Die Experten aus Lübeck hatten den Auftrag, eine Aktualisierung des vorhandenen Regionalen Einzelhandelskonzeptes für die Region Hannover durchzuführen. Dazu wurde erstmals eine vollständige, regionsweite Erhebung des Einzelhandels durchgeführt. Vom Kiosk bis zum Möbelzentrum wurden sämtliche 7.497 Einzelhandelsbetriebe mit ihrem Standort, Größe und Sortiment erfasst. Davon 3.532 Betriebe in den 20 Umlandkommunen und 3.965 Betriebe in der Landeshauptstadt Hannover.
Aufgabe der CIMA-Gutachter war es die Einzelhandels¬situation in der Region Hannover umfassend zu beschreiben und zu analysieren. Die die Stärken und Schwächen sollten herausgearbeitet und Empfehlungen für die Weiterentwicklung abgegeben werden. An der Finanzierung haben sich fast alle regionsangehörigen Städte und Gemeinden beteiligt.
Prof. Dr. Axel Priebs, Planungsdezernent der Region Hannover, machte heute bei der Vorstellung des Endberichtes besonders auf zwei, für die regionale Einzelhandelslandschaft gravierende Veränderungen beziehungsweise Gefährdungen aufmerksam: „Unsere Innenstädte, vor allem der Mittel- und Grundzentren, erleiden einen schleichenden Funktionsverlust. Warenhäuser und Fachgeschäfte stehen wirtschaftlich unter einem Druck, dem sie auf Dauer nicht gewachsen sind.“ Und: „Die Nahversorgung, also die wohnortnahe Versorgung, verschlechtert sich zunehmend. Hiervon betroffen sind vor allem ältere Menschen, die verstärkt auf eine gute Versorgungsstruktur in ihrem Wohnumfeld angewiesen sind.“
Die Folgerungen für den Dezernenten: „Der fortschreitende Strukturwandel im Einzelhandel und die verglichen mit anderen Wirtschaftsbereichen hohe Dynamik dieser Branche bedingt einen nach wie vor hohen Abstimmungs- und Regelungsbedarfs beim großflächigen Einzelhandel in der Region Hannover. Mit den vorliegenden Daten sind wir in der Lage, unser Einzelhandelskonzept konzeptionell weiterzuentwickeln.“
Zu den Aufgaben der Regionalplanung gehöre es, raumordnerische Beurteilungen von großen Einzelhandelsansiedlungen vorzunehmen und im Konfliktfall auch die Rolle des Moderators zu übernehmen, so Prof. Priebs weiter: „Grundvoraussetzung ist eine aktuelle Datengrundlage, um unausgewogene Entwicklungen frühzeitig erkennen zu können. Auf der Grundlage von Strukturdaten lässt es sich auch besser mit Investoren bzw. Betreibern verhandeln und leichter mit den Städten und Gemeinden der Region Hannover über gemeinsame Strategien sprechen. Darüber hinaus sind verbindliche Spielregeln und Maßstäbe unentbehrlich, um die Einzelhandelsentwicklung auf regionaler Ebene wirksam zu steuern und im Zweifelsfall auch die rote Karte zu zeigen. Hier hat sich das verbindliche regionale Einzelhandelskonzept seit seinem Inkrafttreten im Oktober 2001 bewährt.“
Für die Region Hannover benannte der Planungsdezernent als vorrangige Ziele:
- Steigerung der Attraktivität des Einzelhandelsstandortes „Region Hannover“,
- Sicherung und Stärkung der Innenstädte,
- Sicherung und Verbesserung der wohngebietsnahen Versorgung mit Gütern des täglichen Bedarfs (vor allem Lebensmittel, Drogeriesortiment),
- Schaffung von Planungs- und Investitionssicherheit, da im Rahmen eines Kurzchecks schnell zwischen kritischen und unkritischen Ansiedlungsvorhaben unterschieden werden kann,
- nicht das „Verhindern“, sondern das „Gestalten“ und die Suche nach der verträglichsten Lösung stehen im Vordergrund,
- Kooperation mit den Städten und Gemeinden der Region Hannover: Sensibilisierung für die konsequente Anwendung des kommunalen Planungsrechts und die Erstellung eigener kommunaler Einzelhandelskonzepte,
- Verbesserte grenzüberschreitende Abstimmung mit den Trägern der Regionalplanung im Erweiterten Wirtschaftsraum Hannover.
Prof. Priebs’ Fazit: „Mit dem vorliegenden Gutachten stehen der Region Hannover und den regionsangehörigen Städten und Gemeinden Bestandsdaten, Analyseergebnisse und konzeptionelle Bausteine zur Verfügung, um zukünftige großflächige Einzelhandelsvorhaben differenziert beurteilen zu können. Auf der Basis der regionsweit nach einheitlichen Kriterien durchgeführten Vollerhebung sind aussagefähige und belastbare Analysen und Vergleiche der Einzelhandelssituation sowie Aussagen zur Qualität der Nahversorgung in der Region Hannover möglich geworden. Die in Form der kommunalen Datenblätter dokumentierten Stärken-Schwächen-Analysen sowie die gutachterlichen Empfehlungen sind nicht nur eine wichtige Informationsquelle für die Regionalplanung, sondern geben auch einen wichtigen Impuls in Richtung der Städte und Gemeinden geben.“
Wichtige Analyseergebnisse: Verkaufsfläche
Die Verkaufsfläche summiert sich in der gesamten Region Hannover auf rd. 1,8 Mio. qm. Davon befinden sich 42,6% (768.785 qm) im Oberzentrum Hannover.
Die Verkaufsfläche hat seit dem Jahr 2000 um über 150.000 qm zugenommen.
Die durchschnittliche Verkaufsflächendichte in der Region Hannover, also die Verkaufsfläche pro Einwohner in qm, beträgt 1,6. Der Bundesdurchschnitt liegt bei 1,4 qm/Einwohner.
Der Durchschnittswert für die Grundzentren liegt bei rd. 1,5 qm/Einwohner. Aufgrund eines höheren Besatzes großflächiger Branchen (Möbel, Baumarkt) und einer höheren Zahl an Fachgeschäften und Fachmärkten liegt dieser Wert in den Mittelzentren mit 1,8 qm/Einwohner deutlich höher. Das Oberzentrum Hannover weist eine Verkaufsflächendichte von 1,5 qm/Einwohner auf.
Flächenanteil des Versorgungskerns (in der Regel Innenstädte)
Aus Sicht der Regionalplanung ist die räumliche Verteilung und Struktur des Einzelhandels von besonderem Interesse. Hierzu wurde der Flächenanteil des Versorgungskerns, i. d. R. sind dies die Innenstädte/Zentren, in Prozent ermittelt. Dabei zeigte sich, dass in den Mittelzentren im Durchschnitt rund 30 % der Verkaufsfläche im Versorgungskern liegen. In den Grundzentren beträgt der Flächenanteil der Versorgungskerne im Durchschnitt nur ca. 20 %.
Lebensmitteldiscounter
Starke Umstrukturierungen vollziehen sich seit einigen Jahren verstärkt im Lebensmitteleinzelhandel durch die Expansion der Discounter. Dies hat erhebliche Konsequenzen für die Nahversorgung, da umsatzstarke Discounter den örtlichen Einzelhandel z. T. verdrängen, ein größeres Einzugsgebiet anstreben und damit die Einkaufswege länger werden. Zum anderen führen die Discounter nur ein relativ schmales Sortiment und bieten im Gegensatz zu einem „klassischen“ Supermarkt kein Vollsortiment an.
Kommunale Datenblätter/Empfehlungen
Für die einzelnen Städte und Gemeinden sind die Analyseergebnisse und die daraus abgeleiteten Empfehlungen für die Weiterentwicklung der Einzelhandelsstruktur und der Standortentwicklung in einem jeweiligen kommunalen Datenblatt zusammengefasst.