„Wir müssen künftig in Bezug auf die eingesetzten Baustoffe mit weniger Material bauen“, erklärte Prof. Dr. Werner Sobek in seinem Vortrag. Dies bedeute einen „maximalen Einsatz von Sekundärbaustoffen“, um transportbedingte Emissionen zu reduzieren und Ressourcen zu schonen. Denn: „Innerhalb von zwei Generationen hat sich unser Ressourcenverbrauch fast vervierfacht“, legte Sobek dar.
„Mit weniger Materialaufwand könnten wir bessere und nachhaltigere Lösungen hinbekommen“, sagte auch Dr. Christine Lemaitre in ihrem Vortrag „Gemeinsam für die Bauwende“ zur Eröffnung des Klimafestivals. Die Geschäftsführende Vorständin der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) sprach sich dafür aus, die derzeit gängigen Systeme zu vereinfachen. Aber: „Nicht jeder will diese Transformation, denn es ist ein gutes Geschäftsmodell, aufwendig zu bauen“. Es gebe eine starke Lobby, die gezielt versuche, das Thema komplex zu halten.
Dr. Ernst Ulrich von Weizsäcker forderte die Etablierung einer „Klimaaußenpolitik“. Europa sei der einzige Kontinent, der den Klimaschutz durch entsprechende Gesetze „einigermaßen ernst“ nehme. Effizientes Wirtschaften im Sinne eines sparsamen Einsatzes von Energie und Ressourcen werde künftig nicht mehr ausreichen, betonte der Umweltwissenschaftler. „Wir müssen konsequent von fossiler auf erneuerbare Energie umsteigen.“
Belinda Rukschcio, Stellvertretende Vorsitzende Bundesstiftung Baukultur, forderte in ihrem Vortrag, dem Thema Bauabfälle mehr Bedeutung zu schenken. „Die Möglichkeiten für die Bauwende in diesem Bereich sind enorm“, so Rukschcio. Der jährlich in Deutschland aufkommende Bauabfall entspreche rechnerisch dem Materialbedarf für circa 422.000 Wohneinheiten. Eine funktionierende Kreislaufwirtschaft könne sich daher positiv auf die gebaute Umwelt auswirken.
In ihrem Vortrag „Ertüchtigung statt Abriss“ sprach sich Theresa Keilhacker, Präsidentin der Architektenkammer Berlin, für den Erhalt von Bestandsgebäuden aus. Insbesondere Kommunen würden es viel zu oft versäumen, sich um diese Bauten zu kümmern: „Für den Erhalt dieser Gebäude müssen Posten in den Haushalten eingeplant werden“, forderte sie. Andernfalls würden diese Immobilien verrotten und dann bliebe nur noch der klimaschädliche Abriss.
Der italienische Architekt Stefano Boeri zeigte in seinem Vortrag zum Abschluss des Klimafestivals, wie sich Natur und Urbanität durch innovative Architektur vereinen lassen. Sein Konzept des „vertikalen Waldes“ setzt an drei Punkten an: „Städte sind für 75 Prozent des globalen CO2-Ausstoßes verantwortlich“, führte Boeri aus. „Gleichzeitig sind sie die ersten Opfer des Klimawandels, denn bereits 70 Prozent der Städte leiden an den Folgen, zum Beispiel durch Überhitzung.“ Durch urbane Begrünung und eine nachhaltige Politik könnten Städte jedoch der wichtigste Motor werden, um den Klimawandel zu bekämpfen. Boeri rechnete vor, dass seine mit Bäumen und Sträuchern begrünten Hochhauskomplexe bis zu 30 Tonnen CO2 im Jahr einsparen, die Biodiversität in Städten fördern und Staubpartikel aus der Luft absorbieren würden. Weltweit gibt es bereits zwölf „Vertical Forest“-Towers, 40 weitere seien in Planung, so Boeri. In Deutschland gebe es entsprechende Planungen für den Standort Göttingen.
Unterstützung durch 18 Branchenverbände als Initiativpartner
Insgesamt 18 Verbände aus der Bau- und Immobilienbranche haben sich auf dem Festival als Initiativpartner präsentiert und das Programm aktiv mitgestaltet. Vertreten waren die Bundesarchitektenkammer e.V., der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie, der Bundesverband Deutscher Baustoff-Fachhandel, die Bundesingenieurkammer, der Bundesverband GebäudeGrün, der Bund Deutscher Baumeister, Architekten und Ingenieure, die Bundesstiftung Baukultur, der Bundesverband Digitales Bauwesen, das Gebäudeforum klimaneutral (DENEFF), die Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB), der GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen, der Deutsche Verband für Facility Management (gefma), das Institut Bauen und Umwelt, der VBI – Verband Beratender Ingenieure, der VDIV Deutschland, der vdw Niedersachsen Bremen und der Zentralverband des Deutschen Baugewerbes. Veranstalter des Klimafestivals sind die Heinze GmbH aus Celle und das Berliner Architekturportal BauNetz.
„Wir wollten diese zwei Tage dazu nutzen, alle am Bau Beteiligten an einen Ort zusammenzubringen, um gemeinsam über nachhaltige Konzepte für die Baubranche zu diskutieren“, resümierte Andreas Göppel, Geschäftsführer der Heinze GmbH. „Die Gewissheit, dass viele Besucher:innen mit neuen Perspektiven und dem Wunsch nach Hause gefahren sind, persönlich zur Bauwende beizutragen, stimmt mich zuversichtlich. Gemeinsam werden wir die herausfordernden Ziele erreichen und Heinze sowie baunetz.de werden ihren Beitrag dazu leisten“, so Göppel. Das nächste Klimafestival findet am 21. und 22. November 2024 erneut in Berlin statt.
Impressionen, O-Töne von Teilnehmenden und Referent:innen sowie viele weitere Informationen finden sich auf dem Heinze Bauwendeblog unter bauwende-news.de.