Volljährige Mitglieder einer Wohngemeinschaft müssen ebenfalls nicht überwacht werden
Nein, entschied der Bundesgerichtshof. Die Frau hätte nicht mit einer rechtswidrigen Internetnutzung ihrer volljährigen Gäste rechnen müssen – dafür gab es schließlich keine konkreten Anhaltspunkte. Fehlen diese, so ist der Inhaber eines Internetanschlusses auch nicht dazu angehalten, die Nutzer vorher zu belehren oder zu überwachen. Ebenfalls keine Haftung und damit verbundene Belehrungs- und Überwachungspflicht treffen Inhaber von Internetanschlüssen, die ihren Zugang einem volljährigen Mitbewohner, Besuchern oder Gästen zur Verfügung stellen.
Neue Bemessung des Gegenstandswertes eröffnet bessere Verteidigungsmöglichkeiten
Außerdem befasste sich der BGH noch mit der Höhe der Abmahnkosten, die sich nach dem sogenannten Gegenstandswert bemessen. Dieser soll zeigen, welchen Geldwert die Angelegenheit für den Verletzten hat und auf dessen Grundlage werden dann die Kosten für den Anwalt berechnet. Sie kamen zum Entschluss, dass der Gegenstandswert je nach Einzelfall individuell ausgerechnet werden müsse. Während die Vorinstanzen den Gegenstandswert der Abmahnung immer pauschal auf das Zweifache des erstattungsfähigen Lizenzschadens festsetzten, gab der BGH nun bekannt, dass auch der wirtschaftliche Wert des verletzten Rechts, die Aktualität und die Bekanntheit der Veröffentlichung, die Dauer und Schwere der Rechtsgutsverletzung sowie subjektive Umstände des Täters eine Rolle spielen.
Die einzelfallbezogene Wertbemessung eröffnet der Verteidigung einen größeren Handlungsspielraum. Durch die Konkretisierung der Überwachungs- und Belehrungspflichten wurde mehr Klarheit geschaffen, die auch im Prozess eine bessere Strategie ermöglicht. Betroffene – insbesondere Inhaber eines Internetanschlusses – sollten sich nicht scheuen, gegen Abmahnungen vorzugehen. Denn nicht selten sind sie gar nicht verantwortlich oder es sind deutlich überhöhte Abmahnkosten festgesetzt.
Jan Rudolph
Rechtsanwalt,
www.gks-rechtsanwaelte.de