werden soll. Betroffen von dem behördlich noch nicht verpflichtenden Rückruf ist der Transporter Daily von Iveco der Baujahre 2015 bis 2019. Weltweit sind 20085 Fahrzeuge auf den Straßen unterwegs – 872 davon in Deutschland. Das KBA untersucht derzeit, ob es den Rückruf auch überwachen will.
Der Fall VW hat gezeigt, dass Software-Updates mit negativen Folgen für den Motor einhergehen. Die Leistung lässt merklich nach, und der Spritverbrauch steigt deutlich an. Solange Verbraucher keine Aufforderung direkt vom KBA erhalten, eine Werkstatt zum Software-Update aufzusuchen, muss niemand der freiwilligen Rückruf-Aktion nachkommen. Die Kanzlei Dr. Stoll & Sauer rät jedoch betroffenen Käufern des Daily Händler und Hersteller zügig auf Schadensersatz zu verklagen. Denn ein solch weicher Rückruf des KBA ist oft die Vorstufe zum verpflichtenden Rückruf mit dem Risiko einer Stilllegung des Fahrzeugs, wenn der Halter dem Rückruf nicht Folge leistet. Und die Chancen vor Gericht, Ansprüche gegen Iveco durchzusetzen, stehen gut. Das Landgericht Koblenz hat am 1. März 2021 FCA erstmals in Deutschland aufgrund vorsätzlicher und sittenwidriger Schädigung eines Verbrauchers verurteilt (Az. 12 O 316/20).
Welche Iveco-Motoren und Wohnmobile sind betroffen?
Wie der Autokonzern FCA hat auch Iveco einen ausgewachsenen Diesel-Abgasskandal. Ganz offensichtlich wurde die Abgasreinigung in Motoren so manipuliert, dass die EU-Grenzwerte nur auf dem Prüfstand eingehalten werden. Darüber hinaus verkaufen Fiat und Iveco Fahrgestelle und Motoren an Herstellern von Reise- und Wohnmobilen. Damit hält der Diesel-Abgasskandal Einzug in eine gerade durch die Corona-Pandemie boomende Branche. Iveco gehört zu CNH. CNH wiederum gehört wie FCA zur Holdinggesellschaft Exor. Die Fiat-Gründerfamilie Agnelli hat die Mehrheit bei Exor. Hier wichtige Fakten zum Skandal bei Iveco:
- Durch den KBA-Rückruf ist der Transporter Daily VI betroffen. Das Dieselmodell gibt es mit 2,3- und 3,0l-Motor und 78 und 150 kW.
- Die Staatsanwaltschaft Frankfurt ermittelt im Abgasskandal von Fiat-Chrysler und Iveco unter anderem auch gegen Motoren der sogenannten Light-Duty- / Heavy-Duty-Reihe, die in Kraftfahrzeugen der Marken Fiat und Iveco verbaut und mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung versehen worden sein sollen:
110 Multijet F1AE3481G
115 Multijet 250A1000
150 Multijet F1AE3481D
180 Multijet F1CE3481E - Iveco steht insgesamt unter Verdacht bei den drei Modellen Daily Hi-Matic, Daily 4X4 und Eurocargo illegale Abschalteinrichtungen zu verwenden.
Biomobil
Bocklet
Carthago
Concorde
Dethleffs
Dopfer
Form IT
Kerkamm
Laika
Morelo
Niesmann Bischoff
Notin
Pilote
Phoenix
Protec
Swift
Woelcke
Warum sollten Verbraucher im Iveco-Skandal keine Zeit verlieren?
Der VW-Skandal hat für die Kanzlei Dr. Stoll & Sauer gezeigt, dass die Autobauer immer auf Zeit spielen und hoffen, dass möglichst viele Fälle verjähren und sich der zu zahlende Schadensersatz in Grenzen hält. Das betrifft Motoren- und Fahrzeughersteller sowie auch die Händler. Gemeinsam bilden sie eine starke Gemeinschaft gegen den einzelnen Verbraucher. Der sollte sich von einer spezialisierten Kanzlei anwaltlich beraten lassen. Nur gemeinsam können die Verbraucher der Industrie die Stirn bieten. Von der Politik und dem KBA ist nichts zu erwarten. Deshalb rät die Kanzlei Dr. Stoll & Sauer bei Fiat Chrysler und Iveco zur Eile. Denn seit 2016 ist Behörden bekannt, dass der Autobauer Fiat-Chrysler es mit der Wahrheit bei der Abgasreinigung nicht genau nimmt. Was ist bei der Verjährung zu beachten?
- Wenn Verbraucher noch innerhalb der zweijährigen Gewährleistungsfrist nach Übergabe des Fahrzeugs sind, müssen sie sofort handeln, weil die Ansprüche gegen den Händler ansonsten verjähren. Da ist nach zwei Jahren ab Kauf die Möglichkeit eines juristischen Vorgehens vorbei. Ist die Gewährleistung abgelaufen, besteht natürlich die Möglichkeit gegen FCA und Iveco juristisch vorzugehen.
- Bei den Ansprüchen gegen Hersteller ist die Situation etwas komplizierter. Denn die Verjährung tritt kenntnisabhängig ein. Was heißt das? Ein Gericht prüft, ob der klagende Verbraucher möglicherweise hätte Kenntnis haben müssen. Es spielt dabei keine Rolle, ob der Verbraucher von der Manipulation tatsächlich gewusst hatte. Bereits 2018 wurde eingehend in den Medien von der Manipulation an Fiat-Motoren berichtet. Ein Gericht kann aufgrund der umfassenden Berichterstattung im Abgasskandal annehmen, dass der Kläger spätestens zu diesem Zeitpunkt hätte Kenntnis haben müssen. Dann würden die Ansprüche Ende 2021 verjähren. Daher der Rat: Verbraucher sollten nicht weiter abwarten und ihre Ansprüche dringend geltend machen. Wie sich die Situation bei Iveco verhält, ist ebenso unklar.
- Abwarten ist daher keine Option. Stoll & Sauer rät den betroffenen Verbrauchern dazu, sich anwaltlich beraten zu lassen. Im kostenfreien Online-Check der Kanzlei lässt sich der richtige Weg aus dem Diesel-Abgasskandal herausfinden. Die Fälle werden individuell geprüft, ehe man sich auf ein gemeinsames Vorgehen gegen den Autobauer einigt.
Im Abgasskandal hat nicht nur Iveco erfasst, sondern vor allem Fiat Chrysler. Hierbei ist schon mehr ans Tageslicht gekommen wie bei Iveco. Das Bundesverkehrsministerium hat aktiv eingegriffen und dafür gesorgt, dass manipulierte Motoren in Reise- und Wohnmobilen auf deutschen Straßen fahren dürfen. Hier liegt nach Ansicht der Kanzlei Dr. Stoll & Sauer ein klarer Fall von Staatshaftung vor. FCA und Iveco manipulieren mit ihren Motoren die Abgasreinigung und haben an die Verbraucher minderwertige Fahrzeuge verkauft. Hier Fakten, was im Skandal alles bekannt und geschehen ist und wie unverfroren KBA und Verkehrsministerium die Hände in den Schoß gelegt haben, obwohl europäisches Recht gebrochen worden ist. Durch die Verbindung zu Fiat-Chrysler über die Holdinggesellschaft Exor ist der Skandal auch auf Iveco übertragbar:
- In den USA klagten bereits 2015 Investoren wegen angeblich irreführender Angaben zu Dieselabgasen gegen FCA. Erst im April 2019 einigte sich Fiat Chrysler im Rechtsstreit mit US-Anlegern auf einen Vergleich. Der Autokonzern akzeptierte eine Zahlung von 110 Millionen Dollar (98 Millionen Euro).
- Im Frühjahr 2016 ließ die Deutsche Umwelthilfe (DUH) im Zuge des Diesel-Abgasskandals vom VW auch die Abgaswerte von Fahrzeugen anderer Hersteller überprüfen. Der Fiat 500X Euro 6 sprengte laut einer Mitteilung vom 9. Februar 2016 mit 1777 mg/km Stickoxid bei einer Untersuchung durch die Berner Hochschule alle Normen. Euro 6 erlaubt einen Ausstoß von 80 mg/km Stickoxid.
- Das von der DUH informierte Kraftfahrt-Bundesamt überprüfte nun ebenfalls Fiat-Fahrzeuge. Im April 2016 fiel neben dem Fiat 500X auch der Fiat Ducato Euro 5 negativ auf. Das KBA stellte klar, dass das System der Abgasrückführung (AGR) in seiner Wirksamkeit reduziert arbeitet. Das ist letztlich eine Beschreibung für das Vorhandensein einer unzulässigen Abschalteinrichtung. Der Ducato dient als Basisfahrzeug für die Reise- und Wohnmobilbranche.
- Wenig später informierte die Bosch GmbH das Bundesverkehrsministerium darüber, dass der Autozulieferer an Fiat unzulässige Abschalteinrichtungen geliefert hatte. Bosch war im Zuge der Untersuchungen zum VW-Abgasskandals ins Visier der Ermittler geraten und packte in einem Gespräch am 14. April 2016 beim KBA gegen Fiat aus.
- Im Mai 2016 forderte das KBA Fiat und die italienische Zulassungsbehörde dazu auf, Maßnahmen zu ergreifen, um sicherzustellen, dass die hergestellten Fahrzeuge mit dem genehmigten Typ in Übereinstimmung gebracht werden. Für die italienische Behörde besteht jedoch bis heute kein Handlungsbedarf.
- Das KBA beabsichtigte, die Typengenehmigung für Reise- und Wohnmobile mit Fiat-Motoren zu verweigern. Am 25. Mai 2016 intervenierte die Geschäftsleitung von Knaus Tabbert brieflich beim damaligen CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer und bittet um eine Lösung des Problems. Der wandte sich am 3. Juni 2016 per Mail an den damaligen Bundesverkehrsminister und Parteifreund Alexander Dobrindt. Am 14. Juni 2016 wurde das KBA gestoppt und die Reise- und Wohnmobile erhielten wieder eine Genehmigung. Die deutschen Hersteller sollten keine Nachteile durch eine Fahrzeugtechnik erleiden, die sie nicht zu verantworten hatten.
- Am 31. August 2015 informierte das Bundesverkehrsministerium die EU-Kommission über die Ergebnisse des KBA.
- Im Mai 2017 leitete die EU-Kommission aufgrund des Fiat 500X ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die italienische Regierung ein.
- 2017 begannen Ermittlungen in den USA gegen den Konzern. Die US-Umweltbehörde EPA fand acht Abschalteinrichtungen in Fahrzeugen mit Fiat-Motoren. Am 22. Mai 2017 reichte die US-Justizbehörde für die EPA Klage gegen FCA ein. Fiat stritt jedoch ab, die Dieselfahrzeuge manipuliert zu haben. Um die Klage und eine weitere des Bundesstaats Kalifornien beizulegen, zahlte FCA im Januar 2019 mehr als 500 Millionen Dollar (434 Millionen Euro). Zudem musste FCA rund 300 Millionen Dollar für Entschädigungen von US-Autobesitzern sowie Rückrufe und Reparaturen von Dieselwagen bezahlen. Der mitangeklagte deutsche Zulieferer Bosch sollte bis zu 27,5 Millionen Dollar zahlen.
- Am 17. Mai 2018 reichte die EU-Kommission vor dem EuGH Klage unter anderem gegen Italien ein. Deutschland, Italien, Luxemburg und das Vereinigte Königreich sollen die EU-Vorschriften für die Typgenehmigung von Fahrzeugen missachtet haben.
- Am 22. Juli 2020 kam es durch die Staatsanwaltschaft Frankfurt zu Durchsuchungen von Büroräumen bei FCA in Deutschland, Italien und der Schweiz. Die Staatsanwaltschaft Frankfurt ermittelt gegen den Konzern wegen Betrugs. Betroffen sind Multijetmotoren der Abgasnormen Euro 5 und 6 der Baujahre 2014 bis 2019. Der seit 2016 schwelende Diesel-Abgasskandal kochte in Deutschland wieder hoch. Es geht um den Verdacht des Betrugs im großen Stil.
- Die Staatsanwaltschaft Frankfurt bestätigt auf der Webseite des Polizeipräsidiums Hessen, dass gegen Fiat Chrysler wegen Motoren mit den Abgasnormen Euro 5 und Euro 6 ermittelt wird. Das Jahr spielt offensichtlich keine Rolle mehr. „Neuere Fahrzeuge, die die Abgasnorm EUR 6dTemp erfüllen, sind nicht Bestandteil der (…) Ermittlungen“, heißt es auf der Website.
- Das Landgericht Koblenz hat am 1. März 2021 FCA erstmals in Deutschland aufgrund vorsätzlicher und sittenwidriger Schädigung eines Verbrauchers verurteilt (Az. 12 O 316/20).