Dieser Lehrgang ist ganz nach dem Geschmack von Magdalena Fritsche. Schließlich stehen mit Schalungs-, Bewehrungs- und Betonierarbeiten einige ihrer Lieblingstätigkeiten auf dem Stundenplan. „Das mache ich sehr gerne, zumal es ganz wesentliche Sachen im Alltag betrifft“, sagt die junge Frau. Vier Wochen dauern die einzelnen Blöcke der Überbetrieblichen Ausbildung am Ausbildungszentrum der Bauwirtschaft in Sigmaringen, an der sie wie jeder Lehrling ihres Berufs teilnimmt. Während es für die meisten dann wieder im Betrieb und an der Berufsschule weitergeht, pendelt Fritsche als duale Studentin zwischen Betrieb und Hörsaal. „Bauingenieur Plus“ heißt das Modell, das die gewerbliche Ausbildung zum Maurer oder Beton- und Stahlbetonbauer mit einem Bauingenieurstudium kombiniert und in fünf Jahren zum Gesellenbrief und einem Bachelor-Abschluss führt.
Wie es nach dem Abitur weitergehen sollte, darüber hatte Fritsche klare Vorstellungen, auch wenn die Entscheidung für das Bauwesen eher zufällig erfolgte, wie sie lachend anmerkt. „Für mich kam nur ein Ingenieurstudium in Frage.“ Zunächst entschied sie sich für einen elfmonatigen freiwilligen Wehrdienst, den sie bei der Marine in Wilhelmshaven absolvierte. „Die Offizierslaufbahn wäre interessant gewesen. Ich wollte mich aber dann doch nicht so lange verpflichten“, sagt Fritsche. Bei einem Besuch der Ausbildungsmesse Visionen in Balingen wurde sie auf den „Bauingenieur Plus“ aufmerksam. Was sie überzeugt hat? „Man lernt beide Seiten kennen, Theorie und Planung ebenso wie die praktische Umsetzung auf der Baustelle.“ Den handwerklichen Anteil ihrer Ausbildung weiß die angehende Ingenieurin zu schätzen: „Es ist einfach toll zu sehen, was entsteht. Abends sieht man, was man geschafft hat. Darauf kann man stolz sein.“
Magdalena Fritsche ist der erste Lehrling der Firma Stotz, der gleichzeitig studiert. „Frau Fritsche hat uns mit ihrem Interesse, ihrem Engagement und ihrem Werdegang voll überzeugt“, sagt Karl-Heinz Titsch, Kaufmännischer Leiter des Bauunternehmens. Sie zeige überragende Leistungen in der Ausbildung und im Studium. Als Lohn der Mühen kann sie ihre Lehrzeit verkürzen. Im September wird die Einser-Kandidatin ihren Gesellenbrief in der Tasche haben, nach einer Ausbildungszeit von nur eineinhalb Jahren. „Solche Auszubildende kann sich ein Betrieb nur wünschen“, sagt Titsch.
Ihre Erfahrungen als Frau auf dem Bau sind positiv. Zwar habe es auch schon einen „dummen Spruch“ eines Kollegen gegeben, aber das sei ein Einzelfall gewesen, erzählt Fritsche, aktuell die einzige weibliche Auszubildende im Betrieb. Akzeptanzprobleme kenne sie nicht. Vielmehr gehe es in der alltäglichen Zusammenarbeit richtig cool zu. „Die Kollegen unterstützen mich, wenn es um schwere Lasten geht, und bieten ihre Hilfe an.“ Apropos körperliche Arbeit auf der Baustelle. „Die Belastung ist schon da, aber es ist auch für Frauen machbar“, betont Fritsche.
In einigen Wochen stehen die Gesellenprüfungen an. Anschließend kehrt sie als duale Studentin für ein Praxissemester in ihren Ausbildungsbetrieb zurück. Der Bachelor-Abschluss ist für das Frühjahr 2025 geplant. Was danach kommen könnte, nimmt langsam Konturen an. „Ich denke, es geht Richtung Ingenieurbau. Brückenbauwerke zu entwerfen und planen, das könnte ich mir gut vorstellen.“
Aktuell konzentriert sie sich auf die Lehre und das Studium. Da bleibt es nicht aus, dass sie den vielen anderen Aktivitäten in Vereinen und der Kirchengemeinde ihrer Heimatgemeinde Laufen, die ihr wichtig sind, mitunter nur noch eingeschränkt nachkommen kann. „Ich versuche schon, dabei zu bleiben. Manchmal muss ich aber absagen“, sagt Fritsche. Das gilt auch für ihr Engagement an der Hochschule, etwa im Studierendenparlament oder als Leiterin der Badminton-Gruppe, das sie nach einen Jahr einstellte.
Die 1907 gegründete Stotz Bau GmbH & Co. KG ist in den Bereichen Hoch-, Tief- und Wohnungsbau aktiv, erstellt Industrie- und Gewerbegebäude sowie anspruchsvolle Projekte des Ingenieurbaus. Technische Neuerungen, wie beispielsweise bei Baumaterialien, sowie die Vielzahl an rechtlichen Anforderungen sind Alltag in der Branche. Das Unternehmen mit mehr als 70 Beschäftigten legt daher großen Wert auf regelmäßige Schulungen und Fortbildungen und auf die Ausbildung von Nachwuchskräften. Aktuell sind sieben Lehrstellen in den Berufen Maurer, Beton- und Stahlbetonbauer, Baugeräteführer und im kaufmännischen Bereich besetzt. Neben der dualen Ausbildung bietet das Unternehmen in der Zusammenarbeit mit der Hochschule Biberach mehrere kooperative Studiengänge an.
Stotz Bau GmbH & Co.KG
Hoch- und Tiefbau
Beethovenstraße 22
72336 Balingen
www.stotz-bau.de
Zur Auszeichnung „Lehrling des Monats“
Die Auszeichnung wird seit Dezember 2014 vergeben. Vorgeschlagen werden können solche Auszubildende, die sich durch besonders gute Leistungen im Betrieb, in der Berufsschule und auch in der überbetrieblichen Ausbildung sowie ganz allgemein durch Lernbereitschaft, Zuverlässigkeit, Kundenorientierung, Teamfähigkeit und Belastbarkeit auszeichnen. Mit der Auszeichnung zum „Lehrling des Monats“ soll der Vorbildcharakter von jungen Erwachsenen hervorgehoben werden. Sie dient als Ansporn für andere, eine Ausbildung im Handwerk zu beginnen. Besonders gewürdigt werden kann darüber hinaus beispielsweise auch ein über die Ausbildung hinausgehendes ehrenamtliches Engagement. Kurzum: Gesucht werden junge Persönlichkeiten, die in besonderer Weise geeignet sind, Vorbild für andere Lehrlinge und „Werbeträger“ für eine handwerkliche Ausbildung zu sein. Im Bezirk der Handwerkskammer Reutlingen werden von den 13.700 Handwerksbetrieben zurzeit über 4.300 Lehrlinge ausgebildet.