Sowohl in den Kindertageseinrichtungen als auch in den Grundschulen der Region ist die grundsätzliche Einstellung der Beschäftigten zur Inklusion positiv. Das ist eines der Ergebnisse einer aktuellen Studie der Hochschule Osnabrück, die jetzt während einer Fachtagung vorgestellt wurde. Auf einer Skala von 1 (stimme gar nicht zu) bis 6 (stimme voll zu) konnten die Befragten einordnen, ob sie die Idee der Inklusion positiv bewerten. Bei den Kindertageseinrichtungen lag der Mittelwert insgesamt bei 4,8. Bei den Grundschulen ergab sich bei den Förderschullehrkräften ein Mittelwert von 4,98, bei den Schulleitungen von 4,55 und bei den Regelschullehrkräften von 4,06. Im Blick auf die Umsetzung der Inklusion zeigt die Studie allerdings auf, dass große Unsicherheiten bestehen. Ein Beispiel: Bei der Aussage "Ich fühle mich auf die Tätigkeit in einer inklusiven Einrichtung gut vorbereitet" positionierten sich etwas mehr als 50 Prozent der Befragten in Kindertageseinrichtungen in den mittleren Kategorien "stimme eher zu/stimme eher nicht zu".
In der ersten Jahreshälfte 2014 führten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Binnenforschungsschwerpunktes "Inklusive Bildung" der Hochschule Osnabrück in der Region eine Fragebogenerhebung durch. Bei den Kindertageseinrichtungen in Stadt und Landkreis Osnabrück beteiligten sich 112 Leiterinnen und Leiter sowie 1030 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. An den Schulen nahmen 54 Schulleitungen und 490 Lehrkräfte teil.
"Wir möchten die Herausforderungen bei der Umsetzung inklusiver Bildung sowie beim Umgang mit heterogenen Gruppen von Kindern aufzeigen", erläuterte Prof. Dr. Stephan Maykus, Sprecher des Binnenforschungsschwerpunktes. "Uns ist bewusst, dass mit diesem Thema viele Umbrüche verbunden sind und es emotional aufgeladen ist. Wir präsentieren heute eine neutrale Bestandsaufnahme, die einen sehr differenzierten Blick auf Einstellungen, Erfahrungen und Bedingungen der Inklusion in Kindertagesstätten und Schulen ermöglicht. Daraus lassen sich dann sowohl Handlungsempfehlungen als auch weiterer Forschungsbedarf ableiten."
Zu den Ergebnissen im Bereich der Kindertageseinrichtungen zählt auch, dass diejenigen, die sich der Herausforderung gewachsen fühlen, in einer inklusiven Einrichtung zu arbeiten, der Idee der Inklusion tendenziell positiver gegenüberstehen. Und es zeigt sich eine signifikant positivere Einstellung zur Inklusion bei Fachkräften mit einer heilpädagogischen Ausbildung im Vergleich zu solchen mit einer regulären pädagogischen Ausbildung.
Ganz wichtig ist ein Ergebnis: Bei den Grundschulen gaben 93 Prozent der Förderschullehrkräfte und 62 Prozent der Regelschullehrkräfte an, dass sie die Inklusion als Bereicherung für ihren Beruf empfinden.
Allerdings: Es urteilten auch 69 Prozent der Regelschullehrkräfte und 45 Prozent der Förderschullehrkräfte, dass sie aus ihrer Sicht nicht ausreichend auf die Inklusion vorbereitet sind beziehungsweise der Weg zur Inklusion mit vielfältigen Herausforderungen verbunden ist.
Bei allen vorhandenen Schwierigkeiten spiegelt die Erhebung aber auch wider, dass viele Grundvoraussetzungen, um die Inklusion umzusetzen, gegeben sind. So gaben mehr als 80 Prozent der Befragten in Kindertageseinrichtungen an, dass der Austausch mit therapeutischen und heilpädagogischen Fachkräften zur Entwicklung der Kinder das persönliche Wissen im Blick auf die Förderung erweitert. Das berufsbildübergreifende Arbeiten wird also als Bereicherung angesehen. Bei den Lehrkräften gaben 80 Prozent der Befragten an, Aufgaben lieber im Team als allein zu bearbeiten.
Bei den Bedarfen, um die Inklusion umzusetzen, sehen die Schulleitungen Fortbildungen und Qualifizierungen der Lehr- und Fachkräfte an erster Stelle, gefolgt von Projekten und Angeboten für Schülerinnen und Schüler mit besonderem erzieherischem Förderbedarf. Zudem wird ein erhöhter Bedarf an Fach-Personal genannt.
Mehr als 100 Gäste aus Kindertageseinrichtungen und Schulen nahmen an der Tagung teil. Zu Beginn stand eine Diskussionsrunde unter der Fragestellung, inwiefern die inklusive Bildung von Netzwerken zwischen beteiligten Institutionen profitieren kann. Hier debattierten Osnabrücks Stadträtin Rita Maria Rzyski, Kreisrat Matthias Selle, Annette Kobbe-Liekam, stellvertretende Leiterin der "Heilpädagogischen Hilfe Osnabrück Kindheit und Jugend" sowie Meike Plaßmeyer, Förderschullehrerin an der Osnabrücker Rosenplatzschule. Prof. Dr. Stephan Maykus und Prof. Dr. Silvia Wiedebusch moderierten die Debatte. Prof. Dr. Burkhard Küstermann von der TU Cottbus referierte zum Thema "Teilhabeleistungen im gegliederten System: Zuständigkeiten, Kooperation und Koordination".
Der Binnenforschungsschwerpunkt (BFSP) "Inklusive Bildung" ist einer von vier BFSP der Hochschule Osnabrück. Das umfassende Projekt konzentriert sich auf die Erforschung von Inklusion in Kindertagesstätten, Schulen und Institutionen der Berufsbildung und Arbeit. Fachübergreifend engagieren sich hier sechs Professorinnen und Professoren sowie sieben wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.