Lehman Brothers war noch Anfang 2008 eine Bank von guter Bonität. Niemand konnte sich vorstellen, dass diese Bank neun Monate später Gläubigerschutz beantragen müsse. So wird man den Banken, die zu dieser Zeit Lehmann Zertifikate als interessantes Investment angeboten haben, kaum einen Beratungsfehler nachweisen können. Das so genannte Emittentenrisiko von Lehman war damals vernachlässigenswert. Soweit die beratende Bank den Kunden hierauf hinwies, hat sie sich in jedem Fall korrekt verhalten. Aber selbst wenn eine Warnung vor dem Emittentenrisiko unterblieben sein sollte, ist eine Haftung der Bank für die Folgen dieser Unterlassung ungewiss. Denn der Kunde, so das Argument, müsste selbst wissen, dass eine Bank in Konkurs fallen kann und braucht deshalb hierüber nicht aufgeklärt zu werden. Andererseits ist unsicher, ob angesichts der einwandfreien Bonität von Lehman Brothers der Kunde das Geschäft nicht auch bei erfolgter Aufklärung über das Emittentenrisiko getätigt hätte.
Nach Erwerb des Zertifikats bestand für die beratende Bank keine begleitende Aufklärungs- und Warnpflicht.
Anders dürfte der Fall liegen, wenn die beratende Bank für die Vermittlung derartiger Geschäfte von Lehman eine marktunüblich hohe Provision bekommen hat. In diesem Fall hätte die Bank den Kunden hierüber informieren müssen (siehe das BGH-Urteil zu den sogen. Kick back Provisionen).
Rechtsanwalt Nikolaus Bömcke von der Kanzlei Rössner Rechtsanwälte sieht darüberhinaus für diejenigen Kunden, die auf Anraten ihrer Bank eine durch die deutsche Einlagensicherung geschützte Einlage, z.B. ein Sparguthaben oder Festgeld, in ein Lehman Zertifikat umgeschichtet haben, gute Aussichten, ihre Bank zu belangen. „Die Bank“, so argumentiert Bömcke, „hätte den Kunden darauf hinweisen müssen, dass sich mit dem Erwerb des Lehman Zertifikats die gesicherte Spar- oder Festgeldforderung in eine von Lehman emittierte ungesicherte Inhaberschuldverschreibung verwandelte und damit der deutschen Einlagensicherung entzogen wurde“. Das großzügige deutsche Einlagensicherungssystem habe bei dem deutschen Anleger die Ansicht verfestigt, seine Einlagen bei einem deutschen Kreditinstitut seien absolut sicher. Wenn diese Sicherheit bei einem Produkt ausnahmsweise nicht gegeben sei, müsse die beratende Bank darauf hinweisen. Anderenfalls mache sie sich wegen fehlerhafter Beratung haftbar.
Die Kanzlei Rössner Rechtsanwälte ist Mitglied des internationalen Anwaltsnetzwerkes Eurojuris Deutschland e.V. und Eurojuris International EWIV. Der Verband verfügt europaweit über 5.500 Spezialisten im Bereich Wirtschaftsrecht.