Nach Angaben des Bundesgesundheitsministeriums gibt es derzeit in Deutschland bereits 1,7 Millionen Demenz-Patienten, die meisten sind über 65. Bis zum Jahr 2050 werden wegen der zunehmenden Alterung mittlerweile drei Millionen Demenz-Patienten erwartet. Demenz bedeutet, dass Zellen im Gehirn absterben und Zellverbindungen sich lösen. Demenz-Patienten werden dadurch zunehmend vergesslich, unkonzentriert und verlieren die Orientierung. Je mehr die Krankheit fortschreitet, desto größer werden die Risiken - sowohl für die Betroffenen selbst als auch für die Mitmenschen. So kann es zum Beispiel passieren, dass ein Demenz-Patient verwirrt auf die Straße läuft und dort mit einem Radfahrer zusammenprallt, wobei sich beide schwer verletzen. Versicherungsschutz hilft, zumindest die finanziellen Folgen zu lindern.
Gerücht: „Ich muss eine Demenz-Erkrankung der Versicherung melden“
Eine solche Pflicht gibt es nicht, so die Gothaer Versicherung. Eine Besonderheit gilt allerdings für die private Unfallversicherung. Nach den üblichen Bedingungen sind in der Regel „nicht versicherungsfähig und trotz Beitragszahlung nicht versichert“ schwer – oder schwerstpflegebedürftige Personen. Um hier eine klare Regelung zu haben, welche Personen als schwer- oder schwerstpflegebedürftig anzusehen sind, orientieren sich viele Unfallversicherer an der Gesetzlichen Pflegeversicherung und legen sich hierbei auf einen Pflegegrad als objektivem Kriterium fest. In vielen Fällen ist das der Pflegegrad 3. Ist für die an Demenz erkrankte Person dann z.B. der Pflegegrad 3 festgelegt worden, so ist sie ab diesem Zeitpunkt nicht mehr versichert. Prämien, die über diesen Zeitpunkt hinaus gezahlt worden sind, werden erstattet.
Gerücht: „Wegen einer Demenz-Erkrankung steigen die Prämien“
Selbst wenn die Versicherung von einer Demenz-Erkrankung erfährt, kann sie deshalb nicht die Prämien erhöhen. Eine Ausnahme ist denkbar in der Kfz-Haftpflichtversicherung: Wenn ein Demenz-Patient am Steuer einen Unfall verursacht, der reguliert werden muss, so erfolgt wie bei jedem anderen Kunden eine Rückstufung beim Schadenfreiheitsrabatt, sofern keine Rabatt-Retter-Regelungen vereinbart waren.
Gerücht: „Nach einer Demenz-Erkrankung droht die Vertragskündigung“
Wegen der Demenz-Erkrankung selbst hat eine Versicherung kein Sonderkündigungsrecht. Allerdings kann bei Sach-, Haftpflicht- und Unfallversicherungen in der Regel nach einem Schadensfall eine Kündigung erfolgen. Das gilt für beide Vertragspartner, für den Versicherer wie für den Kunden.
Gerücht: „Eine Privathaftpflichtversicherung zahlt für Schäden von Demenz-Erkrankten gar nicht“
Das kann passieren, hat dann aber nichts mit den Versicherungsbedingungen zu tun, sondern mit einer gesetzlichen Regelung, erläutert die Gothaer Versicherung: War ein Demenz-Patient bereits „deliktunfähig", so nennen es Juristen, haftet er nicht. Das könnte der Fall sein, wenn jemand für einen Moment oder dauerhaft vollkommen verwirrt ist und gar nicht mehr begreift, was er tut. Es ist ähnlich wie mit Kindern unter sieben Jahren (Straßenverkehr: unten zehn Jahre), die von der Haftung befreit sind.
Es besteht dann kein gesetzlicher Anspruch auf Schadenersatz, deshalb muss auch die private Haftpflichtversicherung (PHV) nicht dafür aufkommen. Denn versichert ist grundsätzlich nur das, wofür man per Gesetz haftbar gemacht werden kann. Für den Versicherten übernimmt die PHV in dieser Situation aber eine Rechtsschutzfunktion: Sie hilft, einen unberechtigten Anspruch abzuwehren.
Eine Ausnahme ist möglich bei neueren Haftpflicht-Policen, bei denen der Versicherungsschutz auf „Deliktunfähigkeit" erweitert wurde. Per Gesetz besteht zwar weiterhin kein Schadenersatzanspruch – der Demenz-Patient könnte aber um des lieben Friedens willen die Versicherung beauftragen, den angerichteten Schaden trotzdem zu regulieren.
Gerücht: „Ein Demenz-Patient am Steuer ist nicht versichert“
Sollte ein Demenz-Patient mit seinem Auto einen Schaden anrichten, so hat das Verkehrsopfer gegen den Halter des Fahrzeugs selbst dann einen Schadenersatzanspruch, wenn der Fahrer infolge einer Demenz deliktunfähig gewesen sein sollte. So sieht es das strenge Straßenverkehrsgesetz vor. Eine Demenzerkrankung des Schadenverursachers steht also einer Entschädigung des Unfallopfers durch den Kfz-Versicherer nicht entgegen. Ob der Versicherer seine Leistung vom Schadenverursacher zurückfordern kann, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab.
Doch eine Entschädigung für das Opfer kann das verursachte Leid nicht mehr ungeschehen machen. Wichtig ist daher, Verantwortung zu zeigen und die Fahrtüchtigkeit zu überprüfen. Vor allem die Angehörigen sind gefordert, mit Fingerspitzengefühl dem Betroffenen die Situation aufzuzeigen und schließlich bei Bedarf die Abgabe des Führerscheins anzustreben.