Im April 2013 erwarb der Kläger in einem Autohaus in Flensburg einen Pkw VW Tiguan LIFE 4Motion BM Technologie 2.0 TDI zum Gesamtpreis von 32.550 Euro. Da der Motor EA189 mit einer manipulativen Abschaltvorrichtung ausgerüstet war, forderte der Kläger im Juni 2018 die Rücknahme des Autos und die Rückerstattung des Kaufpreises. Das Landgericht folgte nun in erster Instanz dem Antrag des Klägers. Volkswagen sei gemäß § 826 BGB zum Schadensersatz verpflichtet. Nach dieser Vorschrift ist zum Schadensersatz verpflichtet, wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenen Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt. Der im Fahrzeug des Klägers eingebaute Motor verfügte nach Ansicht des Gerichts beim Kauf über eine unzulässige Abschalteinrichtung, die den EU-Normen nicht entsprach. Das Indenverkehrbringen von Motoren, die über eine unzulässige Abschaltrichtung verfügen, ist im hohen Maße sittenwidrig und verwerflich, urteilte das Landgericht Kiel weiter. VW ging es nach Ansicht des Gerichts alleine darum, den Absatz ihrer strittigen Motoren zu steigern. Die Beklagte hat hier vorsätzlich ein gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstoßendes, unanständig gesteigertes Gewinnstreben an den Tag gelegt, welches nur als im hohen Maße verwerflich und sittenwidrig eingestuft werden kann. Dadurch hat der Kläger Schaden erlitten. Es bestand zumindest latent die Gefahr einer Betriebsuntersagung oder -beschränkung.
Das Gericht wertet das Vorgehen von Volkswagen als Betrug. Einen Betrug im Sinne des § 263 Abs. 1 StGB begeht, wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, vorsätzlich das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, dass er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält. VW habe mit seinen Manipulationen am Motor den Kläger über Tatsachen getäuscht, um sich einen Vermögensvorteil zu verschaffen. Die Autobauer handelte vorsätzlich und in Fremdbereichungs- und Eigenbereicherungsabsicht. Eine Nutzungsentschädigung sei deshalb nicht zu zahlen.
Im Rahmen des Schadensersatzrechtes wird in der Regel eine Nutzungsentschädigung zugesprochen, wenn eine Vorteilsausgleichung vorzunehmen ist. Diese muss dem Zweck des Schadensersatzes entsprechen, das heißt sie darf den Geschädigten nicht unzumutbar belasten und den Schädiger nicht unbillig. Beide Voraussetzungen sieht das Gericht im Fall jedoch nicht gegeben. Der Kläger ist zwar mit dem Fahrzeug gefahren. Er hat es damit genutzt. Die Nutzung eines mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung versehenen Fahrzeuges kann allerdings jederzeit untersagt werden. Die Beklagte hat sich durch das in den Verkehr bringen eines Motors mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung grob sittenwidrig und verwerflich verhalten. Wenn jetzt der Kläger eine Nutzungsentschädigung an die Beklagte zu entrichten hätte, würde dies zum Ergebnis darauf hinauslaufen, dass der Kläger Miete für ein Fahrzeug zahlen müsste, welches durch das sittenwidrige Verhalten der Beklagten in den Verkehr gebracht worden ist. „Damit würde die Beklagte im Ergebnis einen geldwerten Vorteil aus ihrem sittenwidrigen Verhalten ziehen. Ein solches Ergebnis ist nicht hinnehmbar“, heißt es in dem Urteil. „Die von der Beklagten entwickelte kriminelle Energie würde mit einem erheblichen geldwerten Vorteil für die Beklagte honoriert werden. Dies wäre eine deutlich unbillige Begünstigung. Außerdem wollte der Kläger das Fahrzeug kaufen und nicht mieten.“ (rig)