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Spannende Tatsachen, ein dringendes Telegramm, Kraken-Alarm und eine mysteriöse Botschaft - Fünf E-Books von Freitag bis Freitag zum Sonderpreis

(lifePR) (Pinnow, )
Rund 40 Bücher mit einer Gesamtauflage von fast sechs Millionen Exemplaren hat der in der vergangenen Woche in Ahrenshoop nur wenige Tage vor seinem 90. Geburtstag verstorbene Schriftsteller Wolfgang Schreyer zwischen 1952 und 2016 geschrieben. Dazu gehören auch die beiden ersten der fünf Deals der Woche, die im E-Book-Shop www.edition-digital.de eine Woche lang (Freitag, 24.11.17 – Freitag, 01.12.17) zu jeweils stark reduzierten Preisen zu haben sind. Auch diese beiden Titel belegen das besondere Kennzeichen seines Schreibens: spannend und auf hervorragend recherchierten Tatsachen beruhend, spannende Tatsachen eben. Das trifft auch auf „Entscheidung an der Weichsel“ von 1960 und auf „Preludio 11“ von 1964 zu. Das erneute oder erstmalige Lesen lohnt sich. Und „Preludio 11“ kann man sich, wenn man will, sogar ansehen, gehört es doch zu den nicht wenigen Schreyer-Romanen, die auch verfilmt wurden. Der deutsch-kubanische Spionagefilm ist inzwischen auch auf DVD erschienen.

Auch die drei anderen Angebote dieses Newsletters von Max Walter Schulz, Carlos Rasch und Hardy Manthey sind jeweils auf ihre Art spannend erzählt, berichten wie bei Schulz von Geschehnissen, die mit dem zweiten Weltkrieg zu tun haben, sowie bei Rasch von der Zukunft und bei Manthey von einer geheimnisvollen Zeitreisenden, die ein ganz bestimmtes, aber nur sehr schwer zu erreichendes Ziel verfolgt. Ob sie es diesmal schafft?

Erstmals 1960 veröffentlichte Wolfgang Schreyer im Verlag des Ministeriums für Nationale Verteidigung der DDR in Berlin seinen Dokumentarbericht über Vorgeschichte und Verlauf des Warschauer Aufstandes „Entscheidung an der Weichsel“: Wolfgang Schreyers erstmals 1954 erschienener Roman „Unternehmen Thunderstorm“ war 17 Jahre lang im Buchhandel erhältlich, insgesamt wurden 200.000 Stück verkauft. In seinem autobiografischen Roman „Der zweite Mann“ schrieb er: „Jede mir zugängliche Quelle, jeden erreichbaren Zeitzeugen befrage ich, sitze in Lesesälen, zapfe aus Ost und West alles an, bis sich ein Bild formt in mir ... Am Triumph nagt nur ein Zweifel: Trifft die Deutung des Geschehens, der ich gefolgt bin, auch restlos zu? Hätte die Rote Armee zwar nicht im August, aber vielleicht doch im September 1944 Warschau nehmen und die letzten Aufständischen retten können?“ Die Rechercheergebnisse zu seinem Roman wurden in dem 1960 beim Verlag des Ministeriums der Nationalen Verteidigung erschienen Sachbuch exakt, verständlich und gut lesbar dargestellt. Das Buch schildert den Warschauer Aufstand, wie er war; es verschweigt nichts. Der Autor enthüllt die Methoden internationaler Spionagedienste, beschreibt das von den Engländern geplante militärische Großunternehmen im Detail, die Rolle der Generale, Konzerndirektoren und Diplomaten, die Gräueltaten der SS, Verhandlungen in Moskau ebenso wie Operationen der Roten Armee.

Seinem Buch hatte Wolfgang Schreyer eine aufschlussreiche Vorbemerkung vorangestellt, in der er sein Vorhaben erklärte:

„Die Leser des Romans „Unternehmen Thunderstorm“ mögen sich fragen, weshalb der Verfasser dieses Buches heute jene Vorgänge wiederum aufgreift und sie in der vorliegenden Form darstellt. Ihm ging es darum, verlogenen Schilderungen, wie sie besonders vom westdeutschen Rundfunk und in Westillustrierten beharrlich verbreitet werden, erneut entgegenzutreten: Diesmal unter Verzicht auf jede erfundene Einzelheit oder romanhafte Episode, an Hand unwiderlegbarer Dokumente. Auch ist in den sechs Jahren, die seit der Niederschrift des Buches verstrichen sind, von polnischer Seite viel neues Tatsachenmaterial veröffentlicht worden, mit dem er, um das früher gegebene Bild zu ergänzen, seine Leser bekannt machen möchte.
W. S. 1960

Eine Stadt widersteht
Im Morgengrauen des 1. September 1939 drang die Wehrmacht in Polen ein. Der zangenförmige Grenzverlauf ermöglichte ihr einen Umfassungsangriff, wie zuvor im Falle der Tschechoslowakei. Deutsche Soldaten, zu Revanche und Völkerhass erzogen und durch monatelange Hetzpropaganda aufgeputscht, zerbrachen triumphierend Zollschranken, stürzten Grenzpfähle um und überfluteten nun auch dieses Nachbarland.

Auf die Untätigkeit der Westmächte bauend, setzten Hitlers Generale die Masse ihrer aktiven Verbände und alle motorisierten Truppen im Osten ein. So hatte die nagelneue Kriegsmaschine des deutschen Imperialismus leichtes Spiel: 58 faschistische Divisionen warfen sich auf 32 polnische, 2000 moderne Flugzeuge zerfetzten 900 veraltete, Panzer mähten Kavallerie nieder. Von England und Frankreich völlig im Stich gelassen, ging Polens Armee nach tapferer Gegenwehr unter. Die Goebbelspropaganda höhnte: „Mit Mann und Ross und Wogen, hat sie der Herr geschlagen.“

Hitlers Blitzsieg schien vollkommen. Denn rascher noch als die Armee zerfiel der polnische Staat. Schon am 6. September floh die reaktionäre Regierung, an ihrer Spitze Marschall Rydz-Smigly, aus der Hauptstadt. Fünf Jahre hindurch hatte sie mit Nazideutschland Freundschaft gepflegt, im März 1939 noch an der Zerstückelung der Tschechoslowakei teilgenommen - nun entwich sie mitsamt dem Goldschatz über die rumänische Grenze.

Am 8. September erreichte die Vorhut der 10. Armee, das Panzerkorps Hoepner, den Südwestrand Warschaus. Sie griff aus dem Marsch heraus an. Ihr Versuch aber, quer durch die Arbeitervorstadt Ochota ins Zentrum zu stoßen, scheiterte am Widerstand von Garnison und Bevölkerung. Die Warschauer rissen das Pflaster auf, stürzten Straßenbahnwagen um, schossen aus Kellern und Dachluken. Dutzende Panzer blieben auf der Strecke, der Rest machte kehrt. Die Wehrmacht biss auf Granit. Drei Wochen lang hielten die Verteidiger aus, eingekreist und ohne Hoffnung. Ihr Heldenkampf reizte die Nazigenerale zum ersten brutalen Zerstörungswerk des Zweiten Weltkriegs. Sie ließen Warschau erbarmungslos bombardieren - wie bald darauf Rotterdam, London und Belgrad. Die brennende Stadt behauptete sich bis zum 28. September; dann erlag sie der Übermacht. Und über die Ujazdowska-Allee, über den trümmerbedeckten Pilsudskiplatz, auf dem inmitten seiner Generale Hitler stand, knallten faschistische Paradestiefel.

„Das Schicksal hat entschieden ...“
„Polen ist als Kriegsschauplatz ein guter Bekannter unserer alten Heere“, schreibt um diese Zeit der Wiener Generalmajor Kerchnawe, und er macht den geraubten Bissen als künftige Militärprovinz genussvoll schmackhaft: „An Unterkünften ist kein Mangel. Verpflegung, auch für große Heere, ist in Polen ausreichend aufzubringen. Die klimatischen und sanitären Verhältnisse sind bei guter Witterung günstig. Das vielfach gehörte Urteil, Polen bestehe nur aus Wald und Sumpf, ist vollkommen unrichtig ...“

Als sie diese Sätze drucken, haben die Eroberer längst gehandelt. Auf der Krakauer Burg, auf dem Warschauer Brühlpalais weht die Hakenkreuzfahne, und auch vom letzten Marktflecken haben sie Besitz ergriffen. Noch während des Vormarsches hat der Oberbefehlshaber des Heeres als Inhaber der vollziehenden Gewalt das polnische Verwaltungspersonal verhaftet oder verjagt und es durch Nazis ersetzt: Je ein Landrat mit zwei Hilfsbeamten und sechs Gendarmen rückt hinter der angreifenden Truppe in die oft noch brennenden Kreisstädte. Es folgt die Gestapo. Man schafft „Ordnung“. Binnen weniger Wochen macht der Faschismus aus Polen ein Zuchthaus und aus Warschau eine „deutsche Stadt". 3000 „Volksdeutsche“ hat es beim Einmarsch dort gegeben, nun schwillt die Zahl an. Eine vieltausendköpfige Bürokratie, Parteidienststellen, Besatzerfamilien und das Personal deutscher Firmen machen sich breit. An Kinos, Droschken, Restaurants und Straßenbahnen erscheint das Schild NUR FÜR DEUTSCHE. Geschäfte firmieren zweisprachig, die 98 Hauptstraßen erhalten deutsche Namen.

Im Spätherbst 1939 treffen sich Warschaus neue Herren im Hotelrestaurant „Europa“ am Adolf-Hitler-Platz, sie sitzen - meist gestiefelt und graugrün, braun oder schwarz uniformiert - in Weinstube, Bar oder Tearoom des Café-Club-Cabarett oder speisen in der „Silbernen Rose“ („geführt von deutschem Besitzer“). Sie bewohnen Barockpaläste. Die besten Kinos und sämtliche Theater sind für sie. Sie planen Schlosskonzerte, Ballettabende, Weichselregatten. Im Fußballstadion spielt Schalke 04 gegen die „Deutsche Sportgemeinschaft Palais Brühl“. Man beschlagnahmt Schwimmbäder und Tennisplätze, reitet, saust im Auto durch die Stadt und kauft die Läden leer. Gefragt sind Pelzwerk, Schmuck und Schuhe. Man zahlt mit Besatzungsgeld; ist der Geschäftsinhaber Jude, wird beschlagnahmt oder erpresst.

Zum Statthalter beruft Hitler seinen „bewährten Mitkämpfer, Reichsminister Dr. Frank“, und ermächtigt ihn mit Erlass vom 12. Oktober 1939 „innerhalb seines Machtbereichs Recht zu setzen“. Von nun an ist das Wort dieses später in Nürnberg gehenkten Faschistenhäuptlings für ein ganzes Volk Gesetz.“

Nur vier Jahre später befasste sich Wolfgang Schreyer zum ersten Mal mit den damals hochaktuellen Entwicklungen in der Karibik. Die Rede ist von seinem erstmals 1964 beim Verlag Das Neue Berlin erschienenen Roman „Preludio 11“. Dem E-Book liegt die überarbeitete Fassung von 1988 aus dem Militärverlag der DDR zugrunde: Preludio 11 ist der Deckname eines Kommandounternehmens zur Vorbereitung der Intervention an der Südküste Kubas Anfang der sechziger Jahre. Eine Gruppe Emigranten, Abenteurer und Feinde der Revolution wird in der Sierra del Mico, einer abgelegenen, gebirgigen Gegend, abgesetzt. Der Trupp soll das Einsatzgebiet aufklären, Informationen sammeln und den Boden für das spätere Eingreifen der Hauptkräfte vorbereiten. Die Feinde haben aber ihre Rechnung ohne die Wachsamkeit und den Kampfesmut einfacher kubanischer Menschen gemacht ... Ein spannender Aktionsroman von 1964, dessen Authentizität überzeugend wirkt und den heutigen Leser immer noch anspricht.

Wolfgang Schreyer hatte auch das Drehbuch zu dem gleichnamigen, in einer Gemeinschaftsproduktion mit Kuba gedrehten DEFA-Film in der Regie von Prof. Kurt Maetzig geschrieben. Und hier ein erster Eindruck von „Preludio 11“, in dem wir Carlos Palomino kennenlernen:

„Um drei Uhr nachts läutete das Telefon. Ich hob ab, ohne mich zu melden, hörte jemand atmen. Sie belauerten mich wie beim letzten Mal, führten ihren sinnlosen Nervenkrieg. Sicher wussten sie inzwischen, dass ich das Zimmer gewechselt hatte... Da fragte eine Stimme: „Carlos Palomino, hörst du den dumpfen Ton?“ „Wer spricht da? Wer sind Sie?“ „Das ist die Karibische Flotte mit dem ersten atomgetriebenen Flugzeugträger der Welt. Hör hin, Carlos, man hört das nicht alle Tage... Macht dich der Ton nicht nervös?“

Ich wollte antworten, doch schon war die Leitung tot. Und wieder glaubte ich das ferne Summen wahrzunehmen. Es stieg aus dem Meer, kroch über die Uferstraße, durchdrang das hermetisch verschlossene Doppelfenster des Hotels. Ein dunkler, alles durchbohrender Laut. Bei der Ankunft, gestern Abend vorm Armeeministerium, hatte ich ihn zum ersten Mal gehört. Da glaubte ich noch, er stecke in meinem eigenen Kopf. Mein Gott, wie lange war das her.

Sie hatten im teuersten Hotel Habanas für jede Etage eine spezielle Farbe, von der Lifttür bis zum Aschenbecher, das erleichterte die Orientierung und tat dem Auge wohl. Das Zimmer im zwanzigsten Stock glich haargenau meinem im elften; aber alles, was dort resedagrün gewesen war - Bettzeug, Krepppapier und Badewanne -, war hier mimosengelb. Und das gab es auch noch in Bleu, in dezentem Orange und in anderen gebrochenen Tönen. Nur die Mikrofone waren nicht angepasst, obwohl gerade da zarte Farbgebung notgetan hätte. Ich hatte längst heraus, dass hier keines installiert worden war. Anscheinend war dieses Zimmer für weniger wichtige Leute bestimmt. Ich deckte mich nur mit dem Laken zu und lauschte dem Winseln der Klimaanlage.

Doch der Schlaf wollte nicht mehr kommen. Erst dachte ich an die militärische Lage, dann an meine eigene. In gewissem Sinne hing beides zusammen. Mir gingen die Meldungen der letzten zwölf Stunden durch den Kopf. Ich zählte sie auf: die Warnung vor den Froschmännern, das US-Radarschiff auf der Höhe von Matanzas, der Sabotageakt im E-Werk dort, die atomgetriebene „Enterprise“, der angeknackte Güterzug, die „Voodoo“ über der Sierra, der Tieffliegerangriff auf die Avenida Monumental, das Elektronenhirn an Bord der Invasionsflotte, der Schlag gegen unsere Flugplätze. Und die Schutzhaftlisten, Alarmstufen, unklaren Weisungen, die Milizmobilisierung, Sandsackbarrikaden, Befestigung der Fichteninsel, der Entwicklungsplan für die Sierra - unsere Gegenmaßnahmen. Ich wog das gegeneinander ab. Aber da war nicht viel zu wägen.

Die Zeit verstrich, ich rollte von einer Seite auf die andere und fragte mich, was draußen geschah, hinter den luftdicht schließenden Scheiben. Das hatte sich wie toll gejagt, nun lag ich unter meterdicker Watte. Die vier Sender im Nachttischradio schwiegen, der Hausfunk spielte den „Lonely Boy“ und verstummte dann auch. Das Telefon wurde todsicher von Estébans Freunden abgehört, einen Wagen mit UKW-Empfang hatte ich nicht mehr. Die Stille konnte alles oder nichts bedeuten. Falls die Yanquis nicht gerade am Malecón landeten, um ihre Botschaft wieder in Besitz zu nehmen, würde man nichts merken.

Gegen halb zwei stand ich auf; in diesem Aquarium war man von jeder Nachricht abgeschnitten. Was tun, ins Ministerium fahren? Mir fielen die erstaunten Blicke ein. („Du hier, Carlos? Es besteht kein Grund, den Kopf zu verlieren!“) - Ich duschte kalt, legte mich wieder hin. Ein Weilchen blätterte ich in dem Bedside-book. Spionagegeschichten, Raubüberfall, Erpressung, Rauschgift, Mord. „Warnung: nicht nachts lesen!“ Ich knipste die Lampe aus; dies war jetzt blutige Wirklichkeit. Über mir kräuselten matte Lichter, letzte Signale der Außenwelt. Schatten fielen, glitten und hüpften im Rhythmus der Neonwerbung quer über die Zimmerdecke. Es war, als ob sie Linien auf einen Wasserspiegel warfen, Skizzen zu längst versunkenen Bildern. Und das alles begann zu leben. Gesichter und Landschaften, Stimmungen und Erlebnisse stiegen vom Meeresgrund herauf. Selten blickt man so zurück, denn es taugt nichts. Männer wie Mädchen, an denen was dran ist, haben gewöhnlich keine Zeit dazu. Wahrscheinlich wurde ich alt - jedenfalls für unsere Begriffe. Bei uns in Lateinamerika macht man, wenn überhaupt, in der Jugend Karriere und bleibt dann stehen, fett geworden oder ausgebrannt, ein erkaltender Vulkan.

In mir aber war nichts erloschen, unendlich viel blieb noch zu tun. Ich war mit einem Zeitzünder auf die Welt gekommen. Das Leben fing für mich erst mit dreißig an, als mein Traum in Erfüllung ging, Bergingenieur zu werden. Die Eltern waren tot, auch sonst stand niemand Pate, ich wurde es aus eigener Kraft. Lange hatte es gedauert, bis das Geld beisammen war. Das Lohnniveau der fünfziger Jahre war eine erstklassige Bremse für solche Burschen wie mich. Ich war Ziegeleiarbeiter gewesen, Asphaltkocher beim Straßenbau, Monteur in einer Ölraffinerie; zwischendurch auch Zigarrenmacher, Hilfslaborant in der Zuckerzentrale Palma Soriano und Fahrer eines Elektrokarrens auf dem US-Stützpunkt Gunatánamo, wo ich mein bisschen Englisch lernte. Zuletzt hatte ich in Santiago Schreibmaschinen verkauft, für fünfzig Peso Fixum und zehn Prozent Provision. Damit gelang mir der Absprung, aber bloß, weil ich nicht verheiratet war.“

Auch um einen Krieg und um seine Nachwirkungen geht es in der erstmals 1981 vom Mitteldeutschen Verlag Halle-Leipzig gedruckten Novelle „Die Fliegerin oder Aufhebung einer stummen Legende“ von Max Walter Schulz: Ljuba ist tot. Dass Hellriegel es durch Gitta, seine geschiedene Frau, erfährt, hat Ljuba selbst so gewollt. Und auch, dass er nach Moskau zu ihrem Begräbnis kommt, wo er Andrej, ihrem und seinem Sohn, begegnen wird. Drei Jahrzehnte sind vergangen. Doch was im Jahr 1944 an der bjelorussischen Front mit Hellriegel und Ljuba geschah, rückt plötzlich wieder sehr nah. Ein Tag, fast schon Legende, kettete sie auf Tod und Leben aneinander, zwang sie gemeinsam zum Widerstand, erzwang ihre Kraft, Trennendes zu überwinden. „Mich interessiert die Möglichkeit des Menschseins mitten im Hass“, sagt Max Walter Schulz. In dieser Novelle gestaltet er die ungewöhnliche Liebe zwischen einer sowjetischen Fliegerin und einem einstigen faschistischen Soldaten, der sein Vaterland verliert und sich selber gewinnt. Welcher Anstrengung bedarf es für Gitta, die Bedeutung jenes einzigen fernen Tages im Leben Hellriegels zu verstehen, und welch langen Weges bedarf es für ihn, sich ganz zu befreien?

Wir begegnen dem Lokführer Hellriegel, als er eine ebenso dringende wie traurige Nachricht bekommt – mitten auf der Strecke, als er zu einem außerplanmäßigen Halt gezwungen wird:

„I. Der Esel schrie zur Sonne in der Nacht
Heute nun, in der Nacht zum 20. Januar, im zehnten Jahr nach seiner unglückseligen Erzählung, hat das Schicksal einen wirklichen, endgültigen Schlusspunkt gesetzt hinter die alte, wirre, reichlich unpassende Geschichte. Hellriegel wird heute davon erfahren wie aus dem Jenseits. Er wird das Frühstücken vergessen und schmerzhafter unberaten sein denn je zuvor.

Die Fahrt geht zu Tal. Von den Baggern auf den Terrassen des Tagebaus über weite Schleifen hinunter zur Sohle. Er hat vierzehn Waggons Abraum, vierzehn mal fünfundzwanzig Tonnen Last hinter der E-Lok. Was ist das schon. Für ihn ist es das Alltägliche, seit zehn Jahren das Alltägliche. Auf der Sohle wird gekippt, der Graben verfüllt.

Das machen andere. Für ihn geht's nach dem Kippen im Schub wieder hoch, dann vorspännig wieder runter. Nichts Langweiliges. Auf der Maschine ist man sein eigner Herr. Fahrer, Abschmierer, Streckenfuchs. Freie Findigkeit schafft kurze Weile. Mal fährst du Abraum, mal fährst du Kohle. Abraum zur Sohle oder zur Kippe. Kohle zum Kraftwerk oder zur Brikettfabrik. Wie die Dispatcherzentrale will. Du bist dem Hauptdispatcher unterstellt, und der Hauptdispatcher ist dir unterstellt. In der Kampfgruppe ist der Hauptdispatcher mir unterstellt. Ausgewogene Verhältnisse. Darauf kommt schließlich alles an. Hellriegel sagt, seine Arbeit mache ihm Spaß. Selten, dass ihm ein Waggon ausgleist. Schon Kunst, wie er abgesacktes oder schlingerndes Gleis befährt. An Medaillen fehlt's dem Manne nicht.

Heute fährt er also Abraum in der Frühschicht. Es ist gleich halb neun. Nach dem Kippen wird er frühstücken. Der Januarmorgen, grau und träge, befällt die aufgerissene Erde wie Mehltau. Im harschen Schnee höhlen rußige Lunker. feuchtkalte Luft und die Abgase von der Schwelerei schlieren gegen die Frontscheiben. Die Scheibenwischer laufen. Es riecht nach Schwefel und Mühsal. Benno Hellriegel wird heute nicht zum Frühstücken kommen. Heute nicht. Das kann er jetzt, kurz vor halb neun, noch nicht wissen. Jetzt fährt er mit dreihundertfünfzig Tonnen Achslast zu Tal und denkt sich etwas aus gegen die Mühsal des trüben Tages. Himbeergesträuch wird wieder rascheln, Eidechsen werden wieder besonnte Kiesel umtanzen. Denken hilft, wenn einem der Spaß vergehen will. Denken und sich gut stehen mit der Natur.

Am unteren Stellwerk steht das Lichtsignal auf Halt. Hellriegel flucht. Tränt der Stellwerker? Der Zug, der vor ihm kippte, hat ihn schon aufwärts passiert. Signal ist Signal. Den Bremsdruck erhöhen. Gefühlvoll. Nicht alle Bremsbacken fassen gleichmäßig. Eisen schleift nun schrill auf Eisen. Die Klangringe auf den Achsen schlagen hell und hart dazwischen. Der Zug puffert, stottert. Nicht ganz zu vermeiden. Ein Mann verlässt das Stellwerk, geht ans Gleis, verharrt dort. Ein Mann im dunklen Mantel, Koppel übergeschnallt, Pelzkappe, Stiefel. Wird einer vom Betriebsschutz sein, der mitgenommen werden will. Der Zug kommt zum Stehen. Der Einstieg zur Maschine befindet sich genau auf der Höhe des wartenden Betriebsschutzmannes. Hellriegel schiebt das Rollfenster hoch: „Was ist? Hast du Erbsen im Schuh?“ – „Ein dringendes Telegramm von weither“, antwortet der Mann. Die Poststelle in Großgähren, beziehungsweise eine Frau Hebelaut, habe es telefonisch sofort nach Empfang ans Kombinat weitergeleitet. Sie meine, der Inhalt pressiere. Auch betrieblicherseits meine man, dass der Inhalt pressiere. Die Kombinatsleitung böte Unterstützung an. In Form von sofortigem Urlaub, bezahltem oder unbezahltem, sowie bei der Erledigung der Formalitäten. Hellriegel hat sich aus der Fahrerlaube gebeugt und nimmt einen verschlossenen Umschlag mit Werk-Aufdruck entgegen. Es verschließt ihm vollendes den Mund, als er sieht, wie der außerordentlich bevollmächtigte Bote zwei Finger an die Kappe legt, militärisch kehrtmacht und ins Stellwerk zurückstapft. Im Aufrichten sieht er Max, den Stellwerker, oben am Stellwerksfenster stehen, die Szene betrachtend mit gelassener Anteilnahme. Wie der Stellwerker Hellriegels verwirrtem Blick begegnet, zieht er sich sofort vom Fenster zurück. Dem Boten wird er seinen Leib- und Magenspruch verpassen: So ist das Leben! Ein Unglück aufs andere. Kauf dir ein Reitschwein... Hellriegel ist bewusst, dass er eine Unglücksbotschaft in den Händen hält. Die Kollegen bezeigten deutlich scheuen Respekt. Allgemein nur noch bei tödlichen Unfällen zu bemerken. Es kann nur Gitta betreffen. Es kommt von weither. Gitta, seine geschiedene Gitta, ist der einzige Mensch in weiter Ferne... Gitta ist tödlich verunglückt... Vor vier Jahren ging sie in die SU, nach Moskau, als Auslandskorrespondentin beim Rundfunk. Ihr Traum... Im März wären die vier Jahre um gewesen. Da wäre sie zurückgekommen. Sie hatte schon die neue Stellung in Berlin... Vorigen Sommer war sie plötzlich in Großgähren aufgetaucht, einfach mal zu Besuch, zu einem Kaffeeklatsch. Das einzige Mal seit der Scheidung. Einen andern hätte sie immer noch nicht gefunden. Freunde halt. Dann und wann auch mal einen zum Schlafen.

Aber alles Nitschewo mit Liebe und so. Ganz aufgeräumt, ganz lustig und heiter war sie gewesen. Fast schon unmenschlich lustig und heiter... Einen kupfernen Topf hatte sie ihm mitgebracht, einen alten, bäurischen, vom offenen Feuer gezeichneten... Hatte Tee gemacht, in der Küche, auf Gas, der musste draußen im Garten getrunken werden. Auf dem Gartentisch der kupferne Topf mit den Feuermalen. Und der Gartentisch musste dorthin, wo der Fingerhut steht. Der stand noch vergangenen Sommer. Der ging ihr bis zur Brust... Dann hat sie fotografieren wollen. Unbedingt. Stillleben: Tisch mit Geschiedenem, mit Topf und blauem, blauem Fingerhut... Wenn nichts Unmenschliches an ihr war, etwas Unheimliches ist an ihr gewesen... Sie versprach Abzüge zu schicken. Nichts ist gekommen. Das ist gekommen. Das. Als letztes. Von ihrer Dienststelle wahrscheinlich... Sie hatte weiter keine Angehörigen... Angehörigen... Angehörigen...

Der Streckenwärter sieht, dass der Kollege in der Fahrerkabine nicht die Kraft hat, den Briefumschlag zu öffnen. Da muss man etwas tun. Da schaltet der Streckenwärter die Strecke frei. Das Leben geht weiter. Der Dreck muss weg. Reiß dich zusammen, Kumpel! Fahr los! Der Kumpel fährt nicht los. Der Kumpel bricht den Briefumschlag auf und liest das Telegramm. Da schaltet man eben noch mal auf Halt. Noch mal kurz. Man wird sehen, wie er's aufnimmt.

Hellriegel nimmt folgenden Text nun in sein Bewusstsein auf: Heute Nacht verstarb Ljuba. Nach Lungenoperation. Ihr Bruder, General Kondratjew, bittet dich, an der Beerdigung teilzunehmen. Freitag, 24. Januar, 14.50 Ortszeit. Friedhof Nowo Alexandrowskoje. Bitte zur Teilnahme ergeht auf ausdrücklichen Wunsch der Verstorbenen. Ljuba stand auch mir nahe. Erwarte dich Donnerstag, 25., mit Interflug, Flug Nr. 600 am Flughafen Scheremetjewo. Hotelzimmer für dich bestellt. Gitta.“

Nun aber geht es wieder ein paar Jahre zurück und doch zugleich in die Zukunft, in eine utopische Zukunft. Erstmals 1968 hatte Carlos Rasch im Verlag Neues Leben, Berlin als Band 81 der Reihe „Spannend erzählt“ unter dem Titel „Krakentang“ wissenschaftlich-fantastische Erzählungen veröffentlicht. Das E-Book bringt die unveränderte Originalausgabe vom Ende der sechziger Jahre des vorigen Jahrhunderts: Hunderte Meter unter das Packkeis am Polarkreis, zehntausend Meter hoch in den Jet-Sturm über dem Atlantik, auf die Mondoberfläche und weit über unser Sonnensystem hinaus in die Galaxis führt uns der Autor in diesen wissenschaftlich-fantastischen Erzählungen. Der Kampf Marlies van Treddenkamps gegen die fehlmodulierten Mortis-Polypen, der Rekordflug Kuba - Bagdad mit einem Unterschallflugzeug, das im Jet-Orkan im Überschall fliegt, und die Aufklärung einer unterseeischen Katastrophe sind sicher Probleme der nächsten Jahrzehnte: Was hier an fantastischen Möglichkeiten geschildert wird, kann morgen schon Wirklichkeit sein. Mit dem Untergang der „Astronautic“, dem Unirdischen Raumschiff und der Mondstaubbarriere hat Carlos Rasch Raumfahrtthemen der ferneren Zukunft gestaltet. Bei aller Fantastik des Geschehens bleibt er auch hier den sich heute abzeichnenden Entwicklungslinien in Wissenschaft und Technik treu.

Als Einstieg hier der Beginn des 1. Kapitels der Titelerzählung „Krakentang“:
„Werner Wagenburg verzog ärgerlich sein Gesicht und schimpfte: „Verdammtes, ekelhaftes schwarzes Teufelspack!“ Mit einem Sprung war er am Bullauge, zog die lange Rutenantenne zu sich in die Funkkajüte zurück und schlug dann hastig das runde Fenster mit dem dicken Glas zu. Fast wäre auch noch diese letzte Sendeantenne abgerissen worden. Draußen vor dem Bullauge pendelte ein langer geschmeidiger Arm hin und her; wenige Augenblicke später waren es schon vier und schließlich ein ganzes Bündel, die sich tastend wanden und bogen. Einer davon lag quer über dem Glas und presste es. Werner Wagenburg konnte deutlich die doppelte Reihe kleiner Saugtrichter an der Unterseite erkennen. „Brrr.“ Er schüttelte sich. Wollte das Biest das Bullauge eindrücken? Der Funker überlegte, ob er das Bullauge erneut spaltbreit öffnen sollte, um den Kraken dort draußen mit dem heißen Lötkolben zu vertreiben, als der Ponton der Tangfarm unter einem Brecher erbebte und eine Spritzfontäne gegen seine Kajütenwand schäumte. Der Krake verschwand.

Bisher hatte Werner Wagenburg in seiner behäbigen Art die ganze Krakeninvasion immer noch als eine interessante, aber nicht sehr gefährliche Kuriosität angesehen. Er hoffte, dieser Spuk werde, wie schon in den Monaten zuvor, nach wenigen Stunden wieder verschwinden. Aber alle Anzeichen deuteten darauf hin, dass die Farm dieses Mal von dem Phänomen der Krakenwanderung schwerer als die vorangegangenen Male betroffen wurde.

Plötzlich schrillte das LF-Gerät. Werner Wagenburg schnellte herum. Seine Sinne waren durch den Krakenüberfall so wach, dass ihn dieses unerwartete Läuten hinter seinem Rücken wie ein Peitschenhieb traf. „Verdammt noch einmal. Mehr ruhig Blut, alter Junge“, redete er sich zu. „Ein Telefon ist noch lange kein Krakerich.“ Aus dem eingebauten Lautsprecher ertönte die Stimme Peter Skagens, des Ersten Offiziers: „Hallo, Werner! Wie steht’s bei dir? Hast du inzwischen eine Verbindung zum Festland herstellen können?“ „Nichts zu machen, Peter! Die schwarze Bande hat sämtliche Antennen demoliert, und ich wette, dass sie auch noch euer Radar klein bekommt. Vorhin habe ich so einen Krakerich auf dem Radarmast Karussell fahren sehen ...“

„Du hast eine gehörige Portion Humor. Hör auf, mich zu verkohlen. Die Lage ist viel zu ernst“, schimpfte der Erste Offizier. „Das Festland, Werner“, mahnte er. „Du musst eine Verbindung herstellen, egal, zu wem.“ „Ja doch, ja. Die Seefunkstelle auf Teneriffa und auch die auf den Bermudas rufen uns fortwährend. Der Empfang funktioniert, sogar ohne Antennen. Aber Senden, das ist augenblicklich fast unmöglich. Ich versuche es ja schon immerzu. Doch die Kraken erlauben es nicht. Sie passen höllisch auf. Noch nicht einmal ein anständiges SOS brächte ich heraus, wenn es notwendig wäre.“ „Bewahre uns der Himmel davor. Soweit wird es gar nicht erst kommen. - Höre! Du musst eine Antenne fit bekommen. Ich schicke dir einen zweiten Funker zur Hilfe und ein paar Matrosen zum Schutz.“ „Bist du verrückt? Ich werde wie eine Festung belagert. Zu mir kommt niemand durch. Die Biester sitzen schon vor meiner Tür.“

Der Cheffunker auf der Seefunkstelle Teneriffa drehte kopfschüttelnd drei Blatt Papier in seinen Händen hin und her. „Was es doch alles so gibt“, murmelte er. Die Meldungen waren innerhalb der letzten eineinhalb Stunden eingegangen. Die Texte stammten alle drei von dem deutschen Sargassofänger „Kelb 2“, der zur Zeit eintausendsechshundert Meilen weit entfernt auf See stand, sich also etwa über den unterseeischen Felsabhängen der Nordatlantischen Schwelle befand.

Das erste Blatt war ein für die Deutsche Farmreederei bestimmtes Funkfernschreiben, das mitten im Satz abbrach: „Funkstation ,Kelb 2‘ - Sturm im Abflauen. Verarbeitung der Tangstränge des Kelb wegen zu großer Wellenhöhe vorläufig nicht möglich. Infolge Sturm keine Algeninseln und keine Tangstränge. Seit heute morgen wieder Krakentang. Etwa zwanzig Polypen auf Deck angeschwemmt. Ihr Verhalten ist harmlos, aber zunehmend unruhig. Farmleitung rechnet mit Zunahme der …“

„Trägerfrequenz erloschen“, lautete die Anmerkung des diensttuenden Fernschreibers, mit Rotstift eingetragen. Das zweite Blatt war das Stenogramm einer Bandaufnahme, die etwas später in der Sprechfunkabteilung der Seefunkstelle gemacht worden war. Einer der Funker auf der „Kelb 2“ hatte offenbar unter dem unmittelbaren Eindruck der Ereignisse gesprochen, denn die Sätze hatten mehr den Charakter einer spontanen Schilderung als den eines offiziellen Berichtes: „Hallo, Teneriffa! Hier ,Kelb 2‘, Station B. Verbindung stehen lassen. Dauerkontakt zum Mitschneiden. Bei uns tun sich nämlich merkwürdige Sachen.“

Erst vor kurzem erschien in der EDITION digital der 16. und vorerst letzte Teil der nur als E-Books veröffentlichten „Zeitreisenden“-Reihe von Hardy Manthey „Das geheime Haus des goldenen Itzamná. Ein fantastischer Roman“: Im Teil 15 wagte die Zeitreisende Aphrodite in den sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts den Flug durch die Zeit mit Hilfe einer fremden Zeitmaschine. Der Flug durch das Zeitloch mit dem Militärflugzeug Typ Lockheed C-130A endete mit einer Katastrophe. Das schwer beschädigte Flugzeug stürzte in den Wäldern Alaskas ab. Den Absturz überlebten alle vier Besatzungsmitglieder, vielleicht nur dank der geheimen Kräfte der Zeitreisenden. Erst sehr viel später erfahren die Überlebenden, dass sie im Jahr 833 nach Christus in Alaska gelandet sind. Mit der Zerstörung der Zeitmaschine, Aphrodites eigentlicher Auftrag, war für sie jeder Weg zurück in die Zukunft unmöglich geworden. Doch nur mit der kontrollierten Zerstörung der Zeitmaschine konnte die Entstehung eines Schwarzen Loches verhindert werden. Das Schwarze Loch hätte die Erde und das ganze Sonnensystem für immer geschluckt. Dafür musste sie einen hohen Preis zahlen.

Aphrodite hat nur eine einzige Hoffnung, sie muss eine Nachricht über die Zeit hinweg an die Herren der Zeit hinterlassen. Eine Botschaft, so verständlich, dass die die Herren der Zeit sie finden könnten. Nur wenn sie vor ihrem Tod von ihnen gefunden wird, kann sie als Zeitreisende weiterleben. Sie weiß, dass im Süden das Reich der Maya langsam untergeht, aber im 9. Jahrhundert existiert es noch und schafft monumentale Bauten. Obwohl der Niedergang der Hochkultur der Maya nicht mehr aufzuhalten ist, erkennt sie vielleicht aus eigenem Erleben einige Ursachen klarer und kann Theorien der Wissenschaftler der Zukunft ganz zu Fall bringen. Wichtig ist für sie nur, dass ihre gewaltigen Tempel aus Stein die Zeiten überdauert haben. Das können ihr die nordamerikanischen Nomadenvölker mit ihrer einfachen Art zu leben leider nicht bieten. Ihre imposanten Erdhügel und Totempfähle eignen sich leider nicht für Botschaften, die weit über das zwanzigste Jahrhundert hinaus die Menschen erreichen sollen. So hat sie sich schweren Herzens von ihren neuen Freunden trennen müssen und den gefahrvollen Weg in den Süden gewagt. Dort im mittelamerikanischen Kulturraum angekommen, muss ihr Wissen und Können auch die mächtigen Priester der Tolteken überzeugt haben. Denn wie wir aus Teil 15 bereits wissen, gelang ihr es tatsächlich, in einem Tempel im antiken Ixtlan eine Nachricht zu hinterlassen. Wird mit Hilfe der Studenten die Nachricht die Herren der Zeit erreichen? Wird sie rechtzeitig von den Herren der Zeit gefunden?

Aber bevor wir überhaupt die geheimnisvolle Zeitreisende finden, machen wir die Bekanntschaft mit den beiden mexikanischen Studenten – und zwar im Jahre 1973 vor der Nationalen Autonomen Universität in Mexiko City. Und die beiden jungen Leute haben offenbar ein Problem, das mit Aphrodite zu tun hat …

„Jacob Urueta winkt seiner Freundin Isabella Arriaga lächelnd zu. Sie kommt auf der breiten Treppe, die den Platz in seiner ganzen Länge einnimmt, direkt auf ihn zu. Er geht ihr mit großen Schritten entgegen, umarmt sie und grüßt sie mit einem Kuss auf ihre Wange: „Hallo Isabella, wie geht es dir? Um es dir gleich zu beichten, ich war nicht bei den Leuten von der Presse. Wir müssen alles noch einmal überdenken. So wie die Dinge zurzeit stehen, wage ich es nicht, unsere Entdeckung an die Presse weiterzugeben. Das Flugzeug von Seattle nach Alaska am 20. Dezember 1964 scheint es nie gegeben zu haben. Die Amerikaner mauern offensichtlich. Der Absturz in Alaska im Jahr 833 ist also völlig aus der Luft gegriffen. Die Standortangaben gibt es erst seit dem Ende des neunzehnten Jahrhunderts. So wird die Geschichte dieser angeblichen Aphrodite zum Absurdum!“ „Feigling, ich denke, es ist alles klar und duldet keinen weiteren Aufschub. Diese unbekannte Frau, diese Zeitreisende, braucht doch unsere Hilfe“, klagt Isabella sichtlich enttäuscht. Ein zartes Band verbindet sie mit der Zeitreisenden. Diese Frau ist so, wie sie gern sein wollte.

Jacob nimmt sie an der Hand und gemeinsam gehen sie über den Platz. Er warnt sie eindringlich: „Wir können nicht übereilt handeln. Das alles kann für uns ein Fiasko werden. Unser Studium, ach was, unsere ganze Zukunft würden wir damit gefährden oder gar ganz aufgeben müssen. Der mysteriösen Frau würde es dann erst recht nicht weiterhelfen. Wir brauchen mehr Beweise, um damit an die Öffentlichkeit zu gehen!“ „Du willst also kneifen“, empört sich Isabella, von ihm schwer enttäuscht.

„Männer sind eben doch Feiglinge!“ Nervös widerspricht er ihr leise mit zärtlichem Unterton: „Das ist nicht so, wie du es glaubst, Schatz. Ganz und gar nicht ist es so. Hast du dir die feinen Linien auf den Platten einmal genauer angesehen?“ Isabella schaut zu ihm auf und fragt: „Was soll der Quatsch denn jetzt schon wieder bedeuten? Du willst dich nur mit neuen fiktiven Ideen rechtfertigen.“ „Das solltest du aber unbedingt tun, bevor du der Presse die Story verkaufst“, warnt er sie und erklärt überlegen wissend weiter: „Ich habe mir alles noch einmal ganz genau angeschaut. Die Linien sind in dem harten Stein so tief und sauber eingeschnitten, als hätte jemand mit der Nadel in Butter die Linien gezogen. So etwas ist mit viel technischem Aufwand erst seit den dreißiger Jahren unseres Jahrhunderts so sauber möglich. Ich fürchte ernsthaft, dass diese feinen Linien erst nach der Bergung der Platten von ihren Entdeckern nachträglich eingearbeitet wurden. Mit etwas Aufwand wäre es eine zusätzliche Aufwertung der Funde, auch wenn ich den Sinn der Geschichte immer noch nicht wirklich begreifen kann. Wenn die Botschaft doch echt ist, wissen wir beide immer noch nicht, ob tatsächlich ein Flugzeug 1964 in Alaska abgestürzt ist. Du hast doch bisher keinen einzigen Hinweis auf so ein Unglück in den Nachrichten der Zeitungen aus dieser Zeit gefunden. Selbst wenn wir etwas Passendes zu so einem Unglück in der Presse finden sollten, hat es nicht das Geringste zu bedeuten. Die Platten liegen seit Jahrzehnten unbeachtet hier. Wahrscheinlich erst lange nach dem Unglück hat sich ein Mann in der Absicht, die Fachwelt zu täuschen, die Mühe gemacht, die Platten so nach seinem Willen zu verändern. Der Betrüger hat dabei nicht bedacht, dass die Platten aus völlig verschiedenen Orten stammen. Irgendetwas muss den Mann vor Jahrzehnten dann doch daran gehindert haben, die so aufgewerteten Platten gewinnbringend zu veräußern. Veröffentlichen wir die mysteriöse Botschaft doch, sind wir es, die dann diesem Betrüger auf den Leim gegangen sind. Wir werden der ganzen Welt der Lächerlichkeit preisgegeben, wenn wir am Ende doch den Schritt der Veröffentlichung wagen!“

Isabella bleibt stehen, hält Jacob fest und widerspricht: „Mein Bauchgefühl als Frau sagt mir, die Botschaft ist echt. Allerdings sind deine Argumente auch nicht ganz von der Hand zu weisen. Es ist eine Option, die wir nicht ignorieren dürfen. Was ist aber, wenn die Botschaft doch echt ist? Wenn doch im neunten Jahrhundert die Frau mit dem Wissen aus der Zukunft die Botschaft auftragen ließ? Mit dem Wissen aus der Zeit um 1964 war man durchaus in der Lage, so eine Botschaft in so feinen Linien in den Stein zu meißeln. Für mich ist etwas anderes noch viel, viel brisanter. Ist die Botschaft doch echt, muss die Frau eine Zeitreisende sein. Verstehst du, die Frau kann durch die Zeit reisen. Ihr fehlen offensichtlich nur die nötigen technischen Hilfsmittel, ihre Reise durch die Jahrhunderte fortzusetzen. Die Botschaft ist definitiv nur an jemand gerichtet, der selbst ein Zeitreisender ist und sie von dort holen kann. Erfährt er, wo sie lebte, wird er sie von dort auch holen. Es kann nicht anders sein, ihr Retter muss auch durch die Zeit reisen können. Begreif endlich die Bedeutung der Botschaft, Jacob! Wir rufen mit ihr nach einer Zeitreisenden und stellen zugleich den Kontakt zwischen zwei Zeitreisenden her. Nur wir können sagen, wo und in welcher Zeit die Zeitreisende gestrandet ist.“ „Dann soll doch der Zeitreisende die Botschaft selbst lesen und sie von dort holen. Was haben wir damit zu tun?“, widerspricht ihr Jacob und steuert auf eine freie Bank zu.“

Aber mit diesem Vorschlag von Jacob ist die Geschichte natürlich nicht zu Ende. Noch viele geheimnisvolle Abenteuer warten auf sie – und auf Aphrodite. Und vielleicht können die beiden Studenten der Zeitreisenden doch helfen?

Im Übrigen ist es mit den Zeitreisen in Wirklichkeit so eine Sache. Stephen Hawking, einer der berühmtesten Wissenschaftler der Welt, hat dazu laut einem WDR-Bericht im Internet einen höchst interessanten und klugen Versuch gemacht: Wer eine Party plant, verschickt die Einladung immer davor. Macht Sinn, die Freunde sollen ja die Möglichkeit haben, dabei zu sein. Stephen Hawking, einer der einflussreichsten Physiker unserer Zeit, hat es im Juni 2009 genau umgekehrt gemacht. Er hat einen standesgemäßen Raum angemietet, Champagner und Buffet bereitgestellt – die Einladung hat er jedoch erst danach verschickt. Trotzdem hat der Physiker auf Besucher gewartet.

Das klingt einigermaßen verrückt. Für Hawking war das jedoch ein Versuch zum Thema Zeitreisen. „Die Einladung zur Party steht auf Papier, das viele Tausend Jahre überstehen soll. Sollten Menschen irgendwann, in ferner Zukunft, durch die Zeit reisen können, könnten sie sich entscheiden, der Einladung zu folgen. Sie könnten zurück in die Vergangenheit reisen und die Party stürmen“, so Hawking. Es sollte die außergewöhnlichste Party der Welt werden. Und wurde die einsamste. Für Hawking war damit klar, dass die Menschheit niemals eine Zeitmaschine bauen wird.

Okay, in der Wirklichkeit scheint es also (noch) nicht zu funktionieren. Die Literatur hat da allerdings ganz andere Möglichkeiten. Und selbst die Physik hat nachgewiesen, dass man, wenn schon nicht in die Vergangenheit, doch zumindest in die Zukunft reisen könne. Dazu braucht es eigentlich nichts weiter als ein Raumschiff, das schneller als das Licht fliegen kann …
Und bis es soweit ist, bis dahin kann man immerhin davon lesen. Viel Vergnügen!

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