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Europäischer Physik-Preis für Optimierung der Bestrahlungsplanung bei der Krebstherapie mit Ionen

Prof. Wolfgang Enghardt (OncoRay / FZD) erhält den IBA-Europhysics Prize 2007 für seine physikalischen Arbeiten zur Verbesserung der Ionentherapie

(lifePR) (Dresden, )
Die Strahlentherapie mit Partikeln (schweren Ionen und Protonen) ist eine der vielversprechendsten Neuerungen der Krebsbehandlung für die kommenden Jahrzehnte. Dresden ist als ein möglicher Standort in Deutschland für ein Zentrum für die Partikel-Therapie im Gespräch. Grundlage dieser Therapie sind hochpräzise, besonders wirksame Strahlen, die exakt in den Tumor geleitet werden müssen, um diesen vollständig zu zerstören, aber umliegende gesunde Gewebe optimal zu schonen. Hierzu ist eine exakte Bestrahlungsplanung ebenso wie eine genaue Kontrolle der Strahlposition im Patienten unverzichtbar. Pioniere auf diesem Gebiet sind die Physiker Prof. Wolfgang Enghardt aus Dresden und Dr. Dieter Schardt aus Darmstadt. Mit ihren Forschungen konnten sie die Bestrahlungsplanung im Pilotprojekt Schwerionentherapie in Darmstadt entscheidend verbessern. Hierfür werden sie jetzt mit dem IBA-Europyhsics Prize 2007 ausgezeichnet.

Die Strahlentherapie trägt bereits heute, mit jährlich steigender Tendenz, bei der Hälfte aller Krebserkrankungen zur Heilung bei. Für jede Strahlentherapie gilt, dass alle Krebszellen abgetötet werden sollen, aber gleichzeitig das gesunde Gewebe optimal geschont wird. Das Besondere der neuartigen Tumortherapie mit Partikeln (Ionen und Protonen) ist, dass diese in den Körper eindringen und in einer bestimmten Tiefe, die von der Geschwindigkeit der Partikel abhängt, stecken bleiben. Erst im Tumor also, wo die Partikel gezielt abgestoppt werden, wird die maximale Dosis abgegeben, das umliegende Gewebe wird so weitestgehend geschont. Dr. Dieter Schardt von der Gesellschaft für Schwerionenforschung (GSI) in Darmstadt hat mit seinen Experimenten die physikalischen Prozesse des Ionenstrahls beim Eindringen in den Körper des Patienten und ins Tumorgewebe untersucht und Apparaturen zur äußerst präzisen Vermessung der Eindringtiefe und Dosisabgabe von Ionen im Gewebe entwickelt. Seine Messungen bilden die Grundlage für die Bestrahlungsplanung bei der Tumortherapie mit Ionen.

Doch wie erkennt man von außen, dass der Partikelstrahl genau im Tumor – und nicht in gesunden Geweben davor oder danach – stoppt und seine zellschädigende Wirkung entfaltet? Prof. Wolfgang Enghardt, Professor im Dresdner OncoRay -Zentrum für medizinische Strahlenforschung in der Onkologie sowie am Forschungszentrum Dresden-Rossendorf, entwickelte hierfür ein intelligentes Verfahren. Er nutzt dabei aus, dass die Teilchen des Therapiestrahls auf dem Weg durch Gewebe mit anderen Teilchen kollidieren und so auch neue Teilchen entstehen können. Diese kurzlebigen Positronen, also die Anti-Teilchen zu den Elektronen, verraten sich durch zwei Lichtblitze, die mit Hilfe speziell für die Ionen-Therapie entwickelter Kameras erfasst werden können. So lässt sich der Weg des Ionenstrahls aufgrund der erzeugten Positronen genau nachverfolgen. Dieses Messverfahren, kombiniert mit Dr. Schardts Präzisionsmessungen, konnte die Tumortherapie mit schweren Ionen entscheidend verbessern. Prof. Enghardts Verfahren kann zudem auch während der eigentlichen Strahlenbehandlung eingesetzt werden, so dass damit für jeden einzelnen Patienten und jede einzelne Strahlenbehandlung garantiert ist, dass das Dosis-Maximum des Ionenstrahls nur im Tumor abgegeben wird. Auf dieses Verfahren der so genannten in-Beam PET (PET = Positronen-Emissions-Tomographie) setzt seit kurzem auch ein führender Medizingeräte-Hersteller, wenn es um die Qualitätssicherung für die Strahlentherapie der Zukunft geht.

Die beiden Forscher Prof. Enghardt und Dr. Schardt erhalten den IBA-Europhysics Prize 2007, so das Preiskomitee, “für herausragende Beiträge zur Entwicklung der Tumortherapie mit schweren Ionen, insbesondere für detaillierte Informationen über die Interaktion von Ionen mit biologischem Gewebe und für die Entwicklung neuer Technologien für die Behandlungsüberwachung während der Bestrahlung.“ Der renommierte Preis wird jedes zweite Jahr durch die Europäische Physik-Gesellschaft (European Physical Society, EPS) vergeben und von der IBA Gruppe (www.iba-worldwide.com) gestiftet. Die Preisübergabe an Prof. Enghardt und Dr. Schardt wird auf der internationalen Tagung der EPS im Herbst 2007 erfolgen (Informationen unter: http://www.eps.org/...).

Dass der diesjährige IBA-Europhysics Prize zur Hälfte nach Dresden geht, erscheint Prof. Michael Baumann, Sprecher des Dresdner OncoRay-Zentrums, nur folgerichtig. „Dresden ist im Begriff, eine international führende Adresse für die Strahlentherapie der Zukunft zu werden. Bereits jetzt können krebskranken Patienten in Dresden modernste Strahlenbehandlungen angeboten werden, die bislang nur an wenigen Zentren weltweit möglich sind.“ Erreicht wurden diese Fortschritte durch die Gründung des gemeinsamen OncoRay-Zentrums für Strahlenforschung in der Onkologie durch die Technische Universität Dresden, des Universitätsklinikum und das Forschungszentrum Dresden-Rossendorf (FZD). Prof. Michael Albrecht, Medizinischer Vorstand der Uniklinikums Carl Gustav Carus, Prof. Roland Sauerbrey, Wissenschaftlicher Direktor des FZD, und Prof. Michael Baumann sind sich einig, dass möglichst bald Patienten auch in Dresden mit Partikelstrahlen behandelt werden sollen. Da die Partikeltherapie in den nächsten Jahren und Jahrzehnten an Bedeutung stark zunehmen wird, ist der Aufbau einer eigenen Anlage innerhalb der nächsten Jahre im Universitätsklinikum Dresden sinnvoll, um hier unter strenger medizinischer und wissenschaftlicher Überwachung diese Therapie weiter zu verbessern und um als Referenz für völlig neuartige Strahlen zu dienen. Dabei handelt es sich um Partikelstrahlen aus Hochintensitätslasern, deren Anwendung in der Strahlentherapie von Dresdner Wissenschaftler des OncoRay-Zentrums zusammen mit Kollegen aus Jena im Projekt „onCOOPtics“ erforscht wird. Wenn alles gut geht, wird diese Technologie in etwa 15 Jahren für die Patientenbehandlung einsetzbar sein. Dieses zukunftsweisende Projekt wird, ebenso wie das OncoRay-Zentrum, mit erheblichen Geldern vom Bundesministerium für Bildung und Forschung sowie vom Sächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst gefördert.

Weitere Informationen:
Prof. Dr. Wolfgang Enghardt
OncoRay & Institut für Strahlenphysik im Forschungszentrum Dresden-Rossendorf (FZD), Tel.: 0351 458 - 7411
wolfgang.enghardt@onocray.de, http://www.oncoray.de

OncoRay im Überblick:
Etwa 415.000 Menschen erkranken jedes Jahr allein in Deutschland an Krebs. Bei mehr als 50 Prozent der Patienten kommt die Strahlentherapie zum Einsatz. Bei 40% aller Heilungen von Krebserkrankungen ist die Strahlentherapie die alleinige Behandlung oder wesentlicher Bestandteil der Therapie. Die Vision des Dresdner Zentrums OncoRay ist es, die Heilungschancen von Krebspatienten zu verbessern.

Das Zentrum für Innovationskompetenz für die medizinische Strahlenforschung in der Onkologie, kurz „OncoRay“, ist ein Zusammenschluss von drei Dresdner Einrichtungen: Technische Universität Dresden, Forschungszentrum Dresden-Rossendorf und Universitätsklinikum Dresden. Es ist an der Medizinischen Fakultät Carl Gustav Carus der TU Dresden angesiedelt und wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung sowie vom Freistaat Sachsen mit bislang rund 13 Millionen Euro gefördert. Insgesamt arbeiten in verschiedenen Arbeitsgruppen, von denen 4 vollständig neu eingerichtet wurden, etwa 40 Wissenschaftler gemeinsam an folgenden Fragestellungen:
- Grundlegendes Verständnis von Krebsentstehung und -wachstum
- Bessere Darstellung von Tumoren und Metastasen mit bildgebenden Verfahren und auf molekularer Ebene
- Entwicklung von biologischen Medikamenten, die spezifisch die Wirksamkeit von Strahlen auf Tumorzellen erhöhen oder gesunde Gewebe vor Strahlen schützen
- Technologisch optimale, individuelle Bestrahlung von Tumoren und Metastasen.

Informationen zur Schwerionentherapie:
Das Pilotprojekt Schwerionentherapie wurde 1993 als Gemeinschaftsprojekt der Gesellschaft für Schwerionenforschung (GSI) Darmstadt, dem Forschungszentrum Dresden-Rossendorf (FZD), der Radiologischen Universitätsklinik Heidelberg und dem Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) Heidelberg ins Leben gerufen. Im Rahmen des Pilotprojekts wurden seit 1997 mehr als 300 Patienten mit Tumoren im Kopf- und Halsbereich bei GSI behandelt. Grundlage für diese neue Krebstherapie waren langjährige Forschungsarbeiten und die große Beschleunigeranlage für Ionenstrahlen bei der GSI. Die Bestrahlung findet derzeit noch dort statt, wird aber an das Universitätsklinikum Heidelberg verlagert, sobald das dort im Bau befindliche neue Ionenstrahl-Therapiezentrum (HIT) fertig gestellt sein wird. Ab 2008 sollen dort über 1000 Patienten jährlich behandelt werden. Weiterführende Informationen zur Schwerionentherapie sind auf den Internetseiten der GSI (www.gsi.de) zu finden.
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