Glücksspiel: OLG Thüringen sieht beste Erfolgsaussichten bei Klagen
Erlittene Verluste in Online-Casinos können derzeit leicht unter bestimmten Voraussetzungen wieder zurückgeholt werden. Die Rechtsprechung ist aktuell auf Seiten der geschädigten Verbraucher. Wegweisend bei dieser Entwicklung war das Oberlandesgericht Frankfurt mit seinem Hinweisbeschluss vom 4. April 2022. Ein Online-Casino habe keinen Anspruch auf das Geld der Spieler, so das Gericht (Az.: 23 U 55/21). Allerdings haben die Betroffenen kaum finanziellen Spielraum, ihre Verluste vor Gericht zurückzuholen. Entweder benötigen sie einen Prozessfinanzierer oder beantragen beim Staat Prozesskostenhilfe. Hier haben sich bereits mehrere Berufungsinstanzen auf die Seite der Spieler geschlagen und die Hilfe gewährt. Der Beschluss des Oberlandesgerichts Thüringen unterstreicht die aktuelle Rechtsauffassung eindrucksvoll:
- Ein Spieler hatte rund 54.000 Euro in Online-Casinos verzockt. Am Landgericht Meiningen wurde seine Klage auf Gewährung von Prozesskostenhilfe abgelehnt. Schließlich sei aus Funk und Fernsehen bekannt, dass Online-Glücksspiel in Deutschland verboten gewesen sei und nur in Schleswig-Holstein erlaubt. Es sei außerdem lebensfremd anzunehmen, dass ein Spieler nichts davon wusste, dass er illegal zocke. Jetzt die Verluste wieder zurückzufordern und sich dabei auf die Illegalität des Glücksspieles zu stützen, wertete das Landgericht eindeutig als rechtsmissbräuchlich. Gewinn und Verlust gehören zum Glücksspiel dazu. Das Gericht sah deshalb auch keine Erfolgsaussichten der Klage, weil der Spieler dem Gericht glaubhaft machen müsse, zum Zeitpunkt des Spielens nichts von der Illegalität gewusst zu haben.
- Das Oberlandesgericht Thüringen folgte der ersten Instanz nicht und gewährte dem Spieler die Prozesskostenhilfe. Die Erfolgsaussichten bewertete das Gericht durchweg positiv.
- Dem Kläger könne nicht einfach unterstellt werden, dass er von der Illegalität des Online-Glücksspiels gewusst habe. War zu erkennen, dass der Anbieter ohne gültige Lizenz auf dem deutschen Markt agierte? Und dass das Glücksspiel unerlaubt im deutschen Internet angeboten wurde, falle dem Anbieter zur Last. Die Klage habe daher ausreichende Erfolgsaussichten.
- Da der Spieler momentan auch nicht in der Lage ist die Prozesskostenhilfe in Raten zurückzuzahlen, wurde ihm ratenfreie Prozesskostenhilfe genehmigt. So ist es ihm möglich, auch völlig mittellos zu seinem Recht zu kommen.
- Die Angebote der Online-Casinos verstießen gegen geltendes Recht. Bis zum 30. Juni 2021 war Online-Glücksspiel in Deutschland bis auf wenige Ausnahmen verboten. Der Vertrag zwischen Verbraucher und Anbieter ist nichtig und nie zustande gekommen. Verbraucher haben daher Anspruch auf die komplette Rückerstattung ihrer Verluste – natürlich nach Abzug ihrer Gewinne.
- Der Rückzahlungsanspruch ist nur dann zu verwehren, wenn Spieler von der Illegalität des Online-Glücksspiels gewusst hätten. Das verklagte Online-Casino muss diesen Zusammenhang dem Spieler nachweisen. Für die Allgemeinheit ist aus Sicht vieler Gerichte jedoch nicht bekannt, dass Online-Glücksspiele verboten gewesen sei.
- Manche Anbieter von Online-Glücksspielen verlangen von Spielern, dass sie sich selbst vor dem Zocken über die Rechtslage in ihrem Land informieren. Das OLG Frankfurt wies süffisant darauf hin, dass die Anbieter von Online-Glücksspielen selbst die Meinung vertreten, vollkommen legal zu handeln. Da passe es nicht, wenn sie dem Spieler unterstellen, dass er über die Illegalität informiert gewesen sein müsste.
- Sicherlich haben auch die Spieler gegen das Glücksspielverbot verstoßen. Allerdings gehen die Gerichte in den meisten Fällen davon aus, dass sie von dem Verbot nichts gewusst haben. Der Glücksspielanbieter jedoch schon. Er muss sich dieses Verstoßes bewusst gewesen sein und ihn trotzdem gewollt haben. Der Schutzzweck des Verbotes würde aus Sicht der Gerichte ad absurdum geführt, wenn der Anbieter den Einsatz des Spielers behalten könnte.
Interessanterweise sind die meisten Online-Casinos auch aktuell noch ohne gültige Lizenz unterwegs, fand das Nachrichtenmagazin Der Spiegel heraus. Daher ist es für Verbraucher auch nach dem 1. Juli 2021 interessant zu prüfen, ob die Casinos illegal gearbeitet haben. Falls das so ist, können Ansprüche auf die Rückgabe der Verluste bestehen. Wichtig dabei: Die Geschädigten dürfen vorher von der Illegalität des Online-Casinos nichts gewusst haben. Die Betreiber müssen vor Gericht den Nachweis über eine mögliche Kenntnis des Spielers führen.
Das vorliegende Urteil und die Entwicklungen der vergangenen Monate zeigen deutlich, wie gut die Chancen der Verbraucher stehen, verlorenes Geld wieder von den Online-Casinos zurückzuholen. Allerdings funktioniert das nur auf gerichtlichem Weg. In außergerichtlichen Verfahren stellen sich die Casinos taub. Da die Rechtschutzversicherer keine Deckung für solche Verfahren übernehmen, ist es für Opfer der Glücksspiel-Abzocke schwierig ihr Geld gerichtlich einzuklagen. Die Kanzlei Dr. Stoll & Sauer bietet deshalb den von der Glücksspiel-Abzocke Betroffenen eine Finanzierung der Prozesskosten mit Hilfe eines Dienstleisters an. Der Finanzierer springt ab einer Schadenshöhe von 8000 Euro ein. Mandanten entstehen dadurch keine Kosten.
Weitere Infos hier: https://www.dr-stoll-kollegen.de/online-casino-geld-zurueck