Unterdurchschnittliche Kaufkraft
Nach den Berechnungen der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) besitzen 2009 die knapp 890.000 Bewohner der Region Heilbronn-Franken eine einzelhandelsrelevante Kaufkraft von rund 4,6 Milliarden Euro. Damit stehen rechnerisch jedem Bewohner der Region Heilbronn-Franken 5.183 Euro pro Jahr für die Nachfrage im Einzelhandel zur Verfügung. Das sind rund 200 Euro weniger als der Durchschnitt für Baden-Württemberg. In den einzelnen Kommunen ergibt sich allerdings ein sehr unterschiedliches Bild. Vor allem in kleineren Gemeinden wie Flein, Talheim, Beilstein oder Abstatt im Umfeld von Heilbronn oder großer Arbeitgeber ist die Kaufkraft je Einwohner am höchsten.
Hoher Kaufkraftabfluss
In den Einzelhandelsgeschäften der Region Heilbronn-Franken werden davon allerdings nur rund 4,1 Milliarden Euro ausgegeben. Dies ist ein Problem des gesamten deutschen Einzelhandels. Fast 29 Milliarden oder 6,7 Prozent der einzelhandelsrelevanten Kaufkraft gehen dem deutschen Einzelhandel verloren. In der Region Heilbronn-Franken sind dies sogar 11,7 Prozent. Diese Kaufkraft fließt zum einen in den Versand- und Onlinehandel, zum anderen aber auch ins Ausland. Der überproportionale Kaufkraftabfluss aus der Region lässt aber auch darauf schließen, dass weiter entfernte attraktive Einzelhandelsstandorte, wie Mannheim, Karlsruhe oder Stuttgart Kaufkraft aus der Region Heilbronn-Franken abziehen.
Hohe Zentralität in Heilbronn und den Mittelzentren - Spitzenreiter Neckarsulm
Eine wichtige Kennzahl für die Attraktivität einer Stadt als Einkaufsstandort ist die Einzelhandelszentralität. Sie vergleicht den in der Stadt getätigten Einzelhandelsumsatz mit der vor Ort vorhandenen Kaufkraft. Bei einer Zentralitätskennziffer von über 100 gilt, dass die Kaufkraftzuflüsse aus dem Umland die Kaufkraftabflüsse übersteigen.
Die Kaufkraftanalyse 2009 zeigt, dass das Oberzentrum Heilbronn und die Mittelzentren der Region, wie z. B. Neckarsulm, Crailsheim, Öhringen oder Schwäbisch Hall eine herausragende Bedeutung als Einzelhandelsstandorte haben. Die höchste Einzelhandelszentralität besitzt Neckarsulm mit einer Kennziffer von 203,8. Aber auch Unterzentren konnten ihre Zentralitätsfunktion in den letzten Jahren deutlich steigern. Bad Friedrichshall, Bad Rappenau, Lauffen und Weinsberg weisen, vornehmlich durch Ansiedlung von Lebensmittel-Verbrauchermärkten, deutlich gesteigerte Zentralitätskennziffern aus.
Heilbronn landesweit in der Spitzengruppe als Einzelhandelsstandort
Das Oberzentrum Heilbronn spielt in der Region Heilbronn-Franken als einzige Großstadt mit einem Einzelhandelsumsatz von 911 Millionen Euro eine Sonderrolle. Auch im überregionalen Vergleich mit Städten wie Heidelberg, Konstanz, Ludwigsburg, Pforzheim, Reutlingen und Ulm kann sich Heilbronn als Einkaufsstandort ausgezeichnet behaupten. Mit einem Pro-Kopf-Umsatz von 7.491 Euro nimmt es beim Umsatzranking innerhalb dieser Städte den zweiten Platz hinter Ludwigsburg ein. Die hohe Zentralitätskennziffer von 155,8 ist ein Zeichen dafür, dass Heilbronn innerhalb der Region eine herausragende Funktion als Einzelhandelsstandort einnimmt.
Dennoch konnte Heilbronn trotz deutlicher Ausweitung der Einzelhandelsflächen seit 2007 nur einen geringen Zuwachs an Einzelhandelszentralität realisieren. 2007 wiesen die GfK-Zahlen eine Zentralitätskennziffer von 155,4 aus. Dies ist sicher auch darauf zurückzuführen, dass die konkurrierenden Mittel- und Unterzentren der Region ihre Einzelhandelskompetenz kontinuierlich ausbauen. Für Heilbronn bedeutet dies, dass das Augenmerk bei zukünftigen Einzelhandelsansiedlungen noch stärker auf ein großstädtisches Angebot gelegt werden muss.
Die Zeiten für den Einzelhandel bleiben schwierig
Nach wie vor sinkt der Anteil des Einzelhandelsumsatzes am privaten Verbrauch - im Zeitraum von 1990 bis 2008 - von 42 Prozent auf nur noch 28 Prozent. Die deutschen Haushalte geben einen immer größeren Anteil ihres Einkommens für Wohnen, Energie und Freizeit aus.
Internet zieht Kaufkraft ab
Der traditionelle Einzelhandel verliert weiter Umsätze an neue Vertriebsformen. Dieser Trend setzt sich ungebremst fort. Das Internet hat sich als Informationsplattform für den Handel weiter etabliert. Der klassische Einzelhandel konnte davon auch profitieren. Gleichzeitig haben die im Internet getätigten Umsätze im Jahr 2008 einen Umsatzsprung um 23 Prozent realisiert. Damit fehlen in den Kassen des stationären Einzelhandels in Deutschland immerhin 13,4 Milliarden Euro. Zum Vergleich: Im Jahr 2000 war dies gerade mal eine Milliarde.
Wettbewerb verschärft
Daneben verschärft die weiter wachsende Verkaufsfläche den Wettbewerb der einzelnen Standorte untereinander. Insgesamt stiegen die Einzelhandelsverkaufsflächen von 77 Millionen m² im Jahr 1990 um 57 Prozent auf 121 Millionen m² in 2009. Allerdings hat sich die rasante Flächenexpansion der 1990er-Jahre in den letzten Jahren deutlich abgeschwächt, weist aber seit 2000 immerhin noch einen Zuwachs von zehn Prozent aus. Bei stagnierenden, in diesem Jahr sogar wieder leicht sinkenden Umsätzen, ist damit eine deutlich schlechtere Flächenproduktivität (Umsatz pro Quadratmeter) vorprogrammiert, was das wirtschaftliche Betreiben eines Einzelhandelsunternehmens weiter erschwert.
Die Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten hat ebenfalls zu einer weiteren Verschärfung der Wettbewerbssituation im Einzelhandel beigetragen. Sie war jedoch notwendig, um neue Rahmenbedingungen zu schaffen, die den stationären Handel besser gegenüber Internet, Versandhandel und dem stark wachsenden Vertriebsweg Teleshopping positionieren und Chancengleichheit zu Tankstellenshops herstellt.
Wertvolle Entscheidungshilfe
Mit der Kaufkraftanalyse 2009 will die IHK Heilbronn-Franken dazu beitragen, dass die Einzelhändler der Region Entscheidungen, die bei der Anpassung an die sich ändernden Kundenwünsche und Wettbewerbsbedingungen notwendig sind, auf der Grundlage aussagekräftiger Zahlen treffen können. Aber auch für Planer und Kommunalpolitiker sind diese Zahlen als Grundlage von Ansiedlungsfragen von großer Bedeutung.