In Beantwortung einer Kleinen Anfrage der SPD Landtagsfraktion stellt das MELUND nun fest, dass „Hochgeschwindigkeitsfahrten grundsätzlich geeignet [sind], Schweinswale durch den von ihnen ausgehenden Lärm oder durch Kollisionen zu verletzen oder zu töten sowie Schutzgebiete, in denen der Schweinswal Erhaltungsgegenstand bzw. Schutzziel ist, zu beeinträchtigen."
Schon vergangenen Sommer wiesen der NABU Schleswig-Holstein sowie die GRD nach, dass Speedboot-Fahrten auch unmittelbar dort stattfinden, wo sich täglich Schweinswalmütter mit ihren Neugeborenen aufhalten. Die Naturschützer*innen forderten das Landesumweltministerium MELUND dazu auf, die Fahrten aufgrund der Gefahrenlage zu stoppen, was nicht umgesetzt wurde. Selbst einige Tourismus-Organisationen distanzieren sich mittlerweile von Speedboot-Fahrten.
Die Verbände begrüßen, dass das Ministerium sich nun mit der Gefährdung durch Speedboote beschäftigt hat. Die ergriffenen Maßnahmen halten NABU, BUND und GRD jedoch für wenig wirksam und zu kurz gegriffen. „Die Umsetzung der neuen Verordnung baut offenbar auf die Selbstkontrolle der Anbietenden. Das ist absurd, denn die Forderung, einen großen Teil der mit ‚Adrenalin pur‘ beworbenen Fahrt in gemäßigtem Tempo zu bestreiten, steht dem Angebotsziel der Betreiber komplett entgegen. Ohne effektive Vorschriften und Kontrolle wird es nicht gehen,“ erläutert Dagmar Struß, Leiterin der NABU Landesstelle Ostseeschutz.
„Die Monate, in denen Speedboot-Fahrten angeboten werden, überschneiden sich zudem genau mit den Zeiten, in denen sich die Schweinswale vermehrt an unseren Küsten aufhalten,“ ergänzt Stefanie Sudhaus, Meeresschutzreferentin beim BUND SH. „Und die Tiere reagieren äußerst sensibel auf den Lärm, gerade in den Zeiten, in denen die Kälber geboren und gesäugt werden.“
“Schweinswale gehören zu den streng geschützten Tierarten in Deutschland. Trotzdem nimmt eine Minderheit von Spaßtouristen keinerlei Rücksicht auf Tier und Natur, setzt ihr Vergnügen über alles“, betont der Biologe Ulrich Karlowski von der GRD.
Nach den Vorschriften für besonders geschützte Arten (§44 des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatschG)) muss das MELUND die Einhaltung von Schutzmaßnahmen kontrollieren und durchsetzen. In der Beantwortung der Kleinen Anfrage wird jedoch nur die Erhebung einiger Daten durch die Betreiber eingefordert., Deren weitere Verwertung durch das Ministerium wird nicht erläutert. Konsequenzen für den Betrieb der Speedboote sind somit nicht zu erwarten.
Die Naturschutzorganisationen folgen der Behörde nicht in ihrer rechtlichen Bewertung, dass Umweltprüfungen im Sinne der Eingriffsregelung hier nicht erforderlich und des Weiteren das Bundesverkehrsministerium zuständig sei. Sie sehen in einem kommerziellen Angebot ein Projekt, dass aufgrund seiner erwiesenermaßen möglichen Störungs- und Tötungswirkung von Landesseite zu prüfen ist.
NABU, BUND und GRD fordern das Land Schleswig-Holstein auf, die Einhaltung des Tötungs-, Verletzungs- und Störungsverbots nach §44 BNatschG durch geeignete Maßnahmen durchzusetzen und zu kontrollieren und bei fehlender Zuständigkeit beim Bundesverkehrsministerium darauf zu dringen, dass umgehend eine entsprechende Verordnung - beispielsweise eine verpflichtende Befahrensregelung für sensible Gebiete - erlassen wird. Auch übergangsweise muss der Schutz – z.B. durch Aussetzen der Fahrten - gewährleistet werden.
Kontakt
Dagmar Struß, NABU Landesstelle Ostseeschutz, Mobil 0170-9611081, Dagmar.Struss@NABU-SH.de
Stefanie Sudhaus, BUND Meeresschutzreferentin, Tel. 0152 29015049, stefanie.sudhaus@bund-sh.de
Ulrich Karlowski, Gesellschaft zur Rettung der Delphine, Tel. 089-74 16 04 10, info@delphinschutz.org