Diese Frage hatte der BGH in einem Rechtsfall zu klären und entschied, dass Geschäftsführer in solchen Fällen von Anfang an „reinen Tisch“ machen müssen (Az.: II ZR 229/11). Die Folge: Legt der Geschäftsführer nicht detailiert dar, worin die „stillen Reserven“ bestehen, so wird im Zweifel gegen ihn entschieden.
Insolvenzverwalter verklagte Geschäftsführerin
Im besagten Fall war die Geschäftsführerin einer GmbH, welche eine Modeboutique betrieb, vom Insolvenzverwalter der Gesellschaft auf Ersatz von Zahlungen in Anspruch genommen worden, die sie geleistet haben solle, als das Unternehmen bereits zahlungsunfähig gewesen war. Der Insolvenzverwalter verklagte die Geschäftsführerin, nachdem diese sich zur Zahlung weigerte, auf rund 91.000,00 €, sodass der Fall vor dem Landgericht landete. Dieses entschied zunächst zu Gunsten des Insolvenzverwalters und verurteilte die Geschäftsführerin zur Zahlung, da die Handelsbilanz der GmbH tatsächlich einen Fehlbetrag auswies, der nicht mehr durch das Eigenkapital gedeckt war.
Gegen die Entscheidung ging die Geschäftsführerin allerdings in Berufung – mit Erfolg! Im Verfahren vor dem Oberlandesgericht folgten die Richter ihrer Argumentation, dass das Unternehmen wegen so genannter „stiller Reserven“ und sonstiger aus der Handelsbilanz nicht ersichtlicher Vermögenswerte zur streitigen Zeit gar nicht überschuldet gewesen sei und sie die Zahlungen daher auch hätte leisten dürfen. Das Oberlandesgericht entschied daher, dass die Ansprüche des Insolvenzverwalters nicht bestünden.
Fall kam vor den Bundesgerichtshof
Die Existenz solcher Reserven allerdings konkret zu beweisen versäumte die Geschäftsführerin, wie der BGH in Karlsruhe als letzte Instanz zugunsten des Insolvenzverwalters entschied. Die alleinige Behauptung über das Vorhandensein stiller Reserven und die Aufforderung, dass der klagende Insolvenzverwalter das Gegenteil beweisen solle, reiche nicht aus, um die Geschäftsführerin aus der Haftung zu befreien. Vielmehr obliege es dem Geschäftsführer detailliert über solche Reserven Auskunft zu geben, da der klagende Insolvenzverwalter von solchen Vorgängen innerhalb der Gesellschaft gar nicht habe wissen können.
Persönliche Haftung im Vorfeld vermeiden
Für die Geschäftsführerin endete der geschilderte Fall also unglücklich, er schafft aber zugleich Rechtssicherheit für ähnlich gelagerte Fälle in der Zukunft – hiervon können andere GmbH-Geschäftsführer profitieren. Nichtsdestotrotz schildert der beschriebene Fall nur eine von vielen Haftungsfallen, die sich mit einer Unternehmenskrise für die Geschäftsführer öffnen. Unternehmer in der Krise sollten sich daher gerade zur Absicherung vor einer möglichen persönlichen Haftung unabhängig vom Unternehmen anwaltlich über ihre Rechte und Pflichten beraten lassen. Nur so kann der Gefahr, dass der eigene Geldbeutel für das Unternehmen herangezogen wird, wirksam vorgebeugt werden.
Volker Schneider
Rechtsanwalt,
Fachanwalt für Insolvenzrecht,
Fachanwalt für Arbeitsrecht
http://www.gks-rechtsanwaelte.de