"Seid gegrüßt, edle Dame." Ist das nicht eine Aufmerksamkeit zum Dahinschmelzen? Wer einer Frau eine derartige Ehrerbietung entgegenbringt und sich in einer solch galanten Art und Weise auszudrücken versteht, kann eigentlich nur ein Relikt der Geschichte sein. Und tatsächlich: Es ist ein Hökerer, der hier in die Herzen weiblichen Besucherinnen zu gewinnen sucht.
"Im Mittelalter wurde die direkte Anrede, wie wir sie heute kennen, vermieden. Stattdessen wandte man die Worte ,Euer und ,Ihrer an", erklärt Karl Göbel, der zusammen mit Reinhard Segatz Veranstalter der für Ende April, Anfang Mai geplanten Mammutveranstaltung ist. Und er erläutert weiter, dass sich mit dieser aus der althochdeutschen Sprache abgeleiteten Ausdrucksweise das Rittervolk und der Adel vom "gemeinen", also einfachen Volk unterschieden haben. Auch das Repertoire der Musikgruppe "InSpeculum", die während der fünf Tage des öfteren auftreten wird, nutzt die historischen Worte und Bezeichnungen. Und so wird manch mittelalterlich gewandete Besucher dann beim Weiterziehen mit einem "Gehabt Euch wohl" verabschiedet.
Zauber und Ehre
Am 30. April, dem Walpurgistag, beginnt das 'Stauferspectakel um 17 Uhr schon mit regem Markttreiben. Abends kommt dann die Zeit der Hexen, die ihre Nacht mit einem riesigen Freudenfeuer zu Musik von "InSpeculum" feiern. Als besondere Überraschung erhalten die ersten vierhundert Zauberinnen einen echten Reisigbesen.
Andere Programmhöhepunkte auch während der Tage darauf sind die Turniere der Ritter. Aus den entlegensten Winkeln des Königreichs sind sie herbeigeeilt und haben sich zu einer Allianz zusammengeschlossen: die der "Schwarze Lanze". Ihr gehören nur die edelsten und tapfersten Männer an. Und nun messen sie sich - hoch zu Ross, die Karten neu gemischt -, um festzustellen, wer in diesem Jahr der Beste von allen ist. Des weiteren sind viele Fußkampf-Rittergruppen im Stauferwald zu sehen, die vom 1. bis 4. Mai mehrmals täglich ihr Leben für Ruhm, Ehre und Gerechtigkeit riskieren.
Das Schöne im Leben
Wer unter den Gästen wissen will, was die Zukunft für ihn bereit hält, sollte einmal der Wahrsagerin, der Kartenlegerin oder der Schamanin einen Besuch abstatten. Besonders nach Einbruch der Dunkelheit, wenn die Feuerkörbe und Fackelständer die Umgebung in warmes Licht eintauchen, sind derlei Ausflüge in die Mystik doppelt so eindrucksvoll.
Schmuckhändler, die Kleinode beispielsweise aus Bernstein anbieten, Falkner, die stolz ihre Jagdvögel präsentieren, oder der Mann, der Felle aus der ganzen Welt mitgebracht hat, sind weitere Stationen auf dieser Zeitreise durch die Jahrhunderte. Möglich auch, dass man beim Flanieren dem skurrilen "Leder-Joe" begegnet, der dem lustwandelnden Besucher unbedingt einen seiner Krähen- oder Entenfüße andrehen möchte. "Wäre doch mal ein ganz anderes Geschenk für seine Lieben", scherzt er. Wer dann trotzdem noch immer nicht fündig geworden ist, dem sei eine Stippvisite bei eben jenem galanten Hökerer empfohlen. Denn wenn er nicht gerade Frauenherzen erobert, verkündet er lauthals: "Was ich nicht habe, gibt es nicht - oder Ihr braucht es nicht."
Mittelalter live
Neben der passenden musikalischen Unterhaltung von "InSpeculum" - für Kenner der Szene übrigens ein äußerst wohlklingender Name, der für höchste Qualität bürgt -, will auch der Geislinger Verein "Magna Civitas" seine Boten in den Stauferwald entsenden. Genauer gesagt befinden sich unter ihnen einige Mönche, die Ablassbriefe verkaufen. "Eine gute Gelegenheit, seine Sünden mit einem Schlag loszuwerden", so die Veranstalter. Etwas ruhiger, aber nicht weniger aufregend sind die Auftritte von Gauklern wie den "Flugträumern". Sie werden mit Artistik, Feuerspucken und -akrobatik sowie rasanten Jonglagen um ein reiches "Handgeklapper" der Zuschauer buhlen.
Doch haben noch zahlreiche andere Vertreter aus der Zeit von vor Hunderten von Jahren ihr Erscheinen angekündigt: arme Söldner, Händler mit den verschiedensten Waren aus Orient und Okzident, mit Gewürzen, Waffen und Rüstungen. Des weiteren Handwerker, darunter drei Schmiede, Korbflechter, Seiler, Steinmetze, Brettchenweberinnen, Filzerinnen, Bader mit Zuber, Färber, Haarkranzflechter, Gewandschneider, Bootsbauer und Papierschöpfer. Met- und Weintavernen-Wirte, Bogenschießbahnen sowie eine "Wildbräterey mit Sau am Spieß" runden das äußerst abwechslungsreiche Programm ab.
Auch die Großen waren mal klein
Ein spezieller Spielplan für die Kids und Kiddies ist ebenfalls schon aufgestellt: "Auf vielfachen Wunsch haben wir Kinderschminken mit aufgenommen. Aber es gibt auch eine Märchenerzählerin, eine 'Zwergenfilzery , einen Pfeil- und Bogenstand, Drachentöpfern, einen Puppenspieler und ein Mäuseroulette." Zudem sind "Eierknacken", Goldsieben und -schürfen sowie weitere Geschicklichkeits- und Ritterspiele für die Kleinen im wahrsten Sinne des Wortes "erlebbar".
Von der Antike bis zur Neuzeit
Bislang haben sich allein fast 100 Händler und historische Handwerker mit Gefolgsleuten angekündigt. Hinzu kommen weitere 500 mittelalterlich Begeisterte, die sich in einem Heerlager zusammenfinden und "Geschichte leben".
"Man muss bedenken, dass der Begriff ,Mittelalter eine Epoche in der europäischen Historie bezeichnet, die zwischen der Antike - die dauerte bis zirka 500 bis 600 -, und der Neuzeit liegt. Deren Beginn ist in der Zeit von 1453 und 1517 angesiedelt. In diesen rund 1.000 Jahren führten christliche und antike sowie keltische, germanische und slawische Entwicklungen zusammen. Für uns heute birgt das ein ungeheuerliches Potential an Unterhaltung", erklären die Organisatoren.
Künstlern und Artisten, die sich mittelalterlichem Kulturgut verschrieben haben, geben dem Publikum einen realen Einblick in die vergangene Zeit. Die meisten von ihnen gehen während der Woche einem "normalen" Beruf nach. Deshalb erscheint für diese Veranstaltung gerade der Zeitraum zwischen dem 30. April und dem 4. Mai als sehr geeignet. Vor allem deshalb, weil in diese Woche der Feiertag "Christi Himmelfahrt" (gleichzeitig der 1. Mai) fällt und sich daher selbst die weiteste Anreise für die Teilnehmer wie auch für die Besucher lohnt.
Kalkulieren gehört dazu
Beworben wird der Mittelaltermarkt deutschlandweit in Fachzeitschriften und im deutschsprachigen Ausland sowie durch Plakatwerbung, Handzettel und in der regionalen und überregionalen Presse in einem Umkreis von etwa 200 Kilometern. "Der Markt selbst aber lebt ausschließlich von guten Händlern und Handwerkern. Während Erstere dadurch unterstützt werden, dass sie den Standplatz zumeist kostenlos nutzen dürfen, erhalten Letztere eine arbeitsabhängige Entlohnung. Und auch den Künstlern, Gauklern und Musikanten gilt es, angemessene Gagen zu zahlen", rechnen die Veranstalter laut vor. Daher müsse ein "Thorzoll" erhoben werden, "der für die Erwachsenen jedoch trotzdem moderat ist", außerdem an den Maitagen die Ritterturniere bereits beinhaltet, und auf den Jugendliche obendrein noch eine Ermäßigung erhalten. "Für Kinder bis Schwertgröße sowie Rollifahrer mit einer Begleitperson ist der Eintritt sogar ganz frei." Daneben besteht die Möglichkeit des Erwerbs einer Familienkarte. Eine weitere Aktion sieht vor, dass Kinder und Jugendliche bis einschließlich 15 Jahren am Freitag und Samstag freien Eintritt haben.
Ausreichende Parkmöglichkeiten finden die Besucher auf dem Gelände des Stauferparks.
Das Kleingedruckte
Weitere Infos, die ständig aktualisiert werden, gibt es im Internet unter der Adresse www.stauferspectakel.de.