Zusätzliche Belastungen prägten bundesweit das Jahr 2007 für die Krankenhäuser. Die Erhöhung der Mehrwertsteuer um drei auf 19 Prozent, steigende Energiekosten, die Sanierungsabgabe zugunsten der Krankenkassen (pauschal 0,5 Prozent von jeder Rechnung) sowie die niedrige Veränderungsrate von 0,64 Prozent (Betrag, um den das Budget einer Klinik im jeweiligen Jahr steigen darf) sind einige Beispiele. Im stark regulierten Gesundheitswesen in Deutschland geraten Krankenhäuser zunehmend in Existenznot. "Insofern sind wir froh, dass wir das Ergebnis der Gesundheit Nordhessen nach dem Tiefpunkt 2005 (-4 Mio. Euro, 2006: -2,250 Mio. Euro) auf jetzt -1,929 Mio. Euro steigern konnten", so der Vorstandsvorsitzende Dr. Gerhard M. Sontheimer. Das Ergebnis werde durch Firmenwertabschreibungen für die Kreiskliniken Kassel in Höhe von 2,4 Mio. Euro belastet. Ohne den seit Anfang 2007 geltenden Besonderen Tarifvertrag zur Sicherung der Wirtschaftlichkeit hätte das Konzernergebnis bei -4,295 Mio. Euro gelegen.
Der Besondere Tarifvertrag beinhaltet einen Gehaltsverzicht der nicht-ärztlichen Beschäf-tigten zwischen vier und sechs Prozent in den Jahren 2007 bis 2015 bei gleichzeitigem Verzicht auf betriebsbedingte Kündigungen. Wie im Besonderen Tarifvertrag festgelegt, sind Überschüsse an die Beschäftigten zurückgezahlt worden, weil das Jahresergebnis ohne Firmenwertabschreibung für die Kreiskliniken positiv ist. Insgesamt 2,488 Mio. Euro haben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zurückbekommen, das entspricht durchschnittlich 1,8 Prozent des Gehalts.
Sontheimer bedauerte in diesem Zusammenhang, dass der Gehaltsverzicht oft in Verbindung mit dem Neubauprojekt Klinikum Kassel diskutiert wird. Der Gehaltsverzicht diene jedoch zunächst der Beseitigung des kurzfristigen Kostenproblems. So sei 2007 kein Cent des Gehaltsverzichts der Beschäftigten in das Neubauprojekt geflossen. Da bisher mehr Fördermittel gezahlt als ausgegeben worden seien, hätten vielmehr Zinserträge in sechsstelliger Höhe das Ergebnis sogar verbessert.
Kerngeschäft der Gesundheit Nordhessen ist das Krankenhaussegment, auf das über drei Viertel des Umsatzes entfallen. Trotz der schwierigen Rahmenbedingungen ist es gelungen in allen Kliniken - ausgenommen Helmarshausen - die Leistungszahlen zu steigern. Das Behandlungsspektrum wurde um neue Schwerpunkte erweitert, beispielsweise das Neurozentrum des Klinikum Kassel und die Kardiologie in Bad Arolsen. Insgesamt wurden 2007 in den Krankenhäusern der Gesundheit Nordhessen Holding 66.443 Patientinnen und Patienten stationär behandelt. Das Ergebnis des Krankenhaussegments (-1,318.5 Mio. Euro) im Einzelnen:
Die Klinikum Kassel GmbH hat das Jahr 2007 vor Ergebnisabführung an die Gesundheit Nordhessen mit einem Überschuss von 845.000 Euro abgeschlossen. Einschließlich ihrer Tochtergesellschaften (Kinderkrankenhaus Park Schönfeld, Zentrum für Medizinische Versorgung) liegt der Überschuss bei 1,219 Mio. Euro. Das Jahresergebnis der Krankenhaus Bad Arolsen GmbH (-223.100 Euro) wurde durch einen außerordentlichen Aufwand aus dem Budgetausgleich 2004 in Höhe von 427.000 Euro einmalig belastet. Die Kreiskliniken Kassel GmbH schließt mit einem Jahresfehlbetrag von -2,053 Mio. Euro ab, was gegenüber dem Vorjahr einer Ergebnisverbesserung von 500.000 Euro entspricht. Die Abschreibung des Firmenwertes in Höhe von 2,394 Mio. Euro für alle drei Kliniken belastet nicht nur das Ergebnis 2007, sondern auch letztmalig das Geschäftsjahr 2008.
Die Seniorenwohnanlagen haben sich aufgrund der sich verschärfenden Wettbewerbssituation in Kassel leicht unter Plan entwickelt und das Jahr 2007 mit einem Überschuss von 260.000 Euro abgeschlossen. Im Bereich der ambulanten Rehabilitation konnte durch zusätzliche Leistungen (urologische und kardiologische Rehabilitation) eine Ergebnisverbesserung auf -69.300 Euro erzielt werden. Im Segment der Wirtschaftsdienste gab es keine Veränderung (-1,355 Mio. Euro).
Die Zahl der im Jahresdurchschnitt beschäftigten Vollzeitstellen wurde durch natürliche Fluktuation und Altersteilzeitangebote um 55 auf 2.951 volle Stellen reduziert. Diese verteilen sich auf rund 4600 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Für dieses Jahr ist ein weiterer Abbau von 18,5 Vollzeitstellen im Jahresdurchschnitt geplant. "Damit stoßen wir unter den gegenwärtigen baulichen Bedingungen an die Grenzen", so Sontheimer.
Als erfreulich bezeichnete es der Vorstandsvorsitzende, dass die Liquidität des Konzern um 16 Mio. Euro ausgebaut werden konnte (auf knapp 43 Mio. Euro). Dieser Effekt sei neben dem positiven Cash flow aus der laufenden Geschäftstätigkeit auch auf die bereits gezahlten Fördermittel für das Neubauprojekt am Klinikum Kassel zurückzuführen. Dort entsteht für 116,5 Mio. Euro ein zentrales Aufnahme- und Diagnostikgebäude und ein neues Frauen-, Mutter-, Kindzentrum, in dem ab 2011 beide Kasseler Kinderkliniken (Kinderklinik im Klinikum und Kinderkrankenhaus Park Schönfeld) unter einem Dach vereint sind. Im zweiten Bauabschnitt folgt ein neues Empfangsgebäude. Damit wird die Pavillon-Bauweise durch ein Zentralklinikum ersetzt, das optimierte Behandlungsabläufe ermöglicht. Die Ende 2006 begonnenen Bauarbeiten liegen nach Angaben Sontheimers im Zeit- und Kostenplan, so dass im Sommer 2009 der erste Teil des Diagnostikgebäudes in Betrieb genommen werden könne.
Die Umstrukturierung sei die Voraussetzung für die langfristige Zukunftssicherung des Klinikums, betonte Sontheimer. Dennoch blicke er mit Sorge in die Zukunft. Die jüngst vereinbarten Tariferhöhungen von ver.di und Marburger Bund bedeuteten für die gesamte Gesundheit Nordhessen in den Jahren 2008/09 Mehrausgaben von rund 12 Mio. Euro. "Dies stellt uns bereits 2008 vor eine Herausforderung. Aber für 2009 wissen wir bei unveränderten politischen Vorgaben nicht, wie wir die höheren Vergütungen, die steigenden Energie- und sonstigen Kosten finanzieren sollen." Sontheimer forderte die Bundespolitik zu umgehenden Änderungen bei der Krankenhausfinanzierung und zur Abschaffung der Budgetdeckelung auf: "Mehr Leistung muss sich auch lohnen".