Wie es in einer offiziellen Mitteilung des Ökumenischen Patriarchats heißt, wird der neugewählte „Primas“ der Orthodoxen Kirche in der Ukraine, Metropolit Epifanij (Dumenko), am 5. Januar in Konstantinopel (Istanbul) eintreffen. Um 11:30 Uhr findet in der Georgskathedrale des Phanars ein Te Deum statt, anschließend wird der Ökumenische Patriarch Bartholomaios I. den „Primas“ im Thronsaal offiziell empfangen. Dort wird der Patriarch den „Tomos“, das Dekret über die Autokephalie der auf Veranlassung des Ökumenischen Patriarchen neugegründeten Kirche, unterschreiben. Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko soll bei der Proklamation anwesend sein.
Am Sonntag, den 6. Januar, wird Metropolit Epifanij Konzelebrant des Ökumenischen Patriarchen bei der Göttlichen Liturgie zum Fest der „Erscheinung des Herrn“ (Theophanie) in der Georgskathedrale sein. Nach der Verlesung des Evangeliums wird Bartholomaios I. offiziell das Pergament mit dem „Tomos“ überreichen. Anschließend sind offizielle Reden vorgesehen. Die offizielle Mitteilung lässt offen, ob auch Poroschenko in der Kathedrale das Wort ergreifen wird.
Nach der Liturgie findet die traditionelle Wasserweihe statt, heute nur noch ein Abglanz des Volksfestes der „Tanzimat“-Zeit des 19. Jahrhunderts (ab dem Hatt-i-Scherif von Gülhane 1839), als das christliche Element am Bosporus wieder voll zur Geltung kam. Noch 1914 waren in Konstantinopel mehr als 50 Prozent der Einwohner christlich. Bei der Wasserweihe wird in besonderer Weise an Gottes Schöpfung gedacht, wie es auch der Theologie von Bartholomaios I. entspricht, der den Beinamen „der grüne Patriarch“ trägt.
Kirchliche Beobachter stellten mit Überraschung fest, dass Metropolit Epifanij in der offiziellen Mitteilung aus Konstantinopel als „Seine Seligkeit“ bezeichnet wurde, eine Titulierung, die normalerweise nur einem Patriarchen zukommt.
Zwei orthodoxe Kirchen in der Ukraine vereinigen sich
In der Ukraine wurde am 15. Dezember 2018 eine eigene orthodoxe Nationalkirche gegründet. Bei einer Synode in Kiew stimmten die Bischöfe von zwei orthodoxen Kirchen für eine Vereinigung. Die moskautreue Orthodoxe Kirche in der Ukraine boykottierte die Versammlung weitgehend. Von ihr nahmen nur zwei Bischöfe teil. Die Synode wählte den Metropoliten Epifanij von Perejaslawl zum Oberhaupt der neuen Kirche.
Mehr als 300 Jahre hatte die Ukraine kirchenrechtlich zum Moskauer Patriarchat gehört. Die Kiewer Staatführung bemühte sich seit längerem um eine Eigenständigkeit (Autokephalie) der orthodoxen Kirche in der ehemaligen Sowjetrepublik. Der Ökumenische Patriarch von Konstantinopel, Bartholomaios I., entschied als Oberhaupt aller orthodoxen Christen die neue Kirche im Januar 2019 in die Eigenständigkeit zu entlassen.
Abbruch der Kirchengemeinschaft
Laut dem „Materialdienst“ des Konfessionskundlichen Instituts in Bensheim (06/2018) beschloss der Heilige Synod des Moskauer Patriarchats am 14. September 2018 als Gegenmaßnahme den Ökumenischen Patriarchen Bartholomaios I. vorläufig nicht mehr in den Fürbitten zu erwähnen und sich aus gemeinsamen Kommissionen zurückzuziehen. Davon schien sich der Ökumenische Patriarch aber nicht beeindrucken zu lassen, denn am 11. Oktober 2018 beschloss die Heilige Synode des Ökumenischen Patriarchats die beiden bisher unkanonischen orthodoxen Kirchen in der Ukraine als kanonisch zu erklären und das Territorium der Ukraine kirchlich dem Ökumenischen Patriarchat in Konstantinopel wieder, wie vor über 300 Jahren, zu unterstellen. Daraufhin beschloss am 20. Oktober 2018 der Heilige Synod der Russischen Orthodoxen Kirche die kirchliche Gemeinschaft mit dem Patriarchen von Konstantinopel von Seiten Moskaus endgültig aufzukündigen. Am 3. November 2018 unterzeichneten Präsident Poroschenko und Patriarch Bartholomaios eine Vereinbarung über Zusammenarbeit und Koordination hinsichtlich der Einrichtung einer autokephalen orthodoxen Kirche in der Ukraine.