Besonderen Änderungsbedarf sahen die Selbstständigen bei der langen Verhaftungsregelung und der Lohnsummenbindung. Bei der Anwendung des vorliegenden Kabinettsentwurfes würde die Unternehmensnachfolge häufig deutlich teurer als nach bisherigem Recht - in jedem Fall aber erheblich risikoreicher und bürokratischer. Dem Entwurf zufolge will das Kabinett lediglich eine steuerliche Entlastung von 85 Prozent von der Bemessungsgrundlage für Betriebsvermögen einführen. Diese Teilentlastung knüpft das Kabinett an zwei Voraussetzungen: Zum einen muss der Betrieb 15 Jahre nahezu unverändert erhalten bleiben (Verhaftungsregelung). Zum anderen darf die Lohnsumme innerhalb von zehn Jahren nach dem Betriebsübergang in keinem Jahr geringer sein als 70 Prozent der Lohnsumme der letzten fünf Jahre vor dem Betriebsübergang (Lohnsummenbindung).
»Diese Fristen sind angesichts der schnellen Innovationszyklen einer globalisierten Wirtschaft viel zu lang und sollten erheblich verkürzt werden«, betonte Dr. Yvonne Susanne Kellersohn, Federführerin Steuern der IHK Schleswig-Holstein. »Die vorgesehenen Fristen liegen außerhalb realistischer und seriöser Prognosezeiträume und machen jede Betriebsübergabe zu einem nahezu unkalkulierbaren Risikovorhaben«, ergänzte Kellersohn.
Als besondere Belastung empfinden die Unternehmer den bürokratischen Aufwand, der mit der Durchsetzung des Reformentwurfes verbunden wäre. »Allein dieser bürokratische Aufwand verursacht erhebliche Kosten bei den Unternehmern«, beklagte Gerd Klindt von der Kuhnke GmbH in Malente in dem von Hans-Jochen Arndt, stellvertretender Hauptgeschäftsführer der IHK zu Lübeck, moderierten Gespräch.
Weitere Bedenken äußerten die Unternehmer zu den neuen Bewertungsverordnungen, die nunmehr die Unternehmensbewertung mit realistischen Verkehrswerten vorsehen. Dafür will das Kabinett einen einheitlichen branchen- und unternehmensunabhängigen Kapitalisierungsfaktor vorgeben.
»Damit würde nicht der Marktwert unseres Unternehmens besteuert, sondern ein fiktiver Wunschwert des Fiskus«, kritisierte Karl-Johann Andreae von der gleichnamigen Firma in Pinneberg.Otto Bernhardt, finanzpolitischer Sprecher der Unionsfraktion, sagte, er sehe einen gewissen Handlungsspielraum zu Gunsten der Unternehmer. Eine Verkürzung der Verhaftungsregelung auf zehn Jahre erscheine seiner Ansicht nach möglich. Auch Gabriele Hiller-Ohm nahm die Bedenken der Unternehmer auf, um sie innerhalb ihrer Partei zur Diskussion zu stellen.