Erst im Dezember war sie in Berlin, um sich Pokal und Urkunde für ihre Leistung abzuholen. „Ein tolles Erlebnis“, wie sie erzählt. „Preisträger aus so vielen verschiedenen Handwerksberufen kennenzulernen, sich auszutauschen, netten Menschen zu begegnen – das war einfach schön.“ All diese netten Menschen haben etwas gemeinsam: Sie lieben ihr Handwerk und hatten Spaß daran, sich im Wettkampf zu messen. Ganz nebenbei schufen sie damit auch ihren Berufen eine öffentlichkeitswirksame Bühne.
Keine fünf Jahre ist es her, da war Laura Marie Bette selbst noch eine Suchende. „Ich wusste nach dem Abitur nicht, was ich werden wollte“, sagt die 21-Jährige. Ein an den Abschluss beim Carl-Friedrich-Gauß-Gymnasium in Hockenheim angehängtes Freiwilliges Soziales Jahr brachte lediglich Klarheit darüber, was es auf keinen Fall sein sollte. Was blieb, war eine immer schon gelebte kreative Ader und das Interesse an handwerklicher Arbeit. „Eigentlich war es dann ein Zufall, dass es auf die Ausbildung zur Modistin hinauslief“, lächelt sie. Ihre Mutter hatte die Anzeige entdeckt, dass Hut Konrad neue Auszubildende sucht. „Die Begeisterung kam beim Praktikum“, so die junge Frau aus Ketsch. „In dieser einen Woche habe ich gemerkt, dass Hüte zu machen genau das ist, was ich will.“
Die Ausbildung im kleinen Atelier von Hut Konrad, oberhalb des Ladengeschäfts in C1, 8, in Mannheim, eröffnete für Laura Marie Bette eine faszinierende Welt der tausend Möglichkeiten. Drei Jahre lang war es für die junge Nachwuchs-Handwerkerin die Kreativzentrale, um ihr Faible für Mode und Design, für Handwerk und Kunst auszuleben. Auch ihre Chefin und Ausbilderin Isabel Jakel lebt diese Leidenschaft für Kopfbedeckungen seit ihrer eigenen Ausbildung, die der Schritt zur Meisterin im Jahr 2009 komplettierte. Vor elf Jahren hat sie dann die Nachfolge in dem Mannheimer Traditionsgeschäft übernommen. Dass ein Nischen-Handwerk wie das des Modisten Bestand und Zukunft hat, ist für Isabel Jakel gar keine Frage. Selbst, wenn auch sie die aktuellen Herausforderungen spürt, vor denen das Handwerk generell steht. Beispielsweise im Bereich der Nachwuchskräfte. „Es ist nicht leicht, Auszubildende zu finden“, sagt sie. „Ich habe immer sehr wenige Bewerbungen und hoffe jedes Mal innigst, dass ich jemand Passendes finde.“ Diesmal hat es wieder geklappt. Nach Laura Marie Bette ist schon wieder eine neue Auszubildende angestellt. Ein bisschen komme es auch darauf an, „wie wir unser Handwerk vertreten und was wir in der Ausbildung bieten“, sagt sie.
Bei der Gesellenprüfung konnte Laura Marie Bette all das Können zeigen, das sie sich während der Lehrzeit aneignete und so den Grundstein für ihren Sieg bei der Deutschen Meisterschaft im Handwerk legen. Denn die drei Gesellenstücke flossen nebst Fachgespräch in die Bewertung beim Wettbewerb mit ein. Alles war überzeugend. Der außergewöhnliche, seitlich eingeschnittene Strohhut in einem hübschen Fliederton mit dunklen Lila Akzenten ebenso wie die asymmetrische, mehrteilig gearbeitete Stoffkappe im Oversize-Look und der zur Nacharbeit vorgegebene Glockenhut aus Filz. „Mir war es wichtig, dass alle Stücke gut zusammenpassen“, sagt die Deutsche Meisterin im Handwerk. Farben und ein den 20er-Jahren angelehnter Look wurden zum verbindenden Element, durch das dieser Anspruch gelang.
Eigentlich hätte auch Laura Marie Bette beim Wettbewerb gerne weitergemacht. Denn in einigen Gewerken geht es nach den „German Craft Skills“ weiter mit den „EuroSkills“ und „WorldSkills“. Viele hätten nach der Preisverleihung in Berlin gleich mit dem „Training“ begonnen, erzählt sie Präsident Hofmann bei ihrem Besuch in der Handwerkskammer. Hört sich komisch an, wenn das „Workout“ nicht mit Sport verbunden ist. Meint aber das gleiche: „Man will einfach seine Techniken perfektionieren, sich bewusst machen, worauf es ankommt. Dafür muss man üben, üben, üben“, erklärt die Modistin. Für sie war nach dem Bundesentscheid in Sachen Wettbewerb dennoch Schluss. Ihr Beruf war auf internationalem Niveau nicht mehr vertreten.
Doch auch ohne Wettbewerb geht es für Laura Marie Bette weiter und weiter. Stehenbleiben und sich auf dem Abschluss als Gesellin auszuruhen, komme jedenfalls nicht in Frage. Vielleicht folgt die Weiterbildung zur Meisterin, vielleicht ein Studium in Modedesign und Textil, vielleicht ist auch die Arbeit am Theater eine Option. Die Vielfalt an Möglichkeiten im Handwerk öffnet viele Tore und Pforten. Das betonte auch Klaus Hofmann im Gespräch: „Nutzen Sie die Möglichkeiten, die das Handwerk Ihnen bietet. Es lohnt sich!“, sagte der Präsident. Eines steht für Laura Marie Bette jedenfalls fest: „Ich werde der Modisterei treu bleiben!“