Frau Hommer, seit wann besteht die EuroLam GmbH, was bietet das Unternehmen und wie viele Mitarbeiter beschäftigen Sie?
Die EuroLam GmbH wurde von meinen Mann, Ernst Hommer, 1997 gegründet. Unser erster Großauftrag war der Bahnhof in Berlin Spandau. Zu diesem Zeitpunkt haben wir mit vier Beschäftigten thermisch getrennte Lamellenfenster in Wiegendorf hergestellt. Heute sind wir knapp 50 Mitarbeiter und zählen zu dem führenden Anbieter von Lamellenfenstern, natürliche Be- und Entlüftung, Klimakontrolle sowie Rauch- und Wärmeabzugsanlagen.
Seit wann sind Sie Geschäftsführerin? Wie war Ihr bisheriger Werdegang?
Im Unternehmen EuroLam bin ich seit 1. September 2006 und zum 1. Dezember desselben Jahres wurde ich zur Geschäftsführerin berufen. Zuvor war ich sechzehn Jahre als Wirtschaftsförderin der Stadt Nordhausen tätig. Meine Aufgabe war die Ansiedlung produzierender Unternehmen in den Gewerbegebieten der Stadt Nordhausen und deren Begleitung durch den „Behördendschungel“.
Was schätzen Sie daran, Geschäftsführerin zu sein?
Es macht Spaß, ein Unternehmen zu entwickeln und nach vorn zu bringen, es erfüllt mich mit Zufriedenheit, Risiken zu managen und so dem Unternehmen Entwicklungsraum zu gewähren. Aber auch zu sehen, wie sich die Mitarbeiter weiterentwickeln und gern bei EuroLam arbeiten, macht mir sehr viel Freude.
Eine Frau an der Spitze eines Unternehmens ist, gerade in dieser Branche, noch immer eine große Ausnahme. Woran meinen Sie liegt das? (mit einem Lächeln im Gesicht)Ich konnte den Gesellschafter von meinen beruflichen Fähigkeiten überzeugen…. Ich bin eine sehr direkte Person und leide nicht an Herzdrücken.Warum Frauen aber in unserer Branche noch immer eine Rarität sind, ich weiß es nicht. Denn ich fühle mich in unserer Branche sehr wohl.
Finden Sie, dass Frauenquoten in der Führungsebene notwendig sind?
Leider ja, viele Frauen sind noch nicht selbstbewusst und kämpferisch genug, um an die Spitze von Unternehmen zu gelangen, sie haben keine ausreichenden Netzwerke. Wir leben leider noch immer in einer männerdominierten Welt. Zu viel wird von Männern und deren Netzwerken bestimmt.
Wie lauten Ihre Führungsgrundsätze?
- Vorbildfunktion
- Fördern und Fordern
- Stärke die Stärken
- Sicherheit vermitteln
- Kommunikationsbereitschaft stärken
Ganz nach ihrem Prinzip der Eigenverantwortung entscheiden Sie als Vorgesetzter wahrscheinlich nicht alles selbst und übertragen auch Ihren Mitarbeitern einen Teil der Verantwortung?
Ich entscheide zwar vieles selbst, aber wie zuvor gesagt, führe ich oft im Vorhinein einer Entscheidungsfindung einen Diskurs mit unseren sehr qualifizierten Mitarbeitern und höre mir deren Meinungen sowie Beiträge zu den einzelnen Schwerpunkten an. Sind diese besser als meine Position zu den Themen, fließen die Ideen in meine Entscheidungen mit ein.
Wie spüren Sie die gegenwärtige Wirtschaftslage?
Momentan denke ich an die vielen Unternehmen, welche durch die Corona-Pandemie in Not geraten sind. Ich fühle mich mit ihnen solidarisch.Ich wünsche mir, dass in Deutschland sehr viel schneller und flächendeckend geimpft wird, dann könnten diese Unternehmen wieder öffnen. An dieser Stelle möchte ich etwas kritischer über die Impfpraktik in Deutschland sprechen, besonders auch in Thüringen. Es geht viel zu langsam voran! Mecklenburg-Vorpommern geht als positives Beispiel voran – es geht also auch viel schneller! Auf der Webseite des Landratsamtes Weimarer Land lese ich, dass wegen hoher Krankheitsfälle und Personalmangel die Anfragen nur unzureichend beantwortet werden können. Das ist ein Armutszeugnis für Thüringen. Wir hatten den kompletten Sommer und Herbst ausreichend Zeit, Abhilfe zu schaffen, diese Zeit verstrich offensichtlich ungenutzt.
Wie hat sich das vergangene Geschäftsjahr, trotz Pandemie, für die EuroLam GmbH entwickelt?
Das Geschäftsjahr verlief für EuroLam sehr gut. Auf Grund der Pandemie, ist das Bewusstsein der Menschen für ein gesundes Raumklima gestiegen, dies ist in unseren Auftragsbüchern und den Anfragen zu unserem Produkt deutlich erkennbar. Gerade im Hinblick auf den Herbst und die kalte Jahreszeit steht das Lamellenfenster hoch im Kurs: kurze Lüftungszeiten, ein optimaler Luftaustausch und dennoch eine Perfektion in Optik und Design. Denn Lamellenfenster werten Gebäude durch ihre elegante Optik architektonisch auf und zeichnen sich durch Langlebigkeit aus. So können Funktionalität und Ästhetik miteinander vereint werden.
Auch sind alle unsere Mitarbeiter gesund geblieben und wurden von Corona verschont. Dies ist sicherlich, neben der Eigenverantwortung eines jeden, auch unserem sehr guten Hygienekonzept während der Pandemie geschuldet, indem wir unsere Mitarbeiter schon im März 2020 ins Homeoffice geschickt sowie die Produktion in mehrere Gruppen aufgeteilt haben. Auch haben wir frühzeitig entsprechende Schutzmaßnahmen für unsere Mitarbeiter getroffen, ausreichend Desinfektionsmittel, die Ausgabe von OP-Masken und FFP2-Masken, Regelung der Pausenzeiten, usw. Trotz Lieferengpässen, der Kontaktbeschränkungen sowie der Abstandsregelungen blicken wir auf ein sehr gutes Jahr bei EuroLam zurück. Die Baubranche im Allgemeinen hat im vergangen Jahr weiterhin an Wachstum zugenommen, dies führe ich auch auf die sehr gute Einhaltung der RKI-Richtlinien zurück.
Welche langfristigen Ziele haben Sie für die Gestaltung der Zukunft von EuroLam?
Wir blicken zuversichtlich in die Zukunft. Langfristig suchen wir für unsere Produktion nach noch mehr Automatisierungslösungen. Der immer größer werdende Fachkräftemangel trägt dazu bei, dass auch wir auf Automatisierungstechniken zurückgreifen müssen, um unsere wertvollste Ressource, den Mitarbeiter, zu unterstützen. Die primären Ziele sind für uns die Flexibilisierung der Produktion, Steigerung der Produktivität und Verbesserung der menschlichen Arbeit. Die Fertigkeiten und Fähigkeiten unserer Mitarbeiter werden dadurch um die Möglichkeit der technischen Unterstützung erweitert. Sie erhalten dadurch eine sinnvolle Unterstützung, welche kurzfristig zu einer Effizienzsteigerung führt.
Frau Hommer, warum sind Sie im Wirtschaftsbeirat der IHK, und was schätzen Sie an der IHK?
Ich engagiere mich ehrenamtlich, um für Thüringer Unternehmen bessere Rahmenbedingungen zu schaffen. Dazu bedarf es einer Interessenvertretung der Wirtschaft in Thüringen, eben der IHK. Diese hat Zugang zu den politischen Gremien und kann dort vortragen. Im Wirtschaftsbeirat haben Unternehmen die Gelegenheit, Erfahrungen ihrer täglichen Arbeit einzubringen und auf eventuelle Probleme aufmerksam zu machen.
Sie sprechen von eventuellen Problemen von Thüringer Unternehmen - was ist nach Ihrer Meinung die größte Herausforderung für EuroLam sowie für die Region und haben Sie Lösungsansätze dafür?
Die größte Herausforderung für EuroLam ist die Sicherung der Arbeitsplätze und die Beschäftigung von qualifizierten Mitarbeitern. Bisher ist uns dies sehr gut gelungen.Für die Zukunft arbeiten wir an Qualifizierungen und dem bestmöglichen Einsatz unserer Mitarbeiter. Viele Arbeitsabläufe sollen so viel wie möglich automatisiert werden, wir denken auch an Einsatz von Robotik. Für uns ist dies eine große Herausforderung, da wir Einzelfertigung betreiben. Für die Region sehe ich die gleiche Herausforderung. Darüber hinaus muss in unserem Landkreis unbedingt die Unternehmenskultur verbessert werden. Damit meine ich nicht die Unternehmer, die leisten allesamt für ihre Mitarbeiter sowie Unternehmen ihr Bestes und übernehmen ihre gesellschaftliche Verantwortung. Mit dieser Anmerkung meine ich die Anerkennungskultur sowie öffentliche Wahrnehmung vom Unternehmertum in unserer Region, durch die Politik und auch unserer Gesellschaft, welche unbedingt einem Wandel unterzogen werden sollte. Denn der Mittelstand ist die Stütze unserer Gesellschaft, schafft Arbeitsplätze und sorgt für den wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalt unserer Gesellschaft.
Welche Probleme sollte die Politik unverzüglich anpacken?
Für mich an vordringlichster Stelle steht die Aufarbeitung der Bildungspolitik,die Modernisierung der Schulen und anderer Bildungseinrichtungen, die Vereinheitlichung von Bildung in den Bundesländern. Ich finde es nicht zeitgemäß, dass jedes Bundesland sein eigenes Bildungssüppchen kocht und so vielleicht qualitative Unterschiede in den Abschlüssen entstehen. Zudem wird es höchste Zeit, flächendeckend schon in der Grundschule digitales Lernen anzubieten.Hier sollten wir uns ein Beispiel an Litauen nehmen. Das zweite Betätigungsfeld für die Politik sehe ich in der Modernisierung unseres Gesundheitswesens im Hinblick auf eine bedarfsgerechte Versorgung aller Menschen in Deutschland. Das Gesundheitswesen muss frei von finanziellen Zwängen sein, Gesundheit darf nicht leiden, weil Krankenkassen vielleicht monetäre Hebel ansetzen oder Behandlungen nach Kosten entschieden werden. Auch sollten Themen, welche den Umweltschutz, die Einwanderung, das Bürgergeld sowie die Verbesserung der Unternehmenskultur betreffen, die Liste ist lang, ernsthaft und lösungsorientiert angegangen werden.
Kommen wir jetzt auf Ihre Zeit nach der Arbeit zu sprechen….Wie viel Freizeit haben Sie, und was machen Sie damit?
Meine Freizeit ist mir sehr wertvoll. Ich widme sie meinem Mann, meiner Passion- der Jagd, meiner Familie und meinen Freunden, meinem Sport und natürlich täglich meinen beiden Hunden sowie den anderen Tieren (Schafe, Hühner).Diese Zeit teile ich mir in vor und nach der Arbeit ein. Vor der Arbeit Hunde und Sport, alle anderen nach der Arbeit.
Und wann und wo können Sie wirklich abschalten?
Am besten schalte ich im Beisein meiner Familie ab und wenn ich meiner Passion, der Jagd, nachgehe. Der Aufenthalt in der Natur, egal bei welchem Wetter, hilft mir „herunterzufahren“ und dann bekomme ich auch die besten Ideen.Ich liebe es mit meinen Enkelkindern durch die Flur zu streifen und ihnen Natur, Jagd und Fischerei näher zu bringen. Sie lernen dabei, dass Äpfel nicht im Supermarkt wachen…
Vielen Dank, Frau Hommer!