Der Erhalt und die Erweiterung kerntechnischer Kompetenz sind für die Gewährleistung der Sicherheit von heutigen und zukünftigen Reaktorsystemen unverzichtbar und haben sowohl an Hochschulen als auch bei den Forschungseinrichtungen eine signifikante Bedeutung. In Deutschland wurden bis zum Jahre 2000 umfangreiche Nachrüstungen an den vorhandenen Kernkraftwerken vorgenommen, so dass aus heutiger Sicht alle Anlagen den internationalen Sicherheitsanforderungen genügen. Die Kernenergienutzung hat in Deutschland in 2006 etwa 26% des Elektroenergiebedarfes abgedeckt. Ihr Anteil an der Grundlast beträgt sogar fast 50%. Damit konnten im vergangenen Jahr ca. 150 Millionen Tonnen Kohlendioxid gegenüber der Verbrennung fossiler Energieträger vermieden werden. Dies entspricht der im Straßenverkehr jedes Jahr freigesetzten CO2-Menge. Bei einem wissenschaftlichen Nachhaltigkeitsvergleich sind derartige Risiken entsprechend zu berücksichtigen.
In anderen Staaten werden bereits fortschrittliche Reaktorkonzepte mit höherem Sicherheitsniveau entwickelt. Hierbei werden innovative kerntechnische Systeme untersucht, welche die wettbewerbsfähige und zuverlässige Bereitstellung von Energieprodukten, also nicht ausschließlich Strom, verfolgen. Derartige Systeme sollen künftige Anforderungen an die Sicherheit und Entsorgung sowie die Proliferation und öffentliche Akzeptanz erfüllen. Im Interesse der volkswirschaftlichen und energiepolitischen Herausforderungen darf in Deutschland auf diese Entwicklungen nicht verzichtet werden. Im Gegenteil, wir benötigen den talentierten Nachwuchs, welcher in Zukunft darüber hinaus Garant für technische Kompetenz und Technologietransfer sein wird.
Die Technische Universität Dresden setzt mit der Berufung von Antonio Hurtado auf die Professur für Wasserstoff- und Kernenergietechnik ein wichtiges und zukunftsweisendes Zeichen. Schwerpunkte seiner Lehr- und Forschungstätigkeiten werden insbesondere Hochtemperaturreaktoren der so genannten Generation IV sowie die sich daraus ergebenden Möglichkeiten, Wasserstoff in Hochtemperaturprozessen wirtschaftlich als vielfältig einsetzbaren Energieträger zu erzeugen, sein.
Professor Hurtado wird sehr eng mit dem Institut für Sicherheitsforschung des Forschungszentrums Dresden-Rossendorf (FZD) zusammenarbeiten. Dieses Institut unter Leitung von Frank-Peter Weiß gehört zu den wenigen noch verbliebenen außeruniversitären Zentren in Deutschland, in denen nukleare Sicherheitsforschung betrieben wird. Hier findet Forschung zur Reaktordynamik, zur Sicherheit von Reaktorwerkstoffen und zur Thermohydraulik in internationaler Vernetzung statt. Es ist geplant, dass Prof. Hurtado eine Arbeitsgruppe an diesem Institut leiten wird. Frank-Peter Weiß ist zugleich Professor an der TU und so werden die beiden nicht nur Kollegen am Institut für Energietechnik der TU, sondern auch im FZD sein. Der Technischen Universität stehen auf diese Weise einerseits die modernen Forschungsgeräte und Versuchsanlagen in Rossendorf zur Verfügung, andererseits können die TU-Studenten intensiver als bisher in die außeruniversitäre Forschung eingebunden werden. Die Ausbildung von qualifiziertem Nachwuchs für die deutsche Kerntechnik, zu der u. a. die Aufsichtsbehörden, Gutachter und Kernkraftwerke gehören, ist ein besonderes Anliegen der engen Zusammenarbeit.