"Der frühere Diplomstudiengang war durch ein Nebeneinander einzelner Fächer geprägt. Es fehlte eine verbindende Klammer", erläutert Prof. Dr.-Ing. Wolfgang Bogacki die Ausgangssituation. "Darüber hinaus erschwerten die zum Teil als trocken empfundenen Grundlagenfächer zu Beginn des Studiums die Motivation bei den Studierenden", weiß der Dekan des Fachbereichs Bauwesen aus Erfahrung. Mit dem neuen Projektstudium sollten in erster Linie diese Defizite behoben werden.
Die Studierenden im Bauingenieurwesen planen nun während ihres Bachelorstudiums sukzessive ein größeres Wohn- oder Geschäftsgebäude. Analog zu den Fächern im jeweiligen Semester werden die anstehenden Teilaufgaben im Team von drei bis vier angehenden Bauingenieuren bearbeitet. So stehen zum Beispiel im ersten Semester Vermessung des Projektgrundstücks (Vermessungskunde), Erstellung des Bauantrags (EDV und CAD), Gebäudeentwurf und Baukonstruktion auf dem Plan. Später kommen die Konstruktion und Bemessung von Fundamenten, Wänden, Decken und Dach unter Verwendung unterschiedlicher Baumaterialien wie Beton, Holz, und Stahl sowie die Kalkulation, die Ausschreibung und der baubetriebliche Ablauf hinzu. Am Ende des Studiums besitzen die Studierenden einen Projektordner mit der kompletten Planung eines Gebäudes.
Da die Projektbearbeitung in Gruppen erfolgt und die Ergebnisse regelmäßig präsentiert werden müssen, üben die angehenden Bauingenieure neben der fachlichen Komponente auch Schlüsselqualifikationen wie Team-, Organisations- und Kommunikationsfähigkeit ein. "Durch die Arbeit am ,lebenden' Objekt lernen die Studierenden sehr schnell, dass auch theoretische Grundlagenfächer wie Mathematik oder Festigkeitslehre für die erfolgreiche Abwicklung eines Bauprojektes erforderlich sind," betont Studiengangsleiter Prof. Dr.-Ing. Norbert Krudewig mit Blick auf die Lernmotivation. Dabei ist für die Zukunft auch eine Kooperation mit anderen Studienrichtungen z.B. der Gebäudeentwurf zusammen mit angehenden Architekten oder die Baufinanzierung mit angehenden Betriebswirten angedacht.
Im 1. bis 4. Semester arbeiten die angehenden Bauingenieure jeweils drei Wochen pro Semester, im 5. und 6. Semester jeweils eine Woche intensiv an ihrem Projekt. In dieser Zeit stehen die Professoren verstärkt als Ansprechpartner für fachliche Fragen zur Verfügung. "Trotz der zeitlichen Belastung sind die Studierenden mit großem Engagement bei der Sache", freuen sich Prof. Bogacki und Prof. Krudewig, dass das neue Konzept bereits Früchte trägt. So soll denn auch das Preisgeld, was der Fachbereich im Exzellenzwettbewerb Studium und Lehre des Landes erhalten hat, zur weiteren Optimierung des Lehrkonzepts eingesetzt werden. Neben Methoden zur Qualitätssicherung ist eine stärkere Vernetzung mit dem Masterstudiengang Bauingenieurwesen, der auf Führungspositionen in der Baubranche vorbereitet, in Planung. In dem so genannten "Managementprojekt" werden Masterstudierende als "Abteilungsleiter" einer Bachelorgruppe bei deren Projektarbeit fungieren und somit u.a. ihre Kommunikations-, Personalführungs- und Managementkompetenzen praxisnah trainieren.
Die Arbeit am Bauprojekt spiegelt sehr viele Elemente der späteren beruflichen Praxis wider. Ein Aspekt, der den Koblenzer Bauingenieuren eine weitere positive Beurteilung einbrachte: Beim CHE-Ranking zur Beschäftigungsfähigkeit schneidet der Bachelorstudiengang bei den FH-Studiengängen Bauingenieurwesen am besten ab.