Referentin Prof. Dr. Anja Hartmann von der Ruhr-Universität Bochum strich in ihrem Vortrag heraus, dass die sozialmedizinische Forschung in beeindruckenden Studien aufzeigen konnte, dass die gesundheitliche Lage eines Menschen kein rein situatives Phänomen ist. Vielmehr ist sie Resultat einer langfristigen Entwicklung. Und: Gerade die Übergänge zwischen Lebensphasen sind aus gesundheitlicher Perspektive besonders sensible Zeiträume, die für Versorgungsfragen berücksichtigt werden müssen.
Prof. Dr. Andreas Büscher, Pflegewissenschaftler an der Hochschule Osnabrück, betonte den vielfältigen Einfluss von Familien auf die Gesundheit ihrer Mitglieder. "Im positiven Sinne kann die Familie einen gesundheitsförderlichen Lebensstil vorleben. Auf der anderen Seite kann sie aber auch für Mitglieder hinderlich sein, die notwendigen Versorgungsleistungen zu erhalten." In seiner Präsentation veranschaulichte Büscher die Forschungsfelder im Rahmen von "FamiLe". In vier Bereichen gehen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ihren Forschungsfragen nach: "Gesundheit und Gesundheitsverhalten in jungen Familien während der Familienbildungsphase", die "Bewältigung von Krankheit in jungen Familien", "Familien im gesundheitlichen und pflegerischen Versorgungssystem" und "Die Familie im Alter und in der Endphase des Lebens einzelner Familienmitglieder".
Mit dem neuen Ansatz, die Lebensverlaufsperspektive einzunehmen, setzt das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderte Forschungskolleg "FamiLe" wichtige Impulse in der Gesundheits- und Versorgungsforschung. Das Kolleg basiert auf einer engen Kooperation der Hochschule Osnabrück und der Privaten Universität Witten/Herdecke. Jeweils sechs Promovenden und ein Postdoktorand sind am Forschungskolleg in Osnabrück und in Witten/Herdecke tätig.
Prof. Dr. Friederike zu Sayn-Wittgenstein, FamiLe-Sprecherin in Osnabrück, betonte im gut gefüllten Tagungssaal auf dem Caprivi-Campus, dass die ohnehin enge Zusammenarbeit in dem Kolleg in feste, modellhafte Strukturen gegossen wurde. "Von dieser engen Vernetzung profitieren alle Beteiligten, weil wir uns gemeinsam vielen Forschungsfeldern widmen können und dabei einen umfassenden Blick auf die Familienphasen haben." Die Erkenntnisgewinne fließen dann auch direkt in die Lehre ein. "Die Förderung der Gesundheitsberufe ist eines unserer Kernanliegen, und wir setzen natürlich darauf, Qualifikationsmöglichkeiten anzubieten, die immer auf dem aktuellsten Stand der Forschung basieren."
Die erste "Internationale Fachtagung ,Familiengesundheit im Lebensverlauf'" war da ein wesentlicher Baustein. Neben Anja Hartmann zählten auch Prof. Dr. Katharina Gröning (Universität Bielefeld), Prof. Dr. Ingrid Schoon (University of London) und Dr. Heike Ohlbrecht (Humboldt-Universität Berlin) zu den Referentinnen und Referenten. In einer Poster-Session konnten sich die Teilnehmenden ein Bild von den einzelnen Forschungsprojekten des Kollegs machen. Von der "Geburtserfahrung und postnatalen Befindlichkeit von Vätern" bis zum Themenfeld "Schwerpflegebedürftige und ihre Familien: Inanspruchnahme von Tagespflege".