Zum Hintergrund: Der Ausbildungsmarkt hat sich in den letzten Jahren positiv entwickelt. Die Bundesregierung hat mit den Partnern im Nationalen Pakt für Ausbildung und Fachkräftenachwuchs viel erreicht. Dennoch sieht die Bundesregierung weiteren Handlungsbedarf, denn der Anteil der Altbewerber ist laut Statistik der Bundesagentur für Arbeit in den letzten acht Jahren von 40 auf 52,4 Prozent gestiegen. Insbesondere leistungsschwachen Schüler(innen) fällt der direkte Übergang in eine Berufsausbildung schwer. Mit dem Fünften Gesetz zur Änderung des Dritten Buches Sozialgesetzbuch will die Bundesregierung mit drei gezielten Maßnahmen den Übergang in eine qualifizierte berufliche Ausbildung und die Durchführung einer Berufsausbildung fördern: Neben dem Ausbildungsbonus sollen eine Berufseinstiegsbegleitung und in Ausnahmefällen die Förderung einer zweiten Berufsausbildung mit Berufsausbildungsbeihilfe die Zahl der geschlossenen Ausbildungsverträge steigern. Ziel ist die Schaffung von 100 000 zusätzlichen Ausbildungsplätzen bis zum Jahr 2010.
Ein Rechtsanspruch auf Förderung soll für Altbewerber bestehen, die einen Real-schulabschluss mit einer Abschlussnote von ausreichend oder schlechter in den Fächern Deutsch und Mathematik haben, die höchstens einen Hauptschulabschluss haben oder die von der Arbeitsagentur als lernbeeinträchtigt oder sozial benachteiligt eingestuft sind. Als Ermessensleistung der Arbeitsagenturen können Unternehmen einen Bonus erhalten, wenn sie Jugendliche einstellen, die bereits seit mehr als zwei Jahren einen Ausbildungsplatz suchen oder die bei einem höchstens mittleren Schulabschluss länger als ein Jahr auf der Suche sind.
"Der Bonus führt zu massiven Mitnahmeeffekten" sind sich die alternierenden Vorsitzenden des Berufsbildungsausschusses (BBA), Peter Pilger (Arbeitnehmerseite) und Karl-Heinz Müller (Arbeitgeberseite) sowie die Geschäftsführerin des Berufsbildungsausschusses und stellvertretende Hauptgeschäftsführerin der IHK Gießen-Friedberg, Elke Ehlen, einig. Ein positiver Nettoeffekt auf die Vertragszahlen sei trotz des Einsatzes von 600 Millionen Euro nicht zu erwarten. Das Übergangssystem zwischen Schule und Ausbildung werde nicht entlastet, sondern vielmehr gestärkt. "Ein Unternehmen wird bei gleicher schulischer Qualifikation nicht den Erstbewerber mit Hauptschulabschluss einstellen, sondern immer den Hauptschüler, der bereits seit einem Jahr oder länger auf der Suche nach einem Ausbildungsplatz und somit bonusfähig ist", betont Peter Pilger. Damit werde der Trend beschleunigt, dass immer weniger Hauptschüler unmittelbar nach Schulabschluss in eine Ausbildung einmündeten. "Die Zielgruppe muss enger gefasst, der Rechtanspruch maximal auf lernschwache Hauptschüler beschränkt sein" akzentuiert Karl-Heinz Müller.
Darüber hinaus würden insbesondere jene Unternehmen benachteiligt, die - durch den Ausbildungspakt motiviert - in den vergangenen Jahren ohne Bonus und bei weitaus schwierigerer wirtschaftlicher Lage zusätzlich ausgebildet hätten und derzeit nicht noch mal zulegen könnten. 30 Prozent des Ausbildungsbonus sollen laut Gesetzentwurf nach Ablauf der Probezeit, 70 Prozent nach der Hälfte der vereinbarten Ausbildungszeit ausgezahlt werden. Peter Pilger und Karl-Heinz Müller empfehlen, 50 Prozent des Ausbildungsbonus nach Ablauf der Probezeit, die andere Hälfte aber erst nach absolvierter Abschlussprüfung auszuzahlen.
"Der Gesetzentwurf sieht weiterhin vor, dass Betriebe keinen Bonus für Jugendliche erhalten sollen, die bei ihnen eine Einstiegsqualifizierung (EQ) absolviert haben. Ein solches Verbot benachteiligt Einstiegsqualifizierungen, die insbesondere Altbewerbern den Einstieg in eine Berufsausbildung erleichtern", bemängelt Elke Ehlen. Konsens besteht auch darin, die IHK-Organisation bei der Erarbeitung des Verfahrens zur Beantragung des Bonus eng einzubinden, um sich für eine bürokratiearme Umsetzung (Stichwort Nachweis über die Zusätzlichkeit eines Ausbildungsverhältnisses) stark zu machen.
Eine betriebliche Ausbildung schafft die Voraussetzungen für dauerhafte Perspekti-ven auf dem Arbeitsmarkt, sind sich Elke Ehlen, Peter Pilger und Karl-Heinz Müller einig. Dafür, dass die Rahmenbedingungen stimmen, setzt sich der BBA ein.
Der Berufsbildungsausschuss ist ein Organ der IHK, das sich aus je sechs Beauft-ragten der Arbeitergeber, der Arbeitnehmer und der Lehrer an berufsbildenden Schulen zusammensetzt. Der Ausschuss ist in allen wichtigen Angelegenheiten der beruflichen Bildung zu unterrichten und anzuhören, hat aber nicht die Aufgabe, die Meinungsbildung der IHK-Organe zu beeinflussen. Zum Aufgabenbereich zählen auch Fortbildung und Umschulung, soweit sich die IHK dieser Bereiche annimmt. Der Ausschuss beschließt die von der IHK erlassenen Rechtsvorschriften auf dem Gebiet der beruflichen Bildung.