Für eine Kegelrobbe kam jede Hilfe zu spät
Einst durch den Menschen an den Rand der Ausrottung gebracht, erholt sich der Bestand an Kegelrobben in der südlichen Ostsee seit der Jahrtausendwende langsam, aber kontinuierlich. Ein Tier durch ein herrenloses Fischernetz zu verlieren, ist daher schmerzhaft. Ort des Geschehens war das Wrack eines ehemaligen Kohlefrachters, der höchstwahrscheinlich im zweiten Weltkrieg gesunken ist und nun in rund 30 Metern Tiefe vor Rügen auf dem Grund der Ostsee liegt. Zu DDR-Zeiten hat sich am Wrack des Schiffes ein Schleppnetz verfangen, das seither unaufhaltsam weiterfischt.
Jüngstes Opfer war jene Kegelrobbe, die am 14. April im Rahmen einer Geisternetzbergung von ehrenamtlichen Sporttaucher:innen unter Leitung des GRD-Projektpartners Wolfgang Frank verheddert im Netz gefunden wurde. Der Kadaver unterstreicht die Bedeutung der Bergung dieser tödlichen Altlasten der Fischerei, zumal jedes Jahr aufs Neue 5.000 bis 10.000 Netze und Netzteile allein in der Ostsee verlorengehen und die marine Artenvielfalt gefährden.
Über neun Tonnen weniger Geisternetze seit 2020
Seit 2020 führt die GRD unter dem Motto „FÜR MEER LEBEN“ zusammen mit dem Geisternetzexperten Wolfgang Frank Bergungen vor Rügen durch, um die todbringenden Fallen unschädlich zu machen. Ohne das Engagement von Sporttaucher:innen aus ganz Deutschland wäre dieses GRD-Projekt nicht durchführbar.
In 28 Metern Tiefe und unter widrigen äußeren Bedingungen haben sie am vergangenen Freitag einerseits Netzteile zerschnitten und andererseits Hebesäcke arretiert, sodass das ehemalige Schleppnetz mit einem Gewicht von rund einer Tonne an Bord des Begleitschiffs SAS-111 – „CHRISTIN-BETTINA“ gezogen werden konnte. Seit 2020 hat die GRD auf diese Weise knapp 9,3 Tonnen an Netzen und Netzteilen geborgen.
Geisternetzbergung an Land
Die Sporttaucher:innen stellen sich dieser keinesfalls ungefährlichen Aufgabe, da sie den Umwelt- und Meeresschutz aktiv unterstützen möchten. Dass diese tatkräftige Unterstützung nicht zwingend im Meer, sondern auch an der Küste durchgeführt werden kann, zeigte sich an Tag 2. Da aufgrund von zu starken Wellen und Strömungen die Bergung in der Ostsee abgesagt werden musste, wurde kurzerhand ein Beach-Clean-Up nördlich von Prora durchgeführt.
Womit niemand gerechnet hatte: Insgesamt vier Stellnetze haben die Müllsammler:innen bei dieser Aktion gefunden – sowohl direkt am Wasser als auch im angrenzenden Waldgebiet. Hinzu kamen: ein Altreifen, ein Röhrenfernseher sowie eine ausgediente Nebelgranate. Vor allem füllten sich die Säcke aber durch jede Menge Plastikmüll, Kronkorken, Zigarettenkippen und Hundekotbeutel.
Weitere Planungen zum Schutz der Ostsee
Die nächste Geisternetzbergung der GRD in Zusammenarbeit mit Wolfgang Frank ist für den August 2023 geplant. Zuvor wird es im Mai einen Workshop auf Rügen geben, bei dem Sporttaucher:innen fit gemacht werden, um an Geisternetzbergungen teilnehmen zu können. Dieser ist bereits ausgebucht; Anmeldungen für weitere Workshops sind aber auf der Website der GRD jederzeit willkommen.
Ermöglicht werden diese Aktionen dank der großzügigen Unterstützung der Deutschen Postcode Lotterie, der Taucher:innen, Wolfgang Frank sowie aller Unterstützer:innen des GRD-Projekts „Geisternetzbergungen in der Ostsee“. Durch die Auktion „Kunst statt Kunststoff“ der Agentur Medienmonster aus Kiel wurden dem Schutz der Ostsee jüngst zusätzlich 1.840 Euro gespendet.