Dies sei der erste Fall, in dem ein Gericht eine registrierte, landesweit zentral organisierte Religionsgemeinschaft als „extremistisch“ verboten hat. Richter Yury Ivanenko habe nur etwas mehr als zwei Minuten gebraucht, um das Urteil zu verlesen, das nach sechs Tagen und 30 Stunden Verhandlungen gefällt worden war.
Jehovas Zeugen kündigten an, dass sie die Frist von 30 Tagen nutzen werden, um gegen das Urteil vorzugehen. Gegebenenfalls seien sie auch bereit, den Fall an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg weiterzuleiten. „Wir sind sehr enttäuscht über diese Entwicklung und sehr besorgt darüber, wie dies unsere religiösen Aktivitäten beeinflussen wird“, so Yaroslav Sivulskiy, ein Sprecher der Zeugen Jehovas in Russland. „Wir werden gegen diese Entscheidung Berufung einlegen und hoffen, dass unsere gesetzlichen Rechte und Sicherungen als eine friedliche religiöse Vereinigung so schnell wie möglich wieder hergestellt werden.“
Weitere Konsequenzen des Urteils ungewiss
Weitere Konsequenzen des Urteils bleiben ungewiss, schreibt die norwegische Menschenrechtsorganisation, einschließlich der Auswirkungen auf „Extremismus“-Fälle, die derzeit gegen einzelne Jehovas Zeugen laufen. Ebenso unklar sei, was mit jungen Männern der Jehovas Zeugen geschehe, die aufgrund ihrer religiös-pazifistischen Überzeugung alternativ zum Militärdienst einen Zivildienst leisten wollten.
Finanztransaktionen bereits blockiert
Der Bundesfinanzüberwachungsdienst (Rosfinmonitoring) hatte bereits am 15. März verfügt, dass das Verwaltungszentrum der Jehovas Zeugen in Russland einer Liste von Organisationen hinzugefügt wird, „gegen die es Beweise für eine Beteiligung an extremistischen Aktivitäten oder Terrorismus gibt“. Die Finanztransaktionen der Zentrale der Jehovas Zeugen seien bereits blockiert, so Forum 18.
Menschenrecht der Religionsfreiheit gefährdet
Drei Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen, (David Kaye, Sonderbericht-erstatter für Meinungsfreiheit; Maina Kiai, Sonderberichterstatter für Versammlungs- und Organisationsfreiheit; Ahmed Shaheed, Sonderberichterstatter für Religions- und Weltanschauungsfreiheit) hatten bereits am 4. April, vor Beginn der Verhandlungen am Obersten Gerichtshof, gewarnt, dass ein Verbot der Jehovas Zeugen „eine Bedrohung nicht nur für die Zeugen Jehovas, sondern für die persönliche Freiheit im Allgemeinen in der Russischen Föderation" darstellen würde. Auch russische Menschenrechtsverteidiger hätten sich gegen das Gerichtsverfahren ausgesprochen, schreibt die Menschen-rechtsorganisation.