Zahlreiche Darlehensverträge werden im Wege eines sogenannten Distanzgeschäfts geschlossen. Der Kunde hat keinen persönlichen Kontakt mit Mitarbeitern der Bank; vielmehr erfolgt alles postalisch oder auch per Email. Derartige Fernabsatzgeschäfte haben in der Vergangenheit insbesondere die Deutsche Kreditbank AG (DKB), die ING-DiBa oder auch die ehemalige GMAC-RFC Bank GmbH (jetzige Adaxio AMC GmbH) in großem Umfang vorgenommen.
Der Gesetzgeber hat für Baufinanzierungen, die zwischen dem 01.09.2002 und dem 10.06.2010 abgeschlossen worden sind, auf Druck der Bankenlobby bekanntermaßen eine Erlöschensvorschrift zum 21.06.2016 eingeführt. Die Nürnberger Rechtsanwälte hatten bereits mehrfach darauf hingewiesen, dass Art. 229 § 38 Abs. 3 EGBGB entgegen einer weit verbreiteten Meinung nicht pauschal für sämtliche, vor dem 11.06.2010 geschlossene Immobilienkredite gilt.
„Insbesondere bei Fernabsatzgeschäften trifft die Bank neben der Erteilung einer ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung auch die Pflicht, dem Darlehensnehmer verschiedene vorvertragliche Informationen zur Verfügung zu stellen“, erläutert Rechtsanwalt Dr. Hoffmann. Wenn diese Pflichten nicht ordnungsgemäß erfüllt worden sind, können Altverträge auch heute noch widerrufen werden. Die Frist zum 21.06.2016 ist hierbei völlig bedeutungslos.
In den durch die Kanzlei Dr. Hoffmann & Partner Rechtsanwälte beispielsweise gegen die Adaxio AMC GmbH erstrittenen Entscheidungen des LG Wiesbaden, Urteile vom 21.11.2017 und vom 28.11.2017 sowie des LG Wuppertal, Urteil vom 18.01.2018, stellten die Gerichte bei Fernabsatzgeschäften bereits die Wirksamkeit des Widerrufs fest. „Nach unserem Kenntnisstand handelt es sich bundesweit um die ersten Entscheidungen gegen die ehemalige GMAC-RFC Bank GmbH, in welchen die Widerruflichkeit völlig unabhängig von der Frage einer ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung ausgeurteilt worden ist. Die Gerichte stützen den Widerruf vielmehr allein auf die Verletzung vorvertraglicher Informationspflichten“, merkt Rechtsanwalt Göpfert an.
Viele Auseinandersetzungen konzentrieren sich daher auf die Frage, ob ein Fernabsatzgeschäft vorliegt oder nicht. Einige Gerichte hatten dies bei der typischen Zwischenschaltung eines Finanzierungsvermittlers regelmäßig verneint, nachdem die persönliche Besprechung mit dem Vermittler des Kunden den fehlenden persönlichen Kontakt mit Mitarbeitern der Bank quasi „ausgleiche“.
Dieser Auffassung hat der Bundesgerichtshof nunmehr in seiner Entscheidung vom 27.02.2018, XI ZR 160/17, eine klare Absage erteilt. Nach dem amtlichen Leitsatz der Entscheidung, fehlt es an einem Vertragsschluss „unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln“ – nur – dann, wenn der Verbraucher während der Vertragsanbahnung persönlichen Kontakt zu einem Mitarbeiter des Unternehmers oder einem vom Unternehmer bevollmächtigten Vertreter hat. Typischerweise sind die Darlehensvermittler indessen weder Mitarbeiter der Bank, noch durch das Kreditinstitut bevollmächtigt, sondern stehen „im Lager“ des Verbrauchers. Damit liegt nach höchstrichterlicher Rechtsprechung in vielen Fällen auch bei dem Einsatz eines Finanzierungsvermittlers ein Fernabsatzgeschäft vor.
In der Konsequenz musste die Bank auch ihre besonderen fernabsatzrechtlichen Mitteilungspflichten erfüllen. Ist dies nicht ordnungsgemäß geschehen, kann der Kredit auch heute noch wirksam widerrufen werden. Gerade Darlehensnehmer, die nicht in einer Filiale der Bank gewesen sind, sollten ihre Finanzierungen daher weiterhin durch einen auf dem Gebiet des Bankrechts fachkundigen Rechtsanwalt prüfen lassen.