Da zeigt sich der BdB, also die Spitzenorganisation deutscher Privatbanken, ganz kundenfreundlich. Unter insgesamt sechs Unterpunkten wird aufgezählt, was Anleger beachten sollten, um sich vor Anlagebetrug zu schützen. Das Meiste was man liest, ist sicherlich richtig und ließe sich auf die Kurzformel bringen "Schalte Deinen gesunden Menschenverstand ein." Aber halt, bei einem der Ratschläge liest der überraschte Anlegerschützer zweimal:
"Überzogene Provisionsforderungen sprechen dafür, dass der "Anlagespezialist" eher den eigenen Gewinn als den Kunden im Sinn hat. Zeigt sich, dass Provisionen verschleiert oder falsch ausgewiesen sind, unbedingt die Finger von der Offerte lassen."
Als Anwalt, der Kunden großer deutscher Privatbanken gegen diese wegen nicht offengelegter Kickbacks (Provisionen) vertritt, ist man jetzt komplett verwirrt.
Der BdB sieht also den Anlageberater, der seine Kunden nicht transparent über die mit Anlageberatung verbundenen Provisionen aufklärt, in der Nähe zum Anlagebetrüger? Eine an der Höhe von Kickbacks orientierte Empfehlung von - sonst vielleicht eher nicht im Kundeninteresse liegenden - Finanzinstrumenten als Betrug durch schadensgleiche Gefährdung des Kundenvermögens? Dem kann man als Vertreter der Bankkunden auf den ersten Blick kaum etwas hinzufügen.
Nachdem sich deutschen Privatbanken jahrelang durch alle Instanzen gegen die Kickback-Rechtsprechung des BGH gewehrt hatten (und wehren) jetzt die Kehrtwende des Spitzenverbands? Ahnt man vielleicht, dass das höchste deutsche Zivilgericht von seiner mittlerweile in vier Urteilen eingeschlagenen Linie nicht mehr abzubringen sein wird?
Eine Anlageberatung als Dienstleistung für den Kunden muss finanziert werden. Zahlt der Kunde nicht direkt ein Honorar, erfolgt die Honorierung wie bislang zumeist über Provisionen des Emittenten. Dies beinhaltet zugleich die Gefahr, dass sich die beratende Bank nicht am Kundeninteresse, sondern daran orientiert, mit welcher Empfehlung sie die höchsten Einnahmen für sich generieren kann. Deswegen fordert der BGH eine Offenlegung der konkreten Höhe der mit der Empfehlung verbundenen Eigeninteressen. Unterbleibt eine solche Offenlegung, setzt sich der Berater dem Vorwurf aus, den Kunden aus finanziellen Eigeninteressen darüber getäuscht zu haben, welches Produkt in seinem Interesse liegt. Dies seitens des BdB klar auszusprechen, dient also in erster Linie dem Erhalt der Provisionsberatung und auch dem Schutz der eigenen Mitglieder.
Allerdings stört den Anlegeranwalt an der Stellungnahme eine Vokabel: Provisionen. Man kann sich nicht des Eindrucks erwehren, dass der Spitzenverband hier, nachdem die bisherige Positionierung seiner Mitglieder unhaltbar wurde, eine neue Verteidigungsstellung bezieht. Offenbar meint der BdB, ein Anlageberater müsse seine Eigeninteressen an einer ausgesprochenen Empfehlung dann nicht transparent machen, wenn diese nicht aus der Provisionszahlung eines Dritten, sondern beispielsweise aus einer Marge zwischen Ein- und Verkaufspreis oder aus der finanzmathematischen Strukturierung eines Eigenprodukts resultiere.
Sollte dies tatsächlich die Intention hinter der Formulierung sein, zeigt die eigene Stellungnahme des BdB zugleich die Fragwürdigkeit einer solchen Haltung. Für die gefährdeten Vermögensinteressen des Anlegers ist es ohne Belang, auf welchem Weg der für ihn tätige Dienstleister das Entgelt für seine Tätigkeit vereinnahmt. Entscheidend für den Anleger ist nicht, auf welchem Weg, sondern um wie viel er erleichtert wird . Der Dienstleister, der zur Wahrung der Kundeninteressen verpflichtet ist, muss seine Eigeninteressen unabhängig von den Vertriebsstrukturen transparent machen, um sich nicht den vom BdB selbst formulierten Vorwürfen auszusetzen.
Autor: Rössner Rechtsanwälte, München (www.roessner.de). Die Kanzlei Rössner Rechtsanwälte ist Mitglied im internationalen Anwaltsnetzwerk Eurojuris Deutschland e.V.