Daher rät Dr. Stoll & Sauer betroffenen Verbrauchern weiter dazu, sich anwaltlich beraten zu lassen. Das betrifft gerade Kunden, die ihr Fahrzeug nach dem Aufdecken des Abgasskandals im September 2015 erworben haben. Zudem ist bis heute nichts verjährt. Die Kanzlei weist daraufhin, dass nach § 852 BGB eine zehnjährige Verjährungsfrist gilt. Dr. Stoll & Sauer gehört zu den führenden Kanzleien im Diesel-Abgasskandal und bietet Verbrauchern einen kostenfreien Online-Check an. Die Inhaber haben den Verbraucherzentrale Bundesverband in der Musterfeststellungsklage gegen VW vertreten, einen 830-Millionen-Euro-Vergleich ausverhandelt und deutsche Rechtsgeschichte geschrieben.
Software-Update am EA189 ist laut Gericht illegales Thermofenster
Das Landgericht Dortmund hat im vorliegenden Fall mit Urteil vom 28. August 2020 (Az. 4 0 53/20) ein neues Kapitel im ersten Diesel-Abgasskandal geschrieben. Die Kanzlei Dr. Stoll & Sauer fasst die wichtigsten Fakten zum Urteil zusammen und weist auf Entwicklungen am Europäischen Gerichtshof (EuGH) hin:
- Der Kläger hatte seinen Audi A4 im Juli 2016 für 990 Euro erworben. Im Dieselmotor EA189 ist durch das Software-Update eine illegale Abschalteinrichtung aufgespielt worden. Audi hat den Verbraucher vorsätzlich und sittenwidrig getäuscht. Daher wird Audi aufgrund § 826 BGB für alle Schäden, die durch das Update am Fahrzeug entstehen haftbar gemacht. Dem Kläger steht daher Schadensersatz zu.
- Auch nach dem Aufspielen des Updates hat das Fahrzeug die Grenzwerte bei der Abgasreinigung nicht einhalten können. Das hat die Deutsche Umwelthilfe mit Untersuchungen zum Software-Update nachgewiesen. Das Update ist ein „Thermofenster“.
- Mit dem sogenannten „Thermofenster“ wird die Abgasnachbehandlung außerhalb eines Temperaturfensters von 17 °C bis 33 °C reduziert. Letztlich funktioniert die Abgasreinigung deshalb nur an wenigen Monaten im Jahr. Im Hinblick auf Art. 3 Nr. 10 VO (EG) Nr. 715/2007 sah das Gericht keine Notwendigkeit für den Einbau eines Thermofensters, um den Motor vor Beschädigung oder Unfall zu schützen und um den sicheren Betrieb des Fahrzeugs zu gewährleisten.
- Audi, so das Gericht, ist im Verfahren seiner sekundären Darlegungslast nicht nachgekommen und hat sich weder zur genauen Ausgestaltung noch zur Erforderlichkeit des Thermofensters geäußert.
- Weitere Ansprüche im Hinblick auf die erste unzulässige Abschalteinrichtung am Motor EA189 wies das Gericht jedoch zurück. „Der Kläger hatte das Fahrzeug erst im Juli 2016 erworben. Insoweit fehlt es aber nach der Rechtsprechung des BGH ab dem 22.09.2015 an der erforderlichen Sittenwidrigkeit, weil die Beklagte mit der Problematik zu diesem Zeitpunkt hinreichend in die Öffentlichkeit gegangen war,“ betonte das Gericht.
- Durch das Aufspielen des Software-Updates ist ein neuer Tatbestand entstanden. Zu dieser Problematik hatte sich der BGH in seinen vier Urteilen zum VW-Skandal nicht geäußert. Auch zur Verjährung sagten die Richter nichts.
- Am EuGH in Luxemburg sind am 30. April 2020 in einem Gutachten zum Diesel-Abgasskandal von VW temperaturabhängige Abschalteinrichtungen wie das Thermofenster als unzulässig eingestuft worden. Mit einem richtungsweisenden Urteil wird noch in diesem Jahr gerechnet.
- Besonders spannend erweist sich auch die EuGH-Vorlage des Verwaltungsgerichts Schleswig ( 3 A 113/18). Hier geht es letztlich um die Zulässigkeit des Software-Updates, das Volkswagen in vom Diesel-Abgasskandal betroffenen Fahrzeuge mit dem Motor EA 189 aufgespielt hat. Das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) hatte am 20. Juni 2016 dem Update seinen Segen gegeben. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) reichte gegen den Zulassungsbescheid Klage ein, weil sie das Update weiterhin für eine illegale Manipulation hält. Das VG Schleswig reichte das Verfahren zum EuGH weiter.
Als der erste Diesel-Abgasskandal von VW im Herbst 2015 von den USA nach Europa herüberschwappte, sahen Politik und selbst Verbraucherschützer kaum Chancen, den Autobauer für seine Tricksereien haftbar zu machen. Die Kanzlei Dr. Stoll & Sauer war die erste Sozietät, die bereits am 6. Oktober 2015 die erste Klage im Diesel-Abgasskandal gegen VW einreichte, und damit den Weg zur Musterfeststellungsklage und zum ersten Urteil vor dem BGH ebnete. Die Rechtsprechung hat sich seither erheblich zugunsten der Verbraucher gedreht. Am 25. Mai 2020 verurteilte der Bundesgerichtshof VW erstmals in letzter Instanz wegen vorsätzlicher und sittenwidriger Schädigung (Az.: VI ZR 252/19). Doch damit ist die juristische Aufarbeitung des Abgasskandals noch lange nicht zu Ende:
- Das Landgericht Dortmund hat erstmals das Software-Update von VW zum EA189 für unzulässig erklärt.
- Am EuGH in Luxemburg sind am 30. April 2020 in einem Gutachten temperaturabhängige Abschalteinrichtungen als unzulässig eingestuft worden.
- In den neuen Motorengenerationen von VW EA 288 und EA897 und EA896 sollen unter anderem sogenannte Thermofenster verbaut worden sein. Das hat VW zumindest beim EA288 am Landgericht Duisburg Die Kanzlei Dr. Stoll & Sauer hat dazu vor dem Landgericht Offenburg ein erstes verbraucherfreundliches Urteil errungen (Az. 4 O 106/19) und so Dieselgate 2.0 angestoßen.
- In den Motoren der Daimler AG sollen auch solche Thermofenster zum Einsatz gekommen sein. Zahlreiche Gerichte verurteilen daher Daimler wegen vorsätzlicher und sittenwidriger Täuschung zur Zahlung von Schadensersatz. Auch ruft das KBA vermehrt Mercedes-Modelle verpflichtend zurück. Die Behörde hat unzulässige Abschalteinrichtungen in den Motoren entdeckt.
- Der Abgasskandal erfasst mittlerweile auch Benzinmotoren. In einem Gutachten vor dem Offenburger Landgericht hat sich der Verdacht erhärtet, dass in einem Audi Q5 TFSI 2.0 Euro 6 mit Hilfe des Lenkrades die Abgasreinigung manipuliert wird. Das KBA hat auf Drängen der Kanzlei Dr. Stoll & Sauer die Ermittlungen gegen Audi aufgenommen.
- Im Diesel-Abgasskandal steckt auch das VW-Tochterunternehmen Porsche mitten drin. Die Vorwürfe: Manipulationen am Abgassystem und falsche Angaben bei den Verbrauchswerten. Und jetzt hat es zusätzlich Benziner-Modelle des Sportwagenherstellers erwischt. Das KBA ermittelt nach Medienberichten vom 23. August 2020 gegen Porsche. Der Autobauer soll nach der Typengenehmigung Abgasanlage und Motorenkomponenten verändert – sprich frisiert – haben.
- Der Automobilhersteller Fiat-Chrysler ist in den Fokus des Diesel-Abgasskandals gerückt. Ermittler aus Deutschland, Italien und der Schweiz haben am 22. Juli 2020 unter anderem mehrere Standorte von Fiat durchsucht. Es geht laut Staatsanwaltschaft Frankfurt um den Verdacht, dass in Diesel-Motoren von Fiat bei der Abgasreinigung mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung getrickst worden ist. Da zum Fiat-Imperium auch Iveco gehört, ist der Reise- und Wohnmobilmarkt betroffen. Iveco liefert Motoren an namhafte Hersteller.