Banken sind verpflichtet, den Darlehensnehmer deutlich und unmissverständlich auf das bei jedem Immobilienkredit bestehende Widerrufsrecht hinzuweisen. Was sich so einfach anhört, ist in der Praxis häufig schwierig. Der Gesetzgeber hat den Kreditinstituten daher unter die Arme gegriffen und ihnen eine sogenannte Musterwiderrufsinformation zur Verfügung gestellt, um ihnen eine ordnungsgemäße Belehrung zu erleichtern.
Auch die Commerzbank AG verwendete dieses Muster formularmäßig in ihren Baufinanzierungsverträgen. Nach Auffassung der Rechtsanwälte ist der Commerzbank AG nichtsdestotrotz in sehr vielen Verträgen ein grober Fehler unterlaufen. So formulieren die Widerrufsinformationen jeweils am Anfang des Textes, dass „der Darlehensnehmer“ seine Vertragserklärung widerrufen kann. „Der „Darlehensnehmer“ wiederum wird regelmäßig auf Seite 1 der Vertragsunterlagen durch namentliche Nennung bezeichnet, wobei hier auch weiter zwischen „Darlehensnehmer/in“ und „Mitdarlehensnehmer/in“ differenziert wird“, erläutert Rechtsanwalt Göpfert.
Damit missachtete die Commerzbank AG in allen Fällen, wenn Eheleute über das Widerrufsrecht informiert werden sollten, die geschlechtsspezifische Unterscheidung zwischen Darlehensnehmer und Darlehensnehmerin. Vielmehr wurde der Anschein erweckt, dass nur der jeweilige Ehemann als „Darlehensnehmer“ zum Widerruf berechtigt ist, wohingegen der Ehefrau - als bloßer „Mitdarlehensnehmerin“ - von vornherein kein Widerrufsrecht zusteht. „Dies steht jedoch in klarem Widerspruch zur Rechtslage. Denn unzweifelhaft steht jedem einzelnen Darlehensnehmer ein Widerrufsrecht zu“, stellt Rechtsanwalt Dr. Hoffmann klar.
Rechtsanwalt Göpfert ergänzt, dass sich die Commerzbank AG auch nicht darauf berufen könne, dass der Begriff „Darlehensnehmer“ im Plural zu verstehen sei und damit beide Ehepartner als „Darlehensnehmer“ anzusehen wären. Bei einer solchen Auslegung könnte der Widerruf nämlich nur durch beide Eheleute gemeinschaftlich erklärt werden. Demgegenüber hat der Bundesgerichtshof bereits in seinem Urteil vom 11.10.2016, XI ZR 482/15, explizit bestätigt, dass das Widerrufsrecht von jedem Verbraucher alleine und unabhängig von anderen Vertragspartnern ausgeübt werden kann.
Es zeigt sich also, dass der Verbraucher falsch belehrt wurde. Da bei Verträgen seit dem 11.06.2010 die durch geschickte Lobbyarbeit der Banken eingeführte Erlöschensvorschrift des Art. 229 § 38 Abs. 3 EGBGB nicht eingreift, können damit tausende Darlehensnehmer ihre Verträge auch heute noch wirksam widerrufen. Nach den Erfahrungen der Nürnberger Rechtsanwälte, die bereits über 1000 sogenannte Widerrufsfälle behandelt haben, lassen sich hierdurch oftmals ganz erhebliche wirtschaftliche Vorteile erzielen.
Darlehensnehmer sollten ihre Finanzierungen daher durch einen auf dem Gebiet des Bankrechts fachkundigen Rechtsanwalt sorgfältig prüfen lassen, wenn sie von der Möglichkeit eines Widerrufs Gebrauch machen möchten.