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Demokraten müssen sich zur Demokratie bekennen

4. Osnabrücker Demokratieforum der Hochschule Osnabrück debattiert über Feinde der Demokratie

(lifePR) (Osnabrück, )
Die Demokratie gründet auf dem Diskurs, weil sie davon ausgeht, dass niemand die Wahrheit für sich gepachtet hat und sich folglich jeder irren kann. Der Diskurs möglichst Vieler bringt am Ende alle der Wahrheit ein Stück näher. Aber, ein solch durchlässiges Konzept ist anfällig für Angriffe Andersdenkender. Was es braucht, damit eine Demokratie sich gegen Feinde wehren kann und wo diese überhaupt zu finden sind, wurde auf dem 4. Osnabrücker Demokratieforum der Hochschule Osnabrück mit vier Expertinnen und Experten diskutiert.

Bei der Identifizierung half Jurist Prof. Dr. Hermann Heußner von der Hochschule Osnabrück. Gefahr lauere immer dort, wo Menschen glaubten, sie hätten die Wahrheit für sich gepachtet. „Sie vertreten den Standpunkt, die Wahrheit darf dem Irrtum nicht weichen. Die Wahrheit geht vor. Dieser Grundsatz findet sich, zum Teil verklausuliert, in jeder demokratiefeindlichen Ideologie.“

Mit ihrer Auffassung, im Besitz der Wahrheit zu sein, griffen religiöse Fundamentalisten, Kommunisten oder völkische Ideologen demokratische Grundsätze an und träten zu ihr in eine Systemkonkurrenz. Wer sich dagegen nicht wehre, gebe die Demokratie preis.

„Wir müssen die Straße bestimmen, nicht die anderen“, rief Heußner die rund 160 Zuhörer im Hörsaal mit Blick auf Demonstrationen von AfD und Pegida zu größerem Engagement auf. „Wir haben zu lange geglaubt, das läuft alles, wir müssen gar nicht mehr demokratisch aktiv sein.“ An die Studierenden appellierte er, „überlassen Sie die Ortsvereine nicht den Rentnern.“

Eine scharfe Trennlinie zum islamistischen Fundamentalismus zog Aiman Mazyek. Als Vorsitzender des Zentralrats der Muslime in Deutschland, unter dessen Dach sich rund 300 islamische Gemeinden versammeln, verbat er sich eine pauschale Vorverurteilung von Muslimen. Mazyek forderte, „die Matrix der Verursachung von Terrorismus“ zu erweitern und nicht ausschließlich auf das Religiöse zu verengen, wie es durch die Medien häufig geschehe. „Schauen Sie auch auf die Biographie und die Persönlichkeit eines Terroristen, das sind „Beton-Muslime“, die den Koran in ihrem Sinne umdeuten. Egal, über welche Religion wir sprechen, es wird immer extremistische Positionen geben.“

Der Islam, wie der Zentralrat ihn in seiner Charta interpretiert und in 21 Punkten darlegt, verpflichtet sich in Deutschland dem Grundgesetz und bekennt sich zu Menschenrechten, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie, befürwortet die Gleichberechtigung von Mann und Frau  und die Religionsfreiheit. Die Frage, ob der Islam Freund oder Feind der Demokratie sei, stelle sich ihm somit gar nicht, betonte Mazyek. Das Gegenteil sei der Fall, der Arabische Frühling habe gezeigt, wie sehr sich gerade Muslime nach Freiheit und Demokratie sehnten. „Sie waren bereit, dafür sogar ihr Leben zu lassen.“

Den Blick ins Innere des Landes lenkte der niedersächsische Innenminister Boris Pistorius.

Der offen gezeigte Rechtsextremismus bereite ihm Sorgen, die fremdenfeindlichen Übergriffe seien „eine Entwicklung, für die wir uns als Gesellschaft schämen müssen.“ Immer seltener bilde sich rechtsextremistisches Gedankengut in festen Organisationsformen ab, immer häufiger seien einzelne Aktionen, mit der sich dieses Denken in die Mitte der Gesellschaft einschleiche, unter einem „bürgerlich aussehenden Mantel der Tarnung“ zu finden.

Leider fördere die Funktionsweise Sozialer Medien diese Tendenz. Algorithmen und „Social Bots“ bündelten und verteilten ähnliche Meinungen und trügen zu einer „Verkennung der Realität“ bei. „Es ist geradezu krude zu sehen, was bei manchen Demonstrationen abgeht. Da wird gleichzeitig gegen den Islamismus, Hartz IV und die GEZ demonstriert.“

Die Fraktionsvorsitzende der Grünen/EFA im Europaparlament, Rebecca Harms thematisierte insbesondere den Ukraine-Konflikt. Als Augenzeugin habe sie das Land in den vergangenen Jahren und Monaten vielfach bereist und sei dabei „reingezogen worden, in die ganze Unabhängigkeitsgeschichte der Ukraine.“ Detailliert und sachkundig beschrieb sie die komplizierten politischen Verwicklungen und Vorgänge. Es ärgere sie, in westlichen Medien immer wieder Fehldarstellungen zum Beispiel vom Rücktritt des ehemaligen Präsidenten der Ukraine Wiktor Janukowitsch und der Vorgänge auf dem Maidan zu lesen. Es habe eine Erhebung des Volkes stattgefunden, kein Putsch. „Alles andere ist schlicht Geschichtsverfälschung.“

„Die Rednerin und die Redner waren sehr gut ausgewählt. Sie haben eine große Bandbreite vom Politiker bis zum Religionsvertreter abgedeckt und damit einen differenzierten Blick auf das Thema erlaubt, das ja eh sehr aktuell ist“, lobte Steffen Geering, Student der Volkswirtschaftslehre das Forum.

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