„Witterungsextreme und die Altlasten des sauren Regens führen aktuell zu einer Doppelbelastung der Waldböden“, fasst Dr. Heike Puhlmann zusammen. Die studierte Hydrologin leitet die Abteilung „Boden und Umwelt“ an der FVA und ist Expertin für den Waldboden. Am Freitag konnten Interessierte selbst aktiv werden und mit Sensoren die Auswirkungen sogenannter „Stressoren“ – Dürre und Übersäuerung – messen. Für Heike Puhlmann ist klar: „Dürren und Jahre, in denen Waldbäume nur unzureichend mit Wasser versorgt sind, werden zunehmen.“
Aber wie stellt man den Zustand des Waldes fest? Dr. Gerald Kändler führte in die Bundeswaldinventur ein – also in die bundesweite Zustandserhebung des Waldes: „Die gewonnenen Daten und Statistiken bilden die Grundlage für eine Reihe von forst-, umwelt- und klimapolitischen Entscheidungen sowie natürlich für wissenschaftliche Untersuchungen“, erklärte der stellvertretende Direktor.
Was haben Drohnen im Wald verloren?
Dabei spielen auch hochmoderne Methoden eine Rolle. Dr. Petra Adler, Expertin für Fernerkundung, beantwortete die Frage: Was haben denn Drohnen im Wald verloren? Sie sucht nach besonderen Waldstrukturen, die für bestimmte Arten von großer Bedeutung sind. Das Auerhuhn etwa ist auf offene Waldstrukturen wie Lücken angewiesen. Totholzkäfer oder höhlenbrütende Waldvögel brauchen Totholz, Fledermäuse nutzen Waldränder oder leitlinienartige Strukturen.
Der Arbeitsbereich Fernerkundung entwickelt Verfahren zur flächendeckenden und hochauflösenden Erfassung ausgewählter Waldstrukturen: Wie hoch sind die Bäume im Bestand? Wo befinden sich diese für geschützte Arten wichtigen Strukturen und wo müssen neue geschaffen werden? Diese und viele weitere Fragestellungen können sogenannte Waldstrukturkarten beantworten. „Eine Besonderheit stellt hierbei die Erfassung von Waldstrukturen mit Hilfe von Drohnenaufnahmen dar. Sie liefern zeitlich flexibel sehr hochauflösende und präzise Informationen über Waldstrukturen und deren Veränderung“, erklärte Adler den Drohneneinsatz im Wald.
Welche Bäume stehen künftig im Wald?
Prof. Dr. Ulrich Kohnle hat eine Ahnung, wie der Wald in Baden-Württemberg in Zukunft aussehen könnte. Der Experte für Waldwachstum stellt anhand der Forschung seiner Abteilung vor, welche Baumarten über die Jahre abnehmen werden und welche hinzukommen können. „Verschiedene Kriterien lassen es dabei zu, für unterschiedliche Standorte Aussagen darüber zu treffen, welche Baumarten auf ihnen in den nächsten Jahrzehnten Probleme bekommen werden und welche nicht,“ stellt Kohnle die sogenannten Baumarteneignungskarten vor, die für jeden Landkreis Baden-Württembergs von der Website der FVA heruntergeladen werden können.
Um eine zukunftsreiche Baumart ging es auch im Pflanzgarten der Versuchsanstalt. Manuel Karopka zieht hier mit seinen Kolleginnen und Kollegen unter anderem Elsbeeren. Die Baumart ist heimisch und zeichnet sich durch eine hohe Trockenheitstoleranz aus. “Die Elsbeere ist ein hervorragendes Beispiel dafür, dass die Förderung klima- und naturschutzrelevanter Baumarten und wirtschaftliche Nutzung keinen Widerspruch darstellen“, erklärt Karopka. Die Baumart sei nämlich sowohl ein wichtiges Vogelnährgehölz mit hoher ökologischer Wertigkeit als auch wertvoller Rohstoff für den Bau von anspruchsvollen Möbeln und Musikinstrumenten.
Apropos Nährgehölz – wie ist es eigentlich mit den Tieren im Wald? Wie das Zusammenleben von Mensch und Wildtier aussehen kann – damit beschäftigen sich die Wildtierökologinnen und -ökologen des FVA-Wildtierinstituts. Das reicht von A wie Auerhuhn bis W wie Wolf. Bei der Tour durch die Arbeit der FVA wurde die Komplexität der Wildtierforschung durch ein Rollenspiel verdeutlicht.
Die Teilnehmenden diskutierten aus der Perspektive der verschiedenen Interessengruppen, wie Waldbewirtschaftung, Jagd, Freizeitaktivitäten und die Bedürfnisse von Wildtieren unter einen Hut gebracht werden können. „Nur wenn alle betroffenen Akteure auf Augenhöhe miteinander kommunizieren, können für die großen Herausforderungen im Umgang mit Wildtieren Lösungsmöglichkeiten gefunden werden. Wildtiere und Wald sollen beide zu Gewinnern werden.“ fasst Dr. Rudi Suchant vom FVA-Wildtierinstitut zusammen.
Deutsche Waldtage (18. - 20. September 2020)
Diese Initiative geht vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) aus und wird unterstützt vom Deutschen Forstwirtschaftsrat e. V. (DFWR). In ganz Deutschland finden an diesen Tagen Veranstaltungen statt, die unter dem Dach der Deutschen Waldtage beworben werden. Das diesjährige Motto lautet „Gemeinsam! Für den Wald“. Wichtiges inhaltliches Thema ist „Wald im Klimastress“. Mehr unter https://www.deutsche-waldtage.de/.