Das GreenSign Institut fokussiert sich als Nachhaltigkeits-Zertifizierer neben ökologischen und ökonomischen Herausforderungen des Tourismus vor allem auch auf den Ausbau des sozialen Engagements in der Branche, welche bei Gästen zunehmend als wichtig erachtet wird. Gleichzeitig dient GreenSign als transparentes Kommunikationsmittel der Nachhaltigkeitsbestrebungen. Sowohl der Embrace Verband als auch das GreenSign Institut vertreten gemeinschaftliche Werte und mit einer gemeinsamen Kampagne zur Aufklärung und Inspiration soll das Thema Inklusion lauter in die Hotellerie kommuniziert werden. Zusammen möchte man der Welt zeigen, dass Inklusionshotellerie genauso gut funktioniert wie andere Hotelbetriebe. Darüber hinaus wollen sich die Embrace Hotels nicht nur auf dem Thema Soziales ausruhen, sondern auch den anderen Nachhaltigkeits-Elementen größere Beachtung schenken. Neben den fünf bereits vorab mit GreenSign zertifizierten Hotels des Verbands, werden sich weitere Hotels dem ganzheitlichen nachhaltigen Zertifizierungsprozess unterziehen.
Einblick in die Inklusionshotellerie
Bernd Kerkhoff, Direktor des Hotel Alexianer am Wasserturm in Münster, kommt ursprünglich aus der Kettenhotellerie und begann 2015 mit der Neueröffnung des Alexianer Hotel am Wasserturm als Inklusionshotel ein für ihn völlig neuartiges Projekt. Im Hotel sind über 40 Prozent der Arbeitsplätze mit Schwerbehinderten besetzt. „Der Übergang zu einem Inklusionshotel war anfangs für mich ein komplettes Neuland. Die spannende Aufgabe, eine Neueröffnung und gleichzeitig ein Inklusionsbetrieb zu haben, hat mich sehr gereizt. Aber ich musste auch schnell feststellen, dass viele Dinge, die ich mir vorher überlegt hatte, überhaupt nicht zum Tragen gekommen sind. Die Erfahrung zeigte, dass man da ganz locker rangehen muss. Man weiß vorher nicht, wie wird das Arbeiten mit schwerbehinderten Kollegen. Bis das Thema richtig greifbar für mich war, hat es tatsächlich zwei bis drei Jahre gedauert. Diese Zeit mit Höhen und Tiefen braucht es einfach, um Abläufe und Produktivität zu entwickeln. Es ist ein Prozess, der noch immer andauert, aber nach wie vor sehr spannend ist.“
Rocco Pabst ist bereits seit 14 Jahren Direktor des Hotels im Kornspeicher in Marburg. Auch hier war die Version von Beginn an eindeutig, einen Arbeitsplatz für schwerbehinderte Menschen zu schaffen. „Das Hotelprojekt entstand aus der Initiative eines ortsansässigen Vereins, der bereits im Werkstattbereich mit Schwerbehinderten gearbeitet hatte. Das Projekt sollte neue Arbeitsfelder für diese Menschen schaffen, und zwar nicht im Hintergrund, sondern direkt im Stadtzentrum in einem Hotel, um das Thema Behinderung in den Mittelpunkt des öffentlichen Geschehens zu bringen.“ Zunächst musste evaluiert werden, welche Arbeitsplätze in dem Hotel geschaffen werden können, so dass es ein gängiger Hotelbetrieb ist. „Der Anspruch damals und heute ist es, dass man nicht sagt: ‚Da arbeiten behinderte Menschen und die haben sich Mühe gegeben‘, sondern dass der Gast, wenn er im Aufzug steht und liest, dass es ein Inklusionshotel ist, eher überrascht ist“, so Rocco Pabst.
Das Argument dabei darf nicht sein, und das betonen beide Hoteliers, dass Gäste in das Hotel gehen, um die Schwerbehinderten zu unterstützen, sondern im besten Fall gar nicht davon wissen und es wie jedes andere Hotel wahrnehmen. Qualität, Service und das Aufenthaltsgefühl ist dasselbe oder ein Besseres, so lautet der Anspruch. Die Tatsache, dass es sich um ein Inklusionshotel handelt, sollte eher als „Oha“- Moment wahrgenommen werden.
Leidenschaft und Engagement für Inklusion in der Hotellerie
Victoria Knauer-Hansen, Sustainability Managerin bei GreenSign ist seit Jahren bemüht, als Speakerin, Dozentin und Bloggerin, die Inklusion in der Branche zu fördern. „Ich kam dem Thema durch berufliche und private Erfahrungen nahe. Es gab damals zu meiner Zeit im Hotel leider null Aufmerksamkeit dafür und wir bekamen keinerlei Hilfe und Zuspruch zum Umgang mit Behinderten. Jedoch hatten wir einfach bei der Arbeit auf unsere gegenseitigen Bedürfnisse geachtet und einen unvergleichlichen Zusammenhalt gespürt. Rückblickend war das die beste Zeit und das tollste Teamwork, dass ich je hatte. Als das Thema mich später auch im Privaten berührt hat, entschloss ich, für zukünftige Generationen und aktuelle Betroffene eine Stimme einzunehmen und die Thematik verstärkt in die Branche zu bringen.“
Dass die Arbeit in einem Inklusionsbetrieb auch vielerlei Herausforderungen birgt, liegt auf der Hand. Die Voraussetzungen und Ansprüche der einzelnen Mitarbeiter müssen ergründet werden, um aufeinander eingehen und miteinander im Team funktionieren zu können. Bei nicht sichtbaren Behinderungen ist es zusätzlich schwieriger, die Stärken und Schwächen einzuschätzen, das benötigt Zeit und Erfahrung. Bei dem Lernprozess sind, neben dem Embrace Verband, auch Jobcoaches, das Inklusionsamt und andere Sozialverbände hilfreich. Rückschritte kommen allerdings auch immer wieder vor. Dafür braucht es Verständnis, Geduld und ständige Reflektion. Dass der Hotelier hierbei auch sehr viel über sich selbst lernt und seinen eigenen Umgang, die Reaktionen und das Erkennen von Chancen optimiert, ist ein positiver Effekt dieser Entwicklung.
Viele Menschen haben heute noch Berührungsängste mit und großen Respekt vor dem Thema Inklusion. Dies beginnt schon bei der Hemmung, welche Worte für Menschen mit Behinderung überhaupt ‚erlaubt‘ sind. Letztendlich sind es erfahrungsgemäß individuelle Menschen, die sich einen offenen Umgang wünschen und auf ihre persönlichen Bedürfnisse angesprochen werden möchten. Ein proaktives Gespräch auf Augenhöhe kann erste Hemmungen meist schnell lösen. Im Team ist das Prinzip Aufklärung und Orientierung essenziell für ein positives Arbeitsumfeld. Hier fehlt es in der Hotellerie noch an Guidelines, Erfahrungsberichten und Lösungswegen. Das ist der Grund, warum der Embrace Verband und das GreenSign Institut das Thema forcieren und verstärkt in die öffentliche Kommunikation einfließen lassen möchten.