Diese Leidenschaft, mit der Philipp Burkhardt Würste macht, können die Juroren beim Feinschmecker-Wettbewerb im französischen Alençon nicht sehen. Aber sie können sie ganz offensichtlich schmecken. Nicht anders ist es zu erklären, dass der junge Metzgermeister aus Mannheim gleich vier Mal in Folge seit 2017 von der Jury zum deutschen Weißwurstmeister gekürt wurde. Die Würste kamen auf dem Postweg in die französische Normandie. Auch in diesem Jahr wieder. Und man ahnt es schon. Seit Mitte Oktober steht fest: Philipp Burkhardt bekommt den begehrten Pokal zum fünften Mal. Wäre der Wettbewerb aufgrund der Pandemie im Jahr 2020 nicht einmal ausgefallen – vermutlich hielte er ihn dann zum sechsten Mal in Händen.
Das Besondere an diesem Jahr: Erstmals nahm nicht nur der Jungmeister am Wettbewerb teil, sondern auch sein Vater. Das Ergebnis hätte besser nicht kommen können. Die Burkhardts haben den Erfolg gepachtet und stellen nun in Philipp Burkhardt nicht nur den deutschen Weißwurstmeister, sondern mit Papa Peter auch den deutschen Bratwurstmeister. Der jeweils andere belegte in der entsprechenden Kategorie auch noch Platz zwei. Man kann nur mutmaßen, wie frustrierend das wohl für die Konkurrenz sein mag.
Philipp Burkhardt kann es eigentlich selbst nicht fassen. „Sie muss wohl wirklich schmecken!“, sagt er über seine Weißwurst. Und zwar nicht nur ihm, sondern auch noch Fachkennern mit ganz besonders feinen Gaumen wie den Jury-Mitgliedern in Alençon. Die prüfen übrigens nicht nur frei Gusto, sondern nach festgelegten Kriterien. So werden unter anderem Geschmack und Konsistenz sowohl im kalten als auch warmen Zustand nebst Biss und „Parfum“ beachtet. Und wie kommt es nun, dass ausgerechnet ein Mannheimer der Konkurrenz aus Bayern die Krone vom Haupt stibitzt, wo das Land doch gemeinhin als King of Weißwurst gilt? „Das ist schon ein ganz sensibles Thema“, scherzt Philipp Burkhardt, zumal seit 2017 ein Metzger aus Oberbayern immer Rang zwei hinter ihm belegte. „Aber eigentlich kommt die Weißwurst ja aus Frankreich.“ Das mag vielleicht erklären, weshalb sich gerade eine französische Jury berufen sieht, die Qualität dieser Würste zu beurteilen, wird für die Teilnehmer aus dem Freistaat aber wenig tröstlich sein.
Für den 30-Jährigen selbst zählt am Ende einfach das Vergnügen, sich im fairen Wettstreit mit Kollegen zu messen, wenngleich das internationale Jury-Lob den Produkten aus der Waldhofer Wurstküche durchaus zuträglich ist. „Natürlich isst man gerne die Wurst vom deutschen Meister“, sagt Philipp Burkhardt, während duftende Zitronenschale, Zwiebel und Petersilie der Masse aus Kalbfleisch, Schweinefleisch und kernigem Rückenspeck in den dröhnenden Kutter folgen. Fein abgeschmeckt wird das Ganze mit einer Gewürzmischung aus Pfeffer, Salz und Muskatblüte. „Ein altes Hausrezept“, wie der junge Metzgermeister verrät, wobei die Ausgewogenheit der Zutaten nicht von der Waage, sondern vom Bauchgefühl bestimmt wird. Ein Grund, weshalb sich die Jury in Alençon wohl ebenso wie Burkhardts Kunden immer wieder überrascht vom guten Geschmack der Mannheimer Weißwurst zeigt.
Für den 30-Jährigen liegt in dieser Bestätigung die Erfüllung seiner Leidenschaft. „Schmecken muss es“, sagt er. Und das passiert nicht automatisch, auch wenn für jemanden, der die dritte Generation eines alteingesessenen Familienbetriebes stellt, das Handwerk in gewisser Weise vorbestimmt war. Philipp Burkhardt sieht in seiner Arbeit aber nicht die logische Konsequenz einer Familiengeschichte, sondern eine wirkliche Berufung. Die Leidenschaft merkt man ihm an. Bei jedem Handgriff, mit dem er nun die Würste im Naturdarm zwirbelt, mit dem er Petersilienstängel und Lorbeerblätter in den dampfenden Wasserkessel wandern lässt, bevor dorthin dann auch die Würste folgen und zum Garvorgang unter dem schweren Metalldeckel verschwinden. Dass so wenige junge Menschen eine Option für sich im Handwerk stehen, kann der Metzgermeister nicht so recht verstehen. „Ich war von 150 Schülern der einzige meiner Jahrgangsstufe, der nach dem Abitur eine handwerkliche Ausbildung gemacht hat“, erzählt er. Zu Zeiten seines Vaters war das noch ganz anders. „Damals gab es zwei, drei Berufsschulklassen mit 30 Azubis“, so der Mannheimer. „Während meiner Ausbildung hatten wir eine mit sieben Leuten.“
Die Chancen, die sich Philipp Burkhardt boten, nutzte er. Nach dem Gesellenabschluss folgte 2015 der Meister und daran anschließend ein zweiter Meister zum Verkaufsleiter im Nahrungsmittelhandwerk mit Foodstore-Management. „Ich bereue den Schritt ins Handwerk kein bisschen“, sagt er. „Es macht mir Spaß, ich esse gerne und mir schmecken meine Sachen. Ein frisches Brot zur Wurst – was gibt es Besseres?“ Am Brühkessel in der Ecke piept der Timer. Da kommen die frischen Weißwürste ja wieder wie gerufen!