Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung mit Leben füllen
„Am ökumenischen Tag der Schöpfung üben wir uns in Verbundenheit im gemeinsamen Hören auf das Lob Gottes. Und wir tun dies im Bewusstsein um unsere gemeinsame Verantwortung für die Bewahrung dieser Lebensvielfalt, die vielerorts bedroht ist“, sagte Bischof Magaard. Vor der Ausbeutung der Schöpfung verschließe die Bibel nicht die Augen. „Im Buch der Psalmen wird dem Lob ebenso Raum gegeben wie der Klage. Wir hören den Zorn im Angesicht himmelschreiender Ungerechtigkeit – und wir hören die Stimmen, die Vertrauen zum Ausdruck bringen, die dennoch an Gott festhalten.“ Der christliche Schöpfungsglaube bekenne, dass alle Lebewesen Geschöpfe Gottes sind. „Durch diesen gemeinsamen Ursprung sind wir in besonderer Weise miteinander verbunden.“ Es gelte deshalb, „bereit zu sein zum streitbaren Dialog, wo Schweigen leichter wäre. Bereit, die Worte Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung mit Leben zu füllen“.
Lebensräume von Tieren, Pflanzen und Menschen nicht weiter degradieren
In dem sich an den Gottesdienst anschließenden Festakt in der Lübecker Propsteikirche Herz Jesu kritisierte Professorin Nicole C. Karafyllis vom Seminar für Philosophie an der Technischen Universität Braunschweig eine rein technisch-naturwissenschaftliche Sicht der Schöpfung. „Die Schöpfung Gottes bewirkt Einheit in der Vielfalt. Die Welt ist nicht zählfähig, sie ist nicht absolut berechenbar“, sagte die Biologin und Philosophin in ihrem Festvortrag. Der Mensch befinde sich nicht außerhalb der Schöpfung, sondern müsse sich wieder mehr als Teil von ihr verstehen. Das bringe auch eine besondere Verantwortung mit sich und könne sich nicht nur darin auswirken, „Biobanken“ mit Saatgut bedrohter Arten anzulegen. „Außerhalb der Biobank werden die Lebensräume von Tieren, Pflanzen und auch Menschen immer weiter degradiert und zerstört“, warnte Karafyllis. Statt selten gewordene Pflanzen und Tiere zu konservieren, sollte der Mensch besser alles daran setzen, ihnen wieder einen natürlichen Lebensraum zu schaffen.
Schöpfungstag an jedem ersten Freitag im September
Seit dem Jahr 2010 feiert die Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) in Deutschland jährlich am ersten Freitag im September einen ökumenischen Tag der Schöpfung. Er geht auf eine Anregung des damaligen Ökumenischen Patriarchen Dimitrios I., dem Ehrenoberhaupt der orthodoxen Weltkirche, zurück, einmal im Jahr „gemeinsam zum Schöpfer zu beten“. Dieser Tag wird bundesweit begangen und regt dazu an, das Lob des Schöpfers als Christen gemeinsam anzustimmen und gleichzeitig die eigenen Aufgaben für die Bewahrung der Schöpfung in den Blick zu nehmen.
Der Vorsitzende der ACK Deutschland, Bischof Dr. Karl-Heinz Wiesemann (Speyer), erläuterte: „In einer mehr und mehr globalisierten Welt, die von Terror und Angst heimgesucht wird, vergessen wir manchmal den dankbaren Blick auf Gottes gute Schöpfung. Für diese Schöpfung müssen wir eine generationenübergreifende Verantwortung übernehmen. Wer heute nicht an morgen denkt, versündigt sich an den kommenden Generationen.“ Deshalb bräuchten wir ein Bewusstsein, das Schöpfung und Ökologie nicht als Themen von gestern abtue, sondern ihnen höchste Aktualität einräume. Neben dem Schöpfungstag finden in der Schöpfungszeit vom 1. September bis 4. Oktober weitere regionale und lokale Veranstaltungen statt.
Zeit der Schöpfung europaweit
Auch die Konferenz Europäischer Kirchen (KEK) und der Rat der Europäischen Bischofskonferenzen (CCEE) sowie das Europäische Christliche Umweltnetzwerk (ECEN) laden dazu ein, vom 1. September bis 4. Oktober eine „Zeit der Schöpfung“ zu begehen. Dazu heißt es in einer gemeinsamen Erklärung: „Neuste Entwicklungen machen uns auf die zunehmende Dringlichkeit des fortschreitenden Klimawandels, des Verlustes der Biodiversität, der wachsenden Abfallberge sowie vieler anderer Herausforderungen aufmerksam. Auch wenn wir wissen, dass es verschiedene Ursachen dafür gibt, können wir nicht vergessen, dass ein Teil des Problems auf unseren Egoismus, auf die fehlende Sorge und Pflege sowie auf eine weitverbreitete Verkennung der Erde als Profitquelle zurückzuführen ist.“ Im christlichen Glauben und den damit einhergehenden Traditionen werde die Bewahrung der Schöpfung als Teil der christlichen Weltsicht und als Teil des Glaubens verstanden.