Auwi Stübbe und Werner Kintzinger, beide Professoren der Hochschule Coburg, in der Fakultät Design, signalisierten ihre Bereitschaft, die fachliche Leitung des Innovationszentrums Lichtenfels zu übernehmen, Stadt und Landkreis Lichtenfels sowie die Handwerkskammer erklärten sich bereit, die strategische Neuausrichtung des Innovationszentrum Lichtenfels mit voran zu treiben. Im Rahmen der Mitgliederversammlung vom 15. Dezember wurde dafür eine kommissarische Lenkungsgruppe eingerichtet, der alte Vorstand zog sich zurück.
Die Ausgangsüberlegung für die strategische Neuausrichtung des Innovationszentrums stand schnell fest, so die Design- Professoren Auwi Stübbe und Werner Kintzinger. Die anhaltend schwierige Konjunkturentwicklung und der damit verbundene starke Rückgang der Betriebs- und Beschäftigtenzahlen im Flechthandwerk machten klar, dass Aufträge aus dem Flechthandwerk das Innovationszentrum in Lichtenfels künftig nicht mehr auslasten werden.
Uns war schnell klar, so Stübbe und Kintzinger: das Potenzial und das know how, das in den vergangenen Jahren in Lichtenfels aufgebaut worden ist, muss auch für andere Berufe und Branchen geöffnet werden, um eine Auslastung des hoch qualifizierten Innovationszentrums auch für die kommenden Jahre sicher zu stellen.
Die technische Ausstattung und die Räumlichkeiten dazu sind vorhanden, und auch andere Branchen haben in Bezug auf Marketing, Design und Technologie Bedarf nach hochwertigen Dienstleistungen. Das dazu erforderliche fachliche know how war durch die Hochschule Coburg im Bereich Design, Innenarchitektur und Marketing, als einem Träger der Initiative, sicher gestellt. Deswegen wurde am 15. Dezember auch der Name des Innovationszentrums geändert in den neuen Namen „Innovationszentrum Lichtenfels – Marketing, Design und Technologie“.
Wohin die Reise für das Innovationszentrum gehen muss war damit geklärt. Das größere Problem waren allerdings die Altlasten des Innovationszentrums, wie die vom stellvertretendem Kämmerer des Landkreises Lichtenfels Holger Stingl und Manfred Diller, dem Leiter des Hauptamtes der Stadt Lichtenfels vorgenommene, umfassende Bestandsaufnahme des Innovationszentrums ergab. Alle verwertbaren Patente und Lizenzen waren ausgelaufen bzw. nicht verlängert.
Eine Vermarktung der bisherigen Entwicklungen und damit die Erschließung neuer Einnahmequellen für das Innovationszentrum sind kurzfristig nur sehr schwer zu realisieren. Dazu kam der in den letzten Jahren entstandene Stau an notwendigen Instandsetzungs- und Sanierungsarbeiten am Gebäude und an den Maschinen des Innovationszentrums. Und drittens war auch die finanzielle Lage des Innovationszentrums schlechter als erwartet, Kredite liefen aus. Alles in allem ergab sich ein Fehlbedarf von 75.000 EURO, ohne den ein reibungsloser Neustart des Innovationszentrums unmöglich ist.
Ein Neustart, der ja auch eine gewisse Anlaufzeit benötig, konnte mit dieser Schuldenlast nicht geschultert werden. Nur durch eine konzertierte Aktion von Stadt, Landkreis und der Oberfrankenstiftung konnte das drohende Aus für das Innovationszentrum Lichtenfels verhindert werden. Die Entscheidungsgremien der Stadt und des Landkreises Lichtenfels und die Oberfrankenstiftung beschlossen, die Schuldenlast jeweils zu einem Drittel zu übernehmen.
Dadurch, so die Lichtenfelser Bürgermeisterin Dr. Bianca Fischer und Landrat Reinhard Leutner, konnte die Insolvenz des Innovationszentrums Lichtenfels verhindert werden. Die Weichen für den Neustart des Innovationszentrums Lichtenfels sind damit gestellt.
Parallel zur Altlastenbewältigung haben die Professoren Stübbe und Kintzinger damit begonnen, das Innovationszentrum neu auszurichten. Zum einen wird das bereits von der Oberfrankenstiftung genehmigte Projekt „architektonisches Flechten“ fortgeführt. Die bisher entwickelten Ansätze werden im Lauf der kommenden Monate weiterentwickelt und optimiert, um daraus am Markt verwertbare Entwicklungen zu realisieren. Eine erste Präsentation der Entwicklungen wird auf dem Lichtenfelser Korbmarkt zu sehen sein.
Zudem sind im Jahr 2007 erste Anfragen bundesweit tätiger Unternehmen beim Innovationszentrum Lichtenfels eingegangen. Dabei geht es um die Entwicklung neuer Flecht- Produktlinien für Möbel und für den Außenbereich. In Kooperation mit der Handwerkskammer werden im Herbst Workshops und Trendseminare für Handwerksunternehmen stattfinden. Anfragen gibt es auch im Bereich der Neugestaltung von Körben für die Warenpräsentation.
Das Innovationszentrum wird in Zukunft eine besondere Beziehung zur Hochschule Coburg entwickeln. Zur Zeit werden Gespräche geführt, wie welcher Weise gemeinsam Projekte zu beiderseitigem Nutzen durchgeführt werden können.
Einer der künftigen Schwerpunkte des Innovationszentrums in Kooperation mit der Hochschule Coburg, soll das Thema Leichtbau sein. Dort wird es um den Einsatz von Leichtbauplatten in Kombination mit neuen Materialien, aber auch Beschichtungen im holzverarbeitenden Bereich gehen, so die Professoren Auwi Stübbe und Werner Kintzinger.
„Die Kosten für Vollmaterial sind in der letzten Zeit durch die Verknappung der Rohstoffe erheblich gestiegen und werden weiter steigen. Vor diesem Hintergrund haben Leichtbaumaterialien eine neue Perspektive bekommen. Für das verarbeitende Handwerk sind dies neue Herausforderungen in den Bereichen der Beschlags- und Verbindungstechnik, sowie der Oberflächengestaltung. Hier liegt für das Innovationszentrum im Zusammenwirken mit dem Handwerk und dem Arbeitskreis "Leichtbau" der einschlägigen Industrie ein erhebliches Potential.“
Stübbe und Kintzinger hatten zur letzten Interzum (Kölnmesse Mai 2007), der führenden Messe für die Zuliefererindustrie im Bereich Möbel und Raum, im Innovationszentrum im Zusammenwirken mit der Hochschule Coburg, Fakultät Design, Leichtbau- Prototypen als Exponate für einen Wettbewerb entwickelt. Fünf dieser Prototypen wurden mit Preisen ausgezeichnet. Das Thema Leichtbau ist seit 10 Jahren bei der Hochschule Coburg verankert. Und, last not least: das Innovationszentrum Lichtenfels wird vom Bayerischen Wirtschaftsministerium / Bereich Design einen Auftrag für den Bau einer Ausstellung „Möbel aus Papier“ in der Neuen Sammlung der Pinakothek der Moderne in München erhalten.
Alleine die Auflistung der Projekte und Chancen, die sich alleine in den letzten Monaten, auf der Basis der bisher geleisteten Arbeit für das Innovationszentrum ergeben haben, stimmt uns sehr optimistisch, so Bianca Fischer und Reinhard Leutner, dass sich im Rahmen der strategischen Neuausrichtung des Innovationszentrums bereits einiges getan hat. Das Potenzial für eine neue Zukunftsperspektive des Innovationszentrums ist vorhanden.
Das Signal für den offiziellen und endgültigen Neustart des Innovationszentrums für Marketing, Design und Technologie wird übrigens am 27. September zur Mitgliederversammlung des Innovationszentrums gegeben. Dort wird auch ein neuer Vorstand gewählt.