Damit hat die Hessische Landesregierung eine Perspektive für die 1872 gegründete Forschungsanstalt Geisenheim geschaffen, die nach der völlig überraschenden Kündigung des gemeinsamen Staatsvertrags durch Rheinland-Pfalz im Juni 2010 so nicht auf der Hand lag. Dabei war und ist die Reputation einer der ältesten Forschungseinrichtungen des Wein- und Gartenbaus im deutschsprachigen Raum unstreitig.
Zwar ist die Forschungsanstalt mit gut 30 Wissenschaftlern und rund 250 Mitarbeitern im technischen Bereich eine vergleichsweise kleine Institution, sie ist jedoch gleichzeitig die drittgrößte vom Land geförderte außeruniversitäre Forschungseinrichtung in Hessen. Mit ihren 13 Fachgebieten und Forschungsfeldern im Weinbau, Gartenbau und der Getränkeforschung deckt die Forschungsanstalt eine Bandbreite ab, die einzigartig ist. Keine andere Forschungseinrichtung in Deutschland genießt auf den Arbeitsgebieten eine vergleichbare nationale und internationale Reputation. Zudem dokumentieren enge Verbindungen und Kooperationen mit Einrichtungen in der Schweiz, in Österreich, Frankreich, Italien, Ungarn und Griechenland, in Thailand, Australien, Indien, Südafrika und den USA sowie über 40 Forschungsprojekte mit Institutionen in 26 Ländern weltweit eine Internationalität, die ihresgleichen sucht.
Dies waren Gründe genug, Geisenheim weiterzuentwickeln und als eigenständige Hochschule mit besonderer Ausrichtung zu planen, wie sie der Wissenschaftsrat in seinen "Empfehlungen zur Differenzierung der Hochschulen" explizit fordert. Konkret bedeutete dies, die Forschungsanstalt Geisenheim und den Fachbereich Geisenheim der Hochschule RheinMain in eine eigenständige Hochschule zusammenzuführen. Eine solche Hochschule, wie sie jetzt realisiert wurde, ist für ihre Sparte in Deutschland einmalig. Sie ist damit auch im Wettbewerb mit teils aus der Retorte geschaffenen Studienangeboten und Forschungseinrichtungen andernorts deutlich besser aufgestellt. Forschung und Lehre werden künftig unter einem Dach gebündelt. Das Markenzeichen "Geisenheim" wird als eigenständige Einrichtung noch deutlicher sichtbar und damit der Wissenschaftsstandort Hessen insgesamt deutlich gestärkt.
Hessen gründet damit erstmals seit Jahrzehnten nicht nur eine neue, sondern eine Hochschule neuen Typs in staatlicher Trägerschaft. Das zeigt, dass das Land bereit und in der Lage ist, auf Herausforderungen in der Wissenschaftslandschaft eine angemessene Antwort zu finden. Für die Angehörigen der neuen Hochschule Geisenheim bedeutet das vor allem, dass künftig Lehre und Forschung nicht nur örtlich, sondern auch organisatorisch zusammengeführt werden. Das ermöglicht eine bessere gegenseitige Beeinflussung und Abstimmung von Lehre und Forschung und damit noch bessere Entwicklungsperspektiven. Hessen schafft Wissen, Geisenheim schafft Wissen - auf diesem Weg wünsche ich allen Beteiligten auch für die Zukunft alles Gute.