Anfechtung der Aufrechnungslage
Die Schuldnerin war Vertragshändlerin der Beklagten (Hersteller). Nachdem sie am 4. Oktober 2007 die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen beantragt hatte, kündigte die Beklagte am 12. Oktober 2007 den Vertragshändlervertrag. Der Verwalter über das Vermögen der Schuldnerin (Kläger) machte einen Anspruch in Höhe von 128.998,46 Euro geltend. Die Beklagte erklärte die Aufrechnung mit den vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstandenen Gegenansprüchen in Höhe von 83.054,94 Euro, den Restbetrag von 45.943,52 Euro zahlte sie an den Kläger.
Der Kläger hält die Aufrechnung für insolvenzrechtlich unwirksam, er verlangt die Zahlung der 83.054,94 Euro zur Insolvenzmasse. Das Landgericht wies seine Klage ab. Die nächsthöhere Instanz verurteilte die Beklagte zur Zahlung des aufgerechneten Betrages. Der BGH bestätigt das Urteil.
Gläubigerbenachteiligende Wirkung der Herstellung der Aufrechnungslage
Der Insolvenzverwalter kann Rechtshandlungen, die vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden sind und die Insolvenzgläubiger benachteiligen, anfechten. Die Kündigung führte zu der Herstellung der Aufrechnungslage. Hierdurch wird der Anspruch des Schuldners der Gesamtheit der Gläubiger entzogen. Dies stellt eine Gläubigerbenachteiligung dar.
Rechtsfolge der Anfechtbarkeit ist die Unwirksamkeit der Aufrechnung. Die insolvenzrechtliche Unwirksamkeit betrifft dabei nur die Aufrechnung, nicht die Kündigung als solche, betonte der BGH. Das Urteil des BGH stärkt die Rechte der Vertragshändler in Krise und Insolvenz. Hersteller müssen nun gut überlegen, ob sie in einer solchen Situation den Vertragshändlervertrag kündigen. Unter Umständen ist es für sie günstiger, den (vorläufigen) Insolvenzverwalter im Rahmen von Betriebsfortführungen zu unterstützen.
Volker Schneider
Rechtsanwalt,
Fachanwalt für Insolvenzrecht,
Fachanwalt für Arbeitsrecht
http://www.gks-rechtsanwaelte.de