Heitmüller bezog damit zur Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes vom 3. April 2008 zum Niedersächsischen Landesvergabegesetz Stellung. Der Europäische Gerichtshof hatte festgestellt, dass die Tariftreueregelung des Niedersächsischen Landesvergabegesetzes nicht mit dem europäischen Recht vereinbar sei, weil diese Regelung gegen den Grundsatz des freien Dienstleistungsverkehrs verstoße.
"Aus gemeinschaftsrechtlicher Sicht ist das Urteil nicht zu beanstanden," erklärte Heitmüller. "Für die Vergabepraxis in Niedersachsen ist die Entscheidung allerdings folgenschwer." Seit Bekanntwerden des Urteils werde die Tariftreueerklärung bei öffentlichen Aufträgen nicht mehr gefordert. Dies führe zu einer weiteren Verschärfung des Wettbewerbs und zu Dumpinglöhnen. Darüber hinaus werde das Handwerk nun noch weniger bei öffentlichen Aufträgen berücksichtigt als bisher.
Mit Blick auf das vergangene Jahr erklärte Heitmüller, dass die Bilanz 2007 für das Handwerk im Handwerkskammerbezirk nur durchwachsen ausgefallen sei. Zwar habe zu Beginn des Jahres 2007 noch Optimismus geherrscht, weil alle wichtigen Konjunkturindikatoren nach oben zeigten. Im Verlauf des Jahres habe die konjunkturelle Dynamik allerdings deutlich nachgelassen. Auch für 2008 erwarte das Handwerk keine grundlegende Besserung. Bereits heute sei absehbar, dass sich die hohen Energie- und Rohstoffpreise sowie andere außenwirtschaftliche Einflüsse im weiteren Jahresverlauf negativ bemerkbar machen werden.
Heitmüller stellte in diesem Zusammenhang fest, dass das Handwerk stärkere Impulse auf der Nachfrageseite brauche und forderte, den Steuerbonus für Handwerkerleistungen aufzustocken. Er plädierte dafür, dass zukünftig 25 Prozent von bis zu 4.000 Euro erbrachter handwerklicher Arbeitsleistungen als Abzug von der Einkommensteuer berücksichtigt werden sollten. Nur dann könne der Steuerbonus richtig greifen und die privaten Haushalte entlastet und die seit der Mehrwertsteuererhöhung wieder zunehmende Schwarzarbeit eingedämmt werden.
Der Kammerpräsident wies darauf hin, dass die Zahl der Betriebe, der Beschäftigen und die Umsätze in 2007 gestiegen seien. Zum 31. Dezember 2007 waren insgesamt 18.042 Betriebe bei der Handwerkskammer Hannover eingetragen. 577 bzw. 3,3 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Erfreulich entwickelten sich auch die Umsätze, auch wenn nicht alle Handwerkszweige gleichermaßen von dieser Entwicklung profitierten. Rund 7,06 Mrd. Euro setzte das Handwerk im Handwerkskammerbezirk Hannover im vergangenen Jahr. Das entspricht einem Plus von 0,9 Prozent.
Die Entwicklung der Betriebszahlen sei - so Heitmüller - allerdings nicht durchweg positiv zu werten, da der Zuwachs der Betriebe nahezu vollständig aus einem weiteren Anstieg der zulassungsfreien Handwerken resultiert. Hier wuchs der Betriebsbestand im Verlauf des Jahres 2007 um 524 Betriebe. Das entspricht einem Plus von 21,3 Prozent.
Erneut entstanden die meisten neuen Betriebe bei den Gebäudereinigern (+ 183) und im Bereich des Fliesen-, Platten- und Mosaiklegerhandwerks (+ 177). Damit sei der Anteil der Betriebe, die ohne jeden Qualifikationsnachweis gegründet werden, weiter gewachsen.
Der Kammerpräsident wies darauf hin, dass die Handwerkskammer Hannover diese Entwicklung nach wie vor mit großer Sorge betrachte, denn hier zeige sich überdeutlich, dass mit dem seit 2004 geltenden Handwerksrecht eine Dequalifizierungsspirale in Gang gesetzt wurde. Die Zahl der Betriebsinhaber ohne Qualifikation nehme seither Jahr für Jahr zu.
Es sei daher auch zu befürchten, dass die Ausbildungsleistungen des Handwerks mittelfristig in Gefahr geraten. Denn wer einen Beruf selbst nicht erlernt habe, könne das dafür notwendige Wissen auch nicht weitervermitteln. Bislang - so Heitmüller - sei das Engagement des Handwerks, jungen Menschen einen qualifizierten Ausbildungsplatz zur Verfügung zu stellen, jedoch weiterhin recht hoch. So konnte die Zahl der neuen Ausbildungsverträge im vergangenen Jahr deutlich gesteigert werden. Bis zum 31. Dezember 2007 wurden im Handwerkskammerbezirk Hannover 3.668 neue Ausbildungsverträge geschlossen. Das sind 7,2 Prozent mehr als zum Vergleichsdatum 2006.
Der Kammerpräsident machte deutlich, dass es allerdings von Jahr zu Jahr schwieriger werde, solche positiven Zahlen zu schreiben und junge Menschen für eine Ausbildung und eine Karriere im Handwerk zu begeistern. Er wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass das Handwerk die Qualifizierungsinitiative der Bundesregierung, mit der das deutsche Aus- und Weiterbildungssystem weiterentwickelt werden soll, ausdrücklich begrüße, warnte jedoch vor ungewünschten Mitnahmeeffekten.